Ancient Blades 2 -Das Grab der Elfen
Gegenmittel, und ich lasse dich in Ruhe.«
Balint hörte sofort auf zu zittern. Sie begriff gar nichts mehr, wie ihrer Miene deutlich abzulesen war, aber plötzlich trat ein durchtriebener Ausdruck in ihre Augen. »Jetzt verstehe ich dich. Wo andere Mut haben, hast du nur Sülze«, höhnte sie. Ein hässliches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Du kannst es nicht tun. Du kannst mich nicht töten, nicht einmal mit diesem Stück Eisen in der Hand. Was ist los mit dir? Bist du ein Feigling? Oder willst du mir sagen, dass du einfach zu ehrenhaft bist, um eine Unschuldige zu erschlagen?«
»Unschuldig würde ich dich wohl kaum nennen«, erwiderte Malden. »Aber ich töte dich nicht. Nicht auf diese Weise. Gib mir das Gegenmittel!«
»Es gibt keins, das sagte ich bereits.«
Malden seufzte. »Ich weiß, dass du lügst. Cythera – du hast sie in der Halle der Meisterstücke kennengelernt – hat es mir verraten. Sie ist die Tochter einer Hexe und kennt sich mit Giften aus. Sie hat mir erzählt, dass kein Giftmischer so töricht ist, das Gegenmittel für sein Gift nicht griffbereit zur Hand zu haben. Also trägst du es bei dir. Gib es mir!«
Sie musterte ihn eine Weile. Vielleicht versuchte sie zu ergründen, wie weit sie ihn reizen konnte, bevor er sie in blindem Zorn angriff. Dann fasste sie in ihr Wams und holte eine winzige Phiole mit einem Korken hervor. In dem Glas befanden sich die Tropfen einer braunen Flüssigkeit.
»Steck den eisernen Schwanzersatz weg, und ich denke darüber nach«, sagte sie.
Malden durchbohrte sie mit finsteren Blicken, aber dann schob er Acidtongue zurück in die glasgefütterte Scheide. Er hielt die Hand in Gürtelnähe, um jederzeit an seine Ahle heranzukommen. Falls er sie töten musste, wollte er es mit der Armeleutewaffe tun.
»Wie verabreicht man das Mittel?«, fragte er und deutete mit dem Kopf auf die Phiole.
»Ein Tropfen, das reicht. Mehr davon, und er scheißt seine Eingeweide, sein Gehirn und alles dazwischen aus«, erwiderte Balint.
Möglicherweise log sie, aber Malden ging davon aus, dass Cythera die Wahrheit kannte.
»Er wird eine Weile für nichts zu gebrauchen sein. Natürlich ist ein Schänder wie er nicht einmal wert, meinen Abort sauber zu lecken.«
»Gib es mir einfach!«, forderte Malden.
»Aber klar. Hier!«, rief sie und schleuderte die Phiole an seinen ausgestreckten Armen vorbei quer über das Dach.
Kapitel 59
Malden heulte vor Wut und Entsetzen auf. Er vergaß Balint, als er auf einem Fuß herumfuhr und in dem verzweifelten Versuch, die Phiole zu fangen, bevor sie unten auf den Steinplatten zerschellte, in die Luft sprang. Dabei verschwendete er keinen Gedanken darauf, wo er selbst landen würde.
Der Behälter wirbelte durch die Luft. Seine Finger berührten ihn kaum, als er den Scheitelpunkt seiner Flugbahn erreichte. Um ein Haar hätte er ihn in seiner Hast weggestoßen. Seine andere Hand schoss vor, und es gelang ihm gerade noch rechtzeitig, die Phiole zu schnappen und fest in der Faust zu verschließen. Er hatte sie! Er hatte das Gegenmittel!
Zu dumm, dass er dafür sterben musste.
Er war davon ausgegangen, Hals über Kopf auf dem Dach zu landen, aber ihm war gar nicht bewusst geworden, wie weit er gesprungen war, um die Phiole zu fangen. Er hatte sich so sehr auf das Fangen konzentriert, dass er über die Dachkante hinausgeschossen war. Jetzt befand sich nur noch Luft unter ihm.
Die Zeit schien zu gerinnen. Plötzlich überkam ihn ein schreckliches Gefühl von Frieden, und ruhiger Verstand gewann die Oberhand über das Bedürfnis, vor Entsetzen laut zu schreien. Er schien alle Zeit der Welt zum Nachdenken zu haben, während er stürzte. Ein Blick nach unten zeigte ihm die Dächer der niedrigeren Gebäude, die ihm entgegenschossen, und er fragte sich, ob er gerade das eigene Leben weggeworfen hatte, um Slag zu retten.
Das sieht mir gar nicht ähnlich, dachte er, als er durch das dumpfe rote Licht fiel. Sonst stelle ich mich doch immer an erste Stelle und über alle anderen. Zum vielleicht ersten Mal in meinem Leben habe ich selbstlos und edel gehandelt.
Er blickte wieder nach unten.
Und das hat sich als schrecklicher Fehler erwiesen.
Als er sich selbst beigebracht hatte, über die Dächer von Ness zu wandeln, hatte er als Erstes gelernt, wie man richtig fiel, aber nun blieb ihm keine Zeit, dieses Wissen anzuwenden. Er versuchte sich zusammenzurollen, als er zwei Stockwerke tiefer auf einem Dach landete. Trotzdem fing er den größten Teil des
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