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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Privatnummer angerufen hatte, wohl versucht hatte, meine Stimme zu imitieren, ob er sich wohl für mich ausgegeben, Rat gesucht und den Chief gebeten hatte, zur Haustür zu kommen. Vielleicht hatte er nicht nur gehofft, dass sich der Chief täuschen ließ, sondern auch, dass Wyatt gegenüber seiner Frau meinen Namen nannte, bevor er das Schlafzimmer verließ.
    Wenn man sich alle Mühe gegeben hatte, mir einen Mord anzuhängen, wieso nicht gleich zwei?
    Obwohl ich mir inständig wünschte, der Chief möge sich bald erholen, machte ich mir Sorgen um das, was er sagen würde, wenn er das Bewusstsein wiedererlangte.
    Mein Alibi für den Zeitpunkt, an dem man auf ihn geschossen hatte, lautete folgendermaßen: An der Kirche des flüsternden Kometen hatte ich eine Leiche in einer Wellblechhütte versteckt. Meinem Strafverteidiger würde diese Erklärung samt dem sie bestätigenden Toten nicht viel Freude bereiten.
    Ich ging zur Schwesternstation. Keine der Dienst habenden Damen konnte etwas mit der Karte aus Robertsons Brieftasche anfangen.
    Im zweiten Stock, wo eine bleiche, kränkliche Schwester mit Sommersprossen hinter der Stationstheke stand und den Inhalt von Pillenschälchen mit einer Patientenliste abglich, hatte ich mehr Glück. Sie nahm die geheimnisvolle Plastikkarte in die Hand, betrachtete beide Seiten und sagte: »Das ist eine Meditationskarte. «
    »Und was soll das sein?«

    »Normalerweise haben die keine solchen Punkte, sondern kleine Symbole, wie eine Reihe von Kreuzen oder von Bildern der Muttergottes.«
    »Aha.«
    »Während man mit dem Finger von einem Symbol zum nächsten wandert, soll man ein kurzes Gebet wiederholen, zum Beispiel das Vaterunser oder das Ave-Maria.«
    »Es ist also eine Art Rosenkranz, den man ins Portemonnaie stecken kann?«
    »Genau. Eine Gebetskette.« Sie bewegte die Fingerspitzen über die Punkte, immer hin und her. »So was wird übrigens nicht nur von Christen benutzt. Eigentlich hat es sogar als New-Age-Mode angefangen.«
    »Was gibt es denn noch für welche?«
    »Ich hab sie mit Glocken gesehen, mit Buddhas, mit dem Peace-Zeichen, mit Hunden und Katzen für Leute, die ihre meditative Energie auf besseren Tierschutz richten wollen, und mit der Erdkugel zur Meditation über eine bessere Umwelt.«
    »Ist die hier denn für Blinde?«, fragte ich.
    »Nein, keineswegs.«
    Sie hielt sich die Karte einen Augenblick an die Stirn wie eine Wahrsagerin, die durch einen verschlossenen Umschlag hindurch versuchte, die darin befindliche Notiz zu lesen.
    Ich weiß nicht, weshalb sie das tat, verzichtete aber darauf zu fragen.
    Anschließend fuhr sie wieder mit dem Finger über die Punkte. »Etwa ein Viertel der Karten sind mit Brailleschrift wie die hier«, sagte sie. »Man soll den Finger auf die Punkte legen und über jeden einzelnen Buchstaben meditieren.«
    »Aber was steht da?«
    Während sie unablässig die Karte betastete, trat ein finsterer Ausdruck auf ihr Gesicht, so langsam wie ein Bild, das aus dem
Grau eines Polaroidfilms aufsteigt. »Ich kann keine Brailleschrift lesen. Es könnten verschiedene Dinge draufstehen, dies und jenes, ein paar aufmunternde Worte zum Beispiel oder ein Mantra, auf das man seine Energie richten kann. Es wird auf der Hülle erklärt, in der man die Karte bekommt.«
    »Die Hülle habe ich leider nicht.«
    »Man kann sich allerdings auch extra was prägen lassen, mit einem persönlichen Mantra oder irgendetwas anderem, was man haben will. Das ist allerdings die erste schwarze Karte, die ich je gesehen habe.«
    »Welche Farben haben die Dinger denn normalerweise?«, fragte ich.
    »Weiß, golden, silbern, himmelblau oder auch grün, wenn es um Umweltschutz geht.«
    Ihre finstere Miene war jetzt voll ausgeprägt.
    Sie gab mir die Karte zurück.
    Mit offenkundigem Abscheu blickte sie auf die Finger, mit denen sie über die Punkte gefahren war.
    »Wo haben Sie das Ding eigentlich gefunden?«, fragte sie.
    »Unten in der Eingangshalle, auf dem Boden«, schwindelte ich.
    Sie holte unter der Theke eine Flasche Desinfektionsmittel hervor. Sie drückte einen dicken Tropfen klares Gel auf ihre linke Handfläche, stellte die Flasche ab und rieb sich kräftig die Hände ein.
    »An Ihrer Stelle würde ich das loswerden wollen«, sagte sie dabei. »Je eher, desto besser.«
    Sie hatte so viel Gel verwendet, dass ich den verdunstenden Alkohol roch.
    »Es loswerden – wieso?«, fragte ich.
    »Es besitzt negative Energie. Ein schlechter Talisman. Es wird das Böse zu Ihnen

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