Ancient BladesDie Metropole der Diebe
die nach Fäkalien stinkenden Wächter nach uns greifen.«
Ah. Kein Kind. Ein einziges Geschöpf auf der Welt hatte eine derartig vulgäre Ausdrucksweise und zugleich ein so akademisch begrenztes Verständnis der menschlichen Sprache. »Murdlin?«, fragte Croy. »Seid Ihr’s leibhaftig?«
»Wenn wir beide gleich so tot sind wie Pferdeurin, ist es keiner von uns mehr.«
Sie verschwendeten keine Zeit. Im Schutz des Aufruhrs verließen Mensch und Zwerg eilends den Platz. Sobald sie dem gelben Qualm enkommen waren, erkannte Croy, dass es sich bei Murdlins Maske lediglich um ein wassergetränktes Seidentuch handelte. Es musste den größten Teil des stinkenden Rauchs herausgefiltert und dem Zwerg müheloses Atmen erlaubt haben. Kannte der Einfallsreichtum dieses kleinen Volks denn gar keine Grenzen?
»Murdlin. Ich stehe tief in Eurer Schuld«, erklärte Croy, als er um eine Ecke geführt wurde und auf die Grünhallenstraße gelangte.
»In Anbetracht dessen, was Ihr für die Tochter des Zwergenkönigs getan habt, ist die Schuld beglichen«, erwiderte Murdlin.
»Ich tat nur meine Pflicht, wie es mein König von mir verlangte«, sagte Croy. Ein Jahr zuvor war die Zwergenprinzessin nach Helstrow gereist, um am königlichen Hof von Skrae empfangen zu werden. Auf dem Weg war sie von Banditen gefangen genommen worden, die ein Lösegeld haben wollten. Croy hatte die Banditen sechs Wochen lang verfolgt und die Prinzessin schließlich gerettet. Der Zwergenkönig hatte ihm jeden Wunsch erfüllen wollen – Stahl, Gold, sogar die Hand der Prinzessin –, aber Croy war nicht einmal auf die Idee gekommen, es könnte eine Belohnung geben. Ein Verbrechen war verübt worden, und jemand musste wieder den Frieden herstellen, das war alles. Offensichlich war Murdlin der Ansicht, dass man ihm noch immer eine Entschädigung schuldete.
»Hier enlang, ganz eilig, wie ein Hase, der Liebe macht«, rief Murdlin.
Als sie über das Kopfsteinpflaster eilten, rollte ein heubeladener Wagen an ihre Seite. Der Kutscher war ein Zwerg, der die Kapuze zum Schutz vor der Sonne tief ins Gesicht gezogen hatte. Der Wagen hielt an, sobald er sie erreichte.
»Bei der Göttin, Ihr arbeitet schnell«, sagte Croy.
»In dem Moment, als ich Euch unter dem Galgen entdeckte, sah ich den Lauf der Dinge voraus. Ich schickte sofort einen Diener los, um das Gefährt zu besorgen. Bitte versteckt Euch nun in diesem Heu, das nach ungewaschenen Körpern stinkt. Es wird Euch vor allen Blicken verbergen. Der Wagen bringt Euch aus der Stadt hinaus. Wenn Ihr dort ankommt, werde ich dafür gesorgt haben, dass ein Pferd auf Euch wartet, damit Ihr davoneilen könnt wie ein Goblin, der sich die eigene Hose beschmutzt hat.«
»Nach Euren Worten erscheint mir die Flucht weniger süß, als ich noch vor einer Stunde gedacht hätte«, musste Croy zugeben.
»Das ist nur eine Redensart. Ein gebräuchlicher Ausdruck in meiner Muttersprache«, sagte Murdlin. »Ich gehe mit diesem Unternehmen ein großes Wagnis ein, Croy. Und nun, bitte! In das Heu, das wie Filzläuse juckt.«
Croy rieb sich die aufgescheuerten Handgelenke. Dann bewegte er sich rasch rückwärts, rannte fast schon. »Seid meines ewigen Danks versichert, Botschafter. Aber ich habe in der Freien Stadt noch etwas zu erledigen. Meine Dame ist nach wie vor versklavt. Was könnte mir die Freiheit bedeuten, wenn sie in Ketten liegt? Lebt wohl!«
Der Zwerg fluchte und drohte mit den Fäusten, aber Croy war bereits auf dem Weg, bog um die Ecke in die Brasenosestraße ein, zurück in die Gefahr.
So, wie er es mochte.
Kapitel 11
Eine Weile lang bestand Maldens Welt allein aus einem schrecklichen Dröhnen, als würde man direkt neben seinem Ohr eine Glocke schlagen. Und da war Dunkelheit, die Art von Dunkelheit, die schmerzte. Er bekam mit, dass man ihn bewegte, aber nur aus der Ferne, als würde er zusehen, wie man einen anderen armen Teufel herumschleppte. Die Schmerzen, die er fühlte, ergaben eigenlich keinen Sinn, und er drückte ständig mit geistigen Fingern an ihnen herum, versuchte sich zu erinnern, was genau geschehen war. Schließlich nahm er Geräusche wahr, die das Dröhnen in seinem Schädel übertönten. Keuchen und Rufe, dann das Quietschen zurückgeschobener Stühle. Sein armer Körper wurde kurzerhand auf eine harte Oberfläche geworfen, und plötzlich war die Erinnerung da, obwohl sie alles nur noch mehr schmerzen ließ. Langsam konnte er Stimmen aus dem Lärm um ihn herum herausfiltern.
»… hättest
Weitere Kostenlose Bücher