Ancient Blades 2 -Das Grab der Elfen
stehen blieb, wo er war. Seine Gesichter wandten sich ebenfalls den Schatten zu.
Es war vorbei. Die Wiedergänger hatten ihn entdeckt, und Croy wusste, dass er nicht gewinnen konnte. Trotzdem griff er nach Ghostcutter …
… zog die Waffe aber nicht. Der Wiedergänger kam näher. Jeden Augenblick würde er sich auf Croy stürzen. Doch er fuchtelte nur mit dem Schwert herum, als wäre er in der Dunkelheit blind.
Wie war das möglich? Die untoten Elfen, denen sie auf der obersten Ebene begegnet waren, hatten im Dunkeln offenbar mühelos gesehen. Dabei hatte keiner von ihnen Augen gehabt. Warum zögerte dieser Artgenosse? Fast schien er Angst zu haben, die tiefen Schatten zu betreten und die Verfolgten aufzuspüren.
Im fehlenden Licht konnte Croy seine Züge kaum ausmachen. Aber er spürte, dass etwas an ihm anders war. Er trug die gleiche Bronzerüstung wie die Wiedergänger, gegen die sie gekämpft hatten, und das gleiche Bronzeschwert. Dennoch bewegte er sich nicht wie sie. Er wirkte zugleich anmutiger und weniger entschlossen. Als sich das tastende Schwert näherte und unmittelbar auf ihn deutete, kniff Croy die Augen zusammen und betrachtete das Gesicht. Er erlebte eine Überraschung.
Die Haut war unversehrt – da waren keine Knochen zu sehen, die sich durch verfaultes Fleisch bohrten. Die Nase war nicht von der Zeit zerfressen, es gab nicht einmal rissige Lippen. Und in den roten Lichtstrahlen funkelten die Augen.
Tatsächlich schien das Wesen überhaupt nicht tot zu sein. Es war … lebendig.
Und es sah fast so aus, wie sich Croy einen lebenden Elfen vorstellte.
Natürlich war sein Aussehen in diesem Augenblick weniger wichtig als die Tatsache, dass er im Begriff stand, Croys Weichteile zu durchbohren. Der Ritter drückte sich gegen die Wand und betete zur Göttin, dass man ihn nicht entdeckte.
»Aengmar!«, rief jemand irgendwo in dem Raum. »Hier drüben!«
Der Wiedergänger – oder um wen immer es sich handeln mochte – blickte über die Schulter zurück. »Ich hatte hier etwas gehört!«, rief er zurück, und in dem schattenverhüllten Versteck dröhnte seine Stimme in den Ohren. Er hatte eine so fremde und merkwürdige Ausdrucksweise, dass Croy selbst die einfachsten Worte kaum verstand. Dennoch wusste er mit Sicherheit: Wiedergänger redeten nicht. Sie konnten nicht sprechen.
»Vergiss es! Schnell!«, rief der andere.
Der Wiedergänger oder Elf namens Aengmar wandte sich von dem Versteck ab und eilte zu seinem Gefährten. Croy beugte sich ein wenig vor, setzte sich dem Licht aus und beobachtete, wie der Dämon und die beiden Gestalten in Rüstungen zum Thronsaal liefen und aus der Sicht verschwanden.
Croy bedeutete Mörget, das Versteck zu verlassen. So lautlos wie möglich ließen die beiden die Säulen hinter sich. Lediglich das rötliche Glühen, das aus der Galerieöffnung herabschien, spendete ihnen Licht. Croy schob sich vorsichtig um ein Gebäude mit hohen Marmorwänden herum und wählte die Richtung nach links, suchte nach einem Ausgang, weg von dieser Ebene. Er fand eine Seitengasse, die an einer weiteren Galerie vorbeiführte. Sie schien verlassen zu sein. Als er fast überzeugt war, dass sie allein waren, näherte er sich Mörgets Ohr. »Hast du die Kreatur gesehen?«, fragte er. »Das war kein Wiedergänger.«
»Aye, da stimme ich dir zu. Und?«
»Wie – und? Ich glaube, wir wissen beide, wer das war. Ein lebendiges Wesen. Diese Frau, die wir im Zentralschacht schwimmen sahen – das Mädchen, das du bei der Pilzzucht sahst. Das läuft alles auf das Gleiche hinaus. Das waren keine Wiedergänger. Das waren lebende Elfen. Möge uns die Göttin beschützen!«
Der Barbar wiegte den Kopf hin und her. »Vermutlich sind sie leichter umzubringen als ihre toten Artgenossen.«
Croy schüttelte enttäuscht den Kopf. Kümmerte das Mörget denn überhaupt nicht? Die Tatsache, dass es im Vincularium lebende Elfen gab, war außergewöhnlich! Es bedeutete … es bedeutete …
»Für uns hat das keine Bedeutung«, erklärte Mörget. »Wir sind hier, um Dämonen zu töten. Alle anderen Bewohner dieser Untergrundwelt stehen uns lediglich im Weg. Aber was anderes – ich verstehe, warum du vorhin nicht entdeckt werden wolltest. Erst hielt ich dich für einen Feigling …«
Die Frage, was lebende Elfen zu bedeuten hatten, beschäftigte Croy so stark, dass er anfangs gar nicht auf Mörgets Bemerkung achtete. Doch dann erbebte sein Herz vor Zorn. »Wie bitte?«, fragte er
Weitere Kostenlose Bücher