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Anbetung

Anbetung

Titel: Anbetung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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mir die Hand zu schütteln, nahm er sie fest in beide Hände. Vielleicht bedankte er sich einfach, aber ich hatte irgendwie den Eindruck, dass das noch nicht alles war.
    Offenbar machte er sich Sorgen um mich. Er drückte sanft meine Hand, schaute mich unverwandt und mit deutlicher Besorgnis an, und dann drückte er die Hand noch einmal.
    »Ist schon in Ordnung«, sagte ich, obgleich ich keine Ahnung hatte, ob das eine angemessene Reaktion war.
    Er verließ den Wagen, ohne die Tür zu öffnen – glitt einfach hindurch –, und ging die Treppe zur Kirche empor. Ich beobachtete ihn, bis er durch die schwere Eichentür glitt und nicht mehr zu sehen war.
    Meine Verabredung mit Stormy war erst um acht Uhr, weshalb ich etwas Zeit totschlagen musste.
    Man muss sich mit irgendwas beschäftigen, hat Oma Sugars immer wieder gesagt, und wenn es Poker, Raufereien und schnelle Autos sind. Müßiggang bringt einen nämlich schnell in die Bredouille.
    Auch ohne Omas Rat hätte ich mich nicht einfach zum verabredeten Treffpunkt aufmachen können, um dort auf Stormy zu warten. Ohne durch etwas anderes abgelenkt zu sein, hätte
ich ständig an Bob Robertson und seine teuflischen Aktenmappen gedacht.
    Während ich wieder losfuhr, rief ich P. Oswald Boone an, den mit den hundertachtzig Kilo und der sechsfingrigen linken Hand.
    Schon beim zweiten Läuten hob Little Ozzie ab. »Odd, meine wunderschöne Kuh ist explodiert!«
    »Explodiert?«
    »Krach, bum!«, sagte Little Ozzie. »Da ist die Welt gerade noch in Ordnung, und im nächsten Augenblick zerreißt es meine tolle Kuh in tausend Stücke.«
    »Wann ist das denn passiert? Ich hab noch gar nichts davon gehört.«
    »Vor genau zwei Stunden und sechsundzwanzig Minuten. Die Polizei war hier, und ich hatte den Eindruck, dass selbst diese Leute, die bestimmt schon mehr als genug kriminelle Gräueltaten gesehen haben, schockiert waren.«
    »Ich war gerade bei Chief Porter, und der hat mir nichts davon erzählt.«
    »Nachdem die Polizisten hier waren, haben sie zweifellos was Anständiges zu trinken gebraucht, bevor sie sich in der Lage gefühlt haben, ihren Bericht zu schreiben.«
    »Und wie fühlen Sie sich?«, fragte ich.
    »Ich bin nicht in Trauer, weil das eine moralisch verwerfliche Überreaktion wäre, aber traurig bin ich durchaus.«
    »Ich weiß, wie sehr Sie diese Kuh geliebt haben.«
    »Ich habe diese Kuh geliebt«, bestätigte Little Ozzie.
    »Eigentlich wollte ich mal kurz bei Ihnen vorbeischauen, aber vielleicht ist das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt.«
    »Das ist der ideale Zeitpunkt, lieber Odd. Nichts ist schlimmer, als am Abend des Tages allein zu sein, an dem die eigene Kuh explodiert ist.«

    »Ich bin in ein paar Minuten da«, versprach ich.
    Little Ozzie wohnt in Jack Flats, das vor fünfzig Jahren noch Jack Rabbit Flats hieß, einem Gebiet westlich des historischen Stadtzentrums. Ich habe keine Ahnung, was aus dem Rabbit geworden ist.
    Als sich das malerische Geschäftsviertel im Zentrum unserer Stadt Ende der 1940er-Jahre allmählich zu einer Touristenattraktion entwickelte, wurden allerhand Maßnahmen ergriffen, um eine anständig altertümliche Atmosphäre zu schaffen. Die weniger fotogenen Geschäfte – Auspuffwerkstätten, Reifenhandlungen, Waffenläden – verbannte man nach Flats.
    Vor zwanzig Jahren wuchsen dann an der Green Moon Road und am Joshua Tree Highway glitzernde neue Shoppingcenter aus dem Boden. Sie zogen Kunden von den schäbigeren Läden in Flats ab.
    Im Lauf der letzten fünfzehn Jahre ist Jack Flats dann bürgerlich geworden. Alte Geschäfte und Industriebauten wurden abgerissen; an ihre Stelle traten Villen, noble Reihenhäuser und teure Apartments.
    Little Ozzie war der Erste, der sich dort niederließ, als noch kaum jemand die Zukunft des Viertels vorhersah. Er kaufte ein viertausend Quadratmeter großes Grundstück, auf dem ein schon vor langem Pleite gegangenes Restaurant gestanden hatte. Hier ließ er sein Traumhaus bauen.
    Die zweistöckige Villa im schnörkellos rustikalen Craftsman-Stil hat einen Aufzug, breite Türen und mit Stahlträgern verstärkte Böden. Ozzie hat sie so geplant, dass sie seinem Körperumfang angemessen ist und sogar stärkeren Belastungen standhalten kann. Es ist also vorgesorgt, falls er, wie Stormy befürchtet, irgendwann so aussehen sollte wie einer jener Männer, die das Bestattungsunternehmen mit Kran und Tieflader abtransportieren muss.

    Als ich den Wagen vor dem nun kuhlosen Haus abstellte, war ich

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