Anbetung
bessere Karten, weil Kojoten Nachtjäger waren, und diese drei waren vielleicht zu hungrig, um sich länger zu gedulden. Die Tankanzeige von Rosalias Wagen stand auf halb, was eventuell ausreichte, aber höchstwahrscheinlich würde sich der Motor überhitzen, bevor das Benzin knapp wurde, und dann war der Chevy unbrauchbar.
Außerdem reichten die Batterien meiner Taschenlampe bestimmt keine Stunde mehr. Trotz meiner vollmundigen Behauptung, ich hätte keine Angst vor dem Unbekannten, konnte ich es mir nicht leisten, in Gesellschaft eines Toten in einer stockdunklen Wellblechbaracke festzusitzen.
Wenn ich nichts hatte, um meine Augen zu beschäftigen, dann würde ich unablässig von der Erinnerung an die Schusswunde verfolgt werden. Und dann meinte ich bestimmt, dass jede nächtliche Brise, die an einem zerborstenen Fenster flüsterte,
in Wirklichkeit das Geräusch von Bob Robertson war, der sich aus seinem Kokon schälte.
Ich machte mich auf die Suche nach Dingen, die ich nach den Kojoten werfen konnte. Falls ich nicht bereit war, der Leiche die Schuhe auszuziehen, hatte ich nichts außer den zwei leeren Bierflaschen, die ich schon vorher entdeckt hatte.
Mit den Flaschen ging ich zur Tür zurück, schaltete die Taschenlampe aus und steckte sie in den Bund meiner Jeans. Dann wartete ich einige Minuten, um dem Frieden eine Chance zu geben, aber auch um meine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen.
In der Hoffnung, dass die Warteschlange am Büfett sich inzwischen aufgelöst und auf die Pfoten gemacht hatte, drückte ich die Tür auf, wurde jedoch enttäuscht. Die drei Kojoten befanden sich noch fast genau dort, wo sie vorher gewesen waren: zwei vor dem Wagen, der dritte neben dem Vorderreifen der Beifahrerseite.
Im Sonnenschein wäre ihr Fell bräunlich-grau gewesen, mit rötlichen Glanzlichtern und schwarzen Sprenkeln. Nun hatte es die graue Patina alten Silbers. In ihren Augen schien mondheller Wahnsinn zu glühen.
Weil der nächste Kojote auch das dreisteste Mitglied des Trios zu sein schien, nahm ich an, dass es sich um den Rudelführer handelte. Er war auch das größte Exemplar und hatte ein graues Kinn, das auf viel Jagderfahrung schließen ließ.
Fachleute raten, bei einer Konfrontation mit einem wütenden Hund solle man jeden Blickkontakt vermeiden, weil der eine Herausforderung darstelle, auf die das Tier aggressiv reagiere.
Nun gehört der Kojote zwar zur Familie der Hunde, aber wenn einer vor einem steht und den Nährwert seines Opfers taxiert, wäre es fatal, diesem fachlichen Rat zu folgen. Fehlender Blickkontakt wird in diesem Fall nämlich als Schwäche
interpretiert, womit man sich als geeignete Beute zu erkennen gibt. Da könnte man sich gleich auf dem Tablett servieren, mit einer Beilage aus zweimal in der Hölle gebratenen Knollen und einem Schlag rabenschwarze Pupsbeeren.
Ich nahm also Blickkontakt mit dem Anführer auf und schlug eine der Flaschen gegen das Metall des Türrahmens. Beim zweiten, härteren Schlag zerbrach sie. Aus meiner Faust, die den Flaschenhals umklammerte, ragten schartige Zacken.
Das war zwar keine ideale Waffe, um einem Gegner mit dem messerscharfen Gebiss eines entschiedenen Fleischfressers entgegenzutreten, aber es war doch geringfügig besser als die bloßen Hände.
Ich hoffte, mit so großem Selbstvertrauen aufzutreten, dass die Biester vorübergehend Zweifel an meiner Verwundbarkeit bekamen. Alles, was ich brauchte, um die offene Hintertür des Chevy zu erreichen, waren drei oder vier Sekunden, in denen die Kojoten zögerten.
Während die Tür hinter mir zufiel, bewegte ich mich auf den Anführer zu.
Sofort entblößte dieser ein gemein aussehendes Gebiss. Ein tiefes, vibrierendes Knurren forderte mich zum Zurückweichen auf.
Ohne die Warnung zu beachten, machte ich noch einen Schritt vorwärts, dann schleuderte ich mit einer raschen Handbewegung die noch unversehrte Bierflasche in meiner anderen Hand. Sie traf den Anführer hart an der Schnauze, prallte ab und zerbarst auf dem Pflaster vor seinen Pfoten.
Erschrocken hörte der Kojote auf zu knurren und bewegte sich zur Seite, direkt vor den Wagen. Dabei zog er sich weder zurück, noch kam er mir näher; offenbar suchte er nur eine neue Position, um eine gemeinsame Front mit seinen zwei Gefährten herzustellen.
Das hatte die erfreuliche Nebenwirkung, mir einen direkten, unbewachten Weg zur offenen Hintertür des Chevy zu gewähren. Leider hätte ein Sprint dorthin bedeutet, dass ich die drei Kojoten nicht
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