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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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die Feuchttücher gesteckt hatten, und stopfte sie in eine Tasche meiner Jeans. Dann griff ich nach der Schere, stand auf, suchte
mit der Taschenlampe die Decke ab und fand die Tarantel unmittelbar über mir.
    Taranteln sind scheu. Sie verfolgen keine Menschen.
    Ich rannte aus dem Zimmer, hörte die Spinne mit einem leisen, aber fleischigen Geräusch auf den Boden fallen, schlug die Tür zwischen uns zu und wischte mit meinem T-Shirt die Fingerabdrücke vom Knauf. Dasselbe tat ich beim Hinausgehen an der Eingangstür.
    Weil Taranteln normalerweise scheu sind und weil ich nicht an Zufälle glaube, rannte ich zum Chevy, warf Schere und Lampe in die Einkaufstasche, ließ den Motor an und trat das Gaspedal durch. Die misshandelten Reifen kreischten auf und schleuderten einen Hagel aus Sand und zerbröseltem Asphalt in die Luft, als ich die Kirche des flüsternden Kometen hinter mir ließ. Ich wollte schleunigst die Landstraße erreichen, bevor mich Legionen von Taranteln, eine Armee von Kojoten und ein schlüpfriger Schwarm Klapperschlangen umzingelten und zu einer konzertierten Aktion schritten.

56
    Nicht FOF.FDF. Fürst der Finsternis. Die Bedeutung von Simon Varners eintätowierter Abkürzung fiel mir in dem Augenblick ein, als ich die Stadtgrenze überquerte und wieder in Pico Mundo war.
    Im Allgemeinen würde man kostümierte Satanisten, die mit einem obszön dekorierten Kelch abwegige Rituale vollziehen, zwar für weniger gut gesinnt, aber auch für eindeutig törichter halten als – beispielsweise – einen Haufen Männer mit lustigen Fellmützen, die sich zur Bruderschaft der Stachelschweine zusammengefunden haben. Anders gesagt: Leute, die sich bewusst so verkleiden, dass sie ordentlich böse aussehen, machen sich des Spinnertums ebenso verdächtig wie gewisse Männer mit Rasenmäherhaarschnitt und gefleckter Hornbrille, die ihre Hosen zehn Zentimeter über dem Nabel und fünf Zentimeter über den Schuhen tragen und einen Sticker auf der Stoßstange ihres Autos kleben haben, der JAR JAR BINKS FOR PRESIDENT! verkündet.
    Wenn auch ich Satanisten bislang mehr oder weniger als Spinner abgetan hatte, die mit dem Bösen nur spielten, dann hatte dieser Eindruck nur bis zu dem Augenblick gehalten, in dem ich die Souvenirbehälter in Robertsons Gefrierfach fand.
    Da ich die Identität seines Komplizen nun zu ahnen glaubte, vertraute ich darauf, dass meine übernatürliche Gabe mich zu ihm führte. Unter dem Einfluss meines paranormalen Magnetismus – Stormy spricht manchmal auch kurzerhand von PM-Syndrom
oder PMS – kann es vorkommen, dass ich ziemlich abrupt abbiege, weshalb ich mich auf ein Tempo beschränkte, das mir vernünftig erschien.
    Wenn ich mich meinem PMS hingebe, gerate ich in eine leichte Trance, in der ich versuche, nur an das Zielobjekt zu denken – in diesem Fall an Varner –, statt daran, wo ich gerade bin und welche Richtung ich eingeschlagen habe. Wohin es mich zieht, weiß ich erst dann, wenn ich dort ankomme.
    In diesem Zustand entspannt sich mein Bewusstsein, und fast so oft, wie ich scheinbar zufällig die Richtung ändere, tauchen zufällige Gedanken in mir auf. Diesmal kam mir Cymry in den Sinn, die ältere Schwester meiner Mutter, die ich nie kennen gelernt habe.
    Laut meiner Mutter ist Cymry mit einem Tschechen verheiratet, der den Vornamen Dobb trägt. Mein Vater wiederum behauptet, Cymry habe nie geheiratet.
    Erwiesenermaßen ist keiner meiner Eltern besonders zuverlässig. In diesem Fall vermute ich jedoch, dass mein Vater die Wahrheit sagt und dass ich weder einen tschechischen noch überhaupt einen Onkel habe.
    Mein Vater sagt, Cymry sei nicht ganz normal, aber mehr nicht. Diese Behauptung bringt meine Mutter in Rage; sie streitet entschieden ab, dass Cymry nicht ganz normal ist, und nennt sie eine Gabe Gottes.
    So etwas aus dem Mund meiner Mutter zu hören ist ziemlich merkwürdig. Schließlich lebt sie ihr Leben mit der festen Überzeugung, es gebe keinen Gott.
    Als ich Oma Sugars zum ersten Mal nach ihrer geheimnisvollen Erstgeborenen fragte, brach sie in Tränen aus. Bis dahin hatte ich sie noch nie weinen sehen. Am nächsten Tag fuhr sie, noch rotäugig, wieder einmal los, um sich irgendwo weit weg an den Pokertisch zu setzen.

    Bei meiner zweiten Frage nach Cymry wurde Oma Sugars wütend auf mich, weil ich nicht lockerließ. Vorher hatte ich sie noch nie wütend erlebt. Anschließend wurde sie kalt und abweisend. Auch so hatte sie sich mir gegenüber noch nie verhalten, und

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