Ancient BladesDie Metropole der Diebe
Marktplatz oft Streit, aber er endete viel schneller. Entweder warfen die Betreiber der Spielhäuser die Streihähne kurzerhand hinaus (wenn sie von geringer Stellung waren) oder halfen (im Fall des Adels) den Kämpfern bei den Formalitäten der Duelle. Die natürlich erst nach dem Göttinnenfest stattfinden würden. Kein Adliger würde so ungehobelt sein, am Heiligen Tag der Göttin Blut zu vergießen.
Im Aschehaufen versammelten sich die Bettelkinder, die Cubills Schlupfwinkel bewachten, in einer ausgebrannten Kapelle und beteten zu ihrem eigenen Abbild der Göttin. Es war bloß das angekokelte Stück eines alten Schenkenschilds, das eine nicht gerade heilige Frau mit einem riesigen Alebecher zeigte, aber der Glaube in den Augen der Kinder brannte nicht weniger hell als bei den Erwachsenen. Wenn jemand um Glück und Wohlstand buhlen musste, dann diese Straßenkinder.
Im Göttinnengarten blökte ein Yale, als es von einem Rudel wilder Hunde gestellt wurde. Es senkte die spitzen Hörner, aber es war ernslich unterlegen. Falls das Yale wusste, dass es der Göttin geweiht war, hatte es doch keine Ahnung, wie es um Hilfe flehen sollte.
In einer selten benutzten Kapelle auf dem Schlosshügel saß ein gewisser Jemand bei einer Flasche Wein und einem guten Buch. Er würde in dieser Nacht nicht schlafen – zumindest nicht, bis er von seinen Mitverschwörern Bikker und Hazoh gehört hatte. Wenn er sicher war, dass der undankbare Dieb tot und Ghostcutter für einen neuen Besitzer bereit war, dann konnte er sich vielleicht entspannen – aber nur einen Augenblick lang, denn dann begann erst die eigenliche Arbeit der Verschwörer.
In der ganzen Stadt erklangen Hymnen. Man hörte sie aus jedem Fenster und an jeder Straßenecke. Überall feierten Leute oder büßten für ihre Sünden oder genossen einfach die warme Sommernacht.
Und auf der Stadtwiese in Gartenmauer ging ein Oger in aller Gemütsruhe auf das Tor von Hazohs Herrenhaus zu. Die Wächter brüllten ihn an, er solle sofort verschwinden, aber er beachtete sie nicht. Als hätte er einen angenehmen Platz gefunden, wo er den Abend verbringen wollte, setzte sich der Oger unmittelbar vor dem Tor ins Gras und beobachtete mit seinen starrenden großen Augen das Haus. Nach einer Weile faltete er die Hände im Schoß. Er unternahm keinen Versuch, in das Gebäude einzudringen, ließ sich auch zu keinerlei Drohgebärden hinreißen. Und doch hätte ein ins Rosenfenster einschlagender Blitz weniger Überraschung erregt.
Kapitel 72
Neben dem Anwesen kauerte Malden zusammen mit Kemper unter einem Weidenbusch. Er spähte in die Dunkelheit und versuchte etwas zu sehen. Am Tor flackerten Fackeln, und er erkannte den Oger deulich, wollte aber wissen, wie die Wächter auf dessen Anwesenheit reagierten.
»Du wirst schon wissen, wann die Zeit gekommen ist, mein Junge«, beruhigte Kemper ihn.
»Wir müssen bereit sein, sofort zu handeln«, beharrte Malden. »Bist du bereit? Weißt du, was du tun musst?«
»Aye. Und jetzt hör auf zu jammern. Da, sieh nur! Ist das nicht dieser Halunke Bikker, vor dem du solche Angst hast?«
»Das ist er«, bestätigte Malden und knirschte mit den Zähnen. Der große Schwerkämpfer lehnte an der Seite des Herrenhauses und kratzte sich am Bart. Er wirkte nicht gerade fröhlich, wie der Dieb mit Genugtuung feststellte. Ständig streckte er den Kopf um die Hausecke, um zu sehen, was der Oger vorhatte. Aber der hatte nichts vor.
Malden hatte das vorausgesehen. Es war durchaus nicht unwahrscheinlich, dass Bikker diese Phase des Plans durchschaute. Der Oger konnte die Barriere genauso wenig überwinden wie Malden. Die Wächter waren dahinter völlig sicher – natürlich wären sie auch völlig sicher gewesen, hätte man die Barriere gesenkt. Bikker kannte möglicherweise die Bedeutung der Runen auf dem Gesicht des Ogers und wusste, dass er nichts von ihm zu befürchten hatte.
Aber ein Mann hätte Eiswasser in den Adern haben müssen, um sich keine Sorgen zu machen, wenn ein solcher Riese aus unbekannten Gründen vor der Tür auftauchte. Bikker war schlau, er war diszipliniert, aber Malden baute auf die Tatsache, dass er von aufbrausendem Temperament war. Falls der Söldner sich auf die Gegenwart des Ogers hin nicht rührte, hatte Gurrh den Befehl, ihn anderweitig herauszufordern.
»Jetzt, Gurrh«, sagte Malden, als hätte der Oger ihn hören können.
Vielleicht hatte er die Worte tatsächlich wahrgenommen – wer wusste schon zu sagen, was das Gehör
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