Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
hat mir erzählt, daß sie nicht länger hier ist, daß sie nach Timbuktu oder New Chicago gezogen ist, er wußte es nicht so genau.«
    »Das ist sehr gut möglich. Wie alle wissen, bleibt Gioia selten länger an einem Ort.«
    Phillips nickte. »Du hast letztens gesagt, daß Gioia ein Kurzzeitler ist. Das bedeutet, daß sie alt wird und eines Tages stirbt, nicht wahr?«
    »Ich dachte, du hättest das verstanden, Charles.«
    »Aber du alterst nicht? Auch Hawk oder Stengard nicht und kein anderer aus deiner Gruppe?«
    »Wir werden so lange leben, wie wir es wünschen«, bestätigte sie. »Aber wir werden nicht alt, nein.«
    »Was macht einen Menschen zu einem Kurzzeitler?«
    »Sie werden so geboren, glaube ich. Ein fehlendes Gen oder ein überzähliges - ich weiß es nicht. Es ist sehr ungewöhnlich. Man kann nichts tun, um ihnen zu helfen. Das Altern geht sehr langsam, aber es läßt sich nicht verhindern.«
    Phillips nickte. »Das muß schrecklich sein«, sagte er. »Einer der wenigen Menschen zu sein, die alt werden in einer Welt, in der jeder andere jung bleibt. Kein Wunder, daß Gioia so ungeduldig ist. Kein Wunder, daß sie von einem Ort zum anderen hetzt. Kein Wunder, daß sie sich so schnell an den barbarischen, behaarten Besucher aus dem 20. Jahrhundert angeschlossen hat, der aus einer Zeit kam, als es nur Kurzzeitler gab. Sie und ich, wir haben einiges gemeinsam, meinst du nicht?«
    »Ja, wenn man’s so nimmt.«
    »Wir verstehen, was es heißt, alt zu werden. Wir kennen den Tod. Sag mir, Belilala, wird Gioia sehr bald sterben?«
    »Sehr bald? Bald?« Sie sah ihn mit großen Augen an wie ein Kind.
    »Was heißt sehr bald? Wie kann ich das wissen? Was du für schnell hältst und was ich dafür halte, ist nicht das Gleiche, Charles.« Dann änderte sich plötzlich ihr Verhalten, sie schien zum erstenmal wirklich zu hören, was er sagte. Sanft meinte sie: »Nein, nein, Charles, ich glaube nicht, daß sie sehr bald sterben wird.«
    »Als sie mich in Ch’ang-An verlassen hat, war es da, weil sie genug von mir hatte?«
    Belilala schüttelte den Kopf. »Sie war nur ruhelos. Es hatte nichts mit dir zu tun. Sie hat sich nie mit dir gelangweilt.«
    »Dann werde ich sie suchen. Wo immer sie auch sein mag, Timbuktu, New Chicago, ich werde sie finden. Gioia und ich, wir gehören zusammen.«
    »Vielleicht stimmt das«, sagte Belilala. »Ja, ja, ich glaube tatsächlich, daß es stimmt.« Sie klang kein bißchen erschüttert, zurückgewiesen oder enttäuscht. »Du mußt unter allen Umständen zu ihr gehen, Charles. Folge ihr. Finde sie. Wo immer sie sein mag.«

    Sie waren schon dabei, Timbuktu abzubauen, als Phillips dort ankam. Während er noch in seinem Himmelsflitzer hoch oben über der staubigen Ebene schwebte, wo der Fluß Niger auf den Sand der Sahara traf, wurde er plötzlich sehr unruhig, als er auf die flachen Dächer der viereckigen, aus Lehmziegeln errichteten Häuser der großen Wüstenstadt hinunterblickte. Aber als er landete, fand er nur metallhäutige Roboter vor, die überall herumschwärmten; eine Abteilung von ihnen, die wie riesige, glänzende Insekten durcheinanderliefen, war gerade dabei, alles abzureißen.
    Er hatte vorher nichts von den Robotern gewußt. So wurden also all die Wunder aufgebaut, stellte Phillips fest: mit einer Armee gehorsamer Maschinen. Er stellte sich vor, wie sie aus der Erde hervorkamen, wann immer ihre Dienste benötigt wurden, wie sie aus einem sterilen, unterirdischen Lagerhaus emporstiegen, um Venedig oder Theben, Knossos oder Houston, oder was immer gerade gewünscht wurde, bis ins kleinste Detail zusammenzusetzen, um dann später wieder zurückzukehren und alles verschwinden zu lassen, was sie angefertigt hatten. Er sah ihnen jetzt an, wie sie emsig die Wände einrissen, die aus luftgetrockneten Ziegeln bestanden, wie sie die schweren, metallbeschlagenen Tore zerstörten und das erstaunliche Labyrinth von Alleen und Hauptstraßen einebneten und den Marktplatz abräumten. Bei seinem letzten Besuch in Timbuktu hatten sich große Mengen verschleierter Tuaregs auf dem Marktplatz gedrängt; schwarze Sudanesen und syrische Händler mit verschlagenen Gesichtern waren eifrig damit beschäftigt gewesen, Tauschhandel zu treiben mit Kamelen, Pferden, Eseln, Salzblöcken, großen grünen Melonen, Silberarmbändern und prächtigen Koranen, die auf feinstes Pergament geschrieben waren. Diese ganze farbenprächtige Ansammlung von Temporären war jetzt verschwunden. Es gab auch keine

Weitere Kostenlose Bücher