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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Übung darin, bestimmte Erinnerungen aus meiner Kindheit in den Hintergrund zu drängen. Deshalb
gelang es mir sofort, das Flüstern meiner Mutter wieder zum Verstummen zu bringen.
    Das Bild von Robertsons Wunde aus dem Kopf zu verbannen war nicht so leicht. In der Erinnerung pulsierte das feuchte Loch, als hätte darunter ein totes Herz geschlagen.
    Als ich Robertson in meinem Badezimmer das Hemd aufgeknöpft hatte, um das Vorhandensein von Leichenflecken zu überprüfen, hatte ich beim Anblick der Schusswunde den Drang verspürt, sie intensiver zu betrachten. Diese morbide Faszination hatte mich angeekelt, auch weil sie womöglich darauf hinwies, dass meine Mutter mich mehr verbogen hatte, als mir bisher klar gewesen war. Deshalb hatte ich mich instinktiv dagegen gesträubt, den Blick abgewandt und das Hemd wieder zugeknöpft.
    Während ich nun neben Robertson kniete und an dem Knoten in dem Schnürsenkel fummelte, der das Laken noch zusammenhielt, versuchte ich mir vorzustellen, wie ich die nässende Wunde wieder mit dem Hemd bedeckte. Vergeblich. Vor meinem inneren Auge pulsierte sie unablässig weiter.
    Das Gas in der aufgeblähten Leiche entlud sich mit einer Reihe glucksender Geräusche. Das letzte hörte sich an, als würde der Tote in seiner Baumwollhülle seufzen.
    Außerstande, auch nur eine weitere Sekunde bei der Leiche zu verbringen, sprang ich auf die Beine und floh mit meiner Taschenlampe aus dem grellrosa Zimmer. Ich hatte schon den halben Flur hinter mir, als mir einfiel, dass ich die Tür aufgelassen hatte. Um den Toten noch besser vor Aasfressern zu schützen, ging ich zurück und zog sie zu.
    Mit dem unteren Ende meines T-Shirts wischte ich anschließend die Klinken aller Zimmer ab, in die ich hineingeschaut hatte. Dann schlurfte ich mit den Schuhen durch die Fußspuren, die entstanden waren, um den dicken Staub auf dem Boden
zu verwischen und keine klaren Schuhabdrücke zu hinterlassen.
    Als ich die Tür nach draußen aufstieß, flackerten im Strahl meiner Taschenlampe die Augen von mittlerweile drei Kojoten, die zwischen mir und dem vor sich hin tuckernden Chevy lauerten.

37
    Mit ihren sehnigen Beinen, mageren Flanken und schmalen Schnauzen sehen Kojoten so aus, als wären sie für schnelle Sprints und wilde Attacken wie geschaffen, doch selbst wenn sie einen mit räuberisch funkelnden Augen anstarren, wirken sie etwas wie Hunde. Von manchen werden sie gelegentlich auch als Präriewölfe bezeichnet. So anmutig wie Wölfe bewegen sie sich zwar nicht, aber immerhin erinnern sie an Welpen, weil ihre Füße irgendwie zu groß für den Körper und ihre Ohren zu groß für den Kopf sind.
    Angesichts dessen hätte man meinen können, dass die drei Bestien eher spöttisch als bedrohlich aussahen – aber nur wenn man die Botschaft missverstand, die ihre angespannte Haltung und ihre aufgeblähten Nüstern ausdrückten. Ihre großen Ohren waren aufgestellt, und eines der Tiere legte den Kopf schief, als fände es mich äußerst rätselhaft, eine Ansicht, die nicht auf Kojoten beschränkt ist.
    Zwei standen vor dem Chevy, etwa vier Meter weit entfernt. Der dritte wartete zwischen mir und der Beifahrerseite des Wagens, wo ich die linke Hintertür offen gelassen hatte.
    Ich stieß den lautesten Schrei aus, den ich zustande brachte, nach landläufiger Meinung reagieren Kojoten nämlich auf laute Geräusche so erschrocken, dass sie flüchten. Zwei der Tiere zuckten zusammen, aber keines wich auch nur einen Zentimeter weit zurück.
    Da ich ausgiebig im eigenen Schweiß geschmort hatte, muss
ich wie ein etwas zu salziges, aber doch äußerst leckeres Abendmahl gerochen haben.
    Als ich von der Schwelle zurückwich, sprangen sie mich nicht an. Offenbar war ihre Kühnheit noch nicht zu der Gewissheit gereift, mich definitiv erledigen zu können. Ich ließ die Tür zwischen uns zufallen.
    Am anderen Ende des Flurs führte eine zweite Tür nach draußen, aber wenn ich dort hinausschlüpfte, war ich zu weit vom Chevy entfernt. Ich konnte nicht darauf hoffen, einen weiten Bogen zu schlagen, mich dem Wagen von hinten zu nähern und unbeschadet die Tür zu erreichen, die ich aufgelassen hatte. Lange bevor ich das schaffte, würden die drei Vettern von Wile E. Coyote mich wittern und auf mich warten, und keiner würde sich auf eine jener bizarren Mordmaschinen verlassen müssen, die Wile E. sich in den Roadrunner-Filmen immer per Post von Acme, Inc., liefern lässt.
    Wenn ich bis zum Morgengrauen wartete, hatte ich

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