anderbookz Short Story Compilation II
Ahnung«, sagte Phillips. Der innere Kampf spiegelte sich deutlich in Willoughbys Gesicht wider, aber offensichtlich war es ihm nur möglich, eine schwache Andeutung von dem zu verstehen, was Phillips ihm zu erklären versuchte. »Ich weiß bestimmt, daß Ihre Welt, und alles, was sich darauf befand, vergangen ist«, fuhr er fort. »Und das gleiche ist mit meiner Welt passiert, obwohl ich vierhundert Jahre nach Ihnen geboren wurde, zur Zeit der zweiten Elisabeth.«
Willoughby schnaubte verächtlich. »Vierhundert!«
»Sie müssen mir glauben!«
»Behüte Gott. Niemals!«
»Es ist die Wahrheit. Ihre Zeit ist für mich nur Geschichte. Und meine Zeit und ihre wiederum sind Geschichte für jene - antike Geschichte. Sie nennen uns Besucher, aber tatsächlich sind wir Gefangene!« Phillips zitterte vor Anstrengung. Er war sich bewußt, wie verrückt das in Willoughbys Ohren klingen mußte. Allmählich hielt er selbst es für verrückt. »Sie haben uns aus unserer richtigen Zeit gestohlen - so wie Zigeuner in der Nacht.«
»Hinweg, Mann! Ihr rast im Wahn!«
Phillips schüttelte den Kopf. Er streckte die Hand aus und packte Willoughby am Handgelenk. »Ich bitte Sie, hören Sie mir zu!« Die Bürgerfrauen beobachteten ihn aufmerksam und flüsterten miteinander hinter vorgehaltener Hand und lachten. »Fragen Sie sie!« schrie Phillips. »Bringen Sie sie dazu, Ihnen zu sagen, was das für ein Jahrhundert ist. Sie glauben, das sechzehnte? Fragen Sie sie!«
»Was für ein Jahrhundert könnte es wohl sein als das sechzehnte des Herrn?«
»Sie werden Ihnen sagen, daß es das fünfzigste ist.«
Willoughby sah ihn mitleidig an. »Mann, Ihr dauert mich! Fürwahr, das fünfzigste!« Er lachte. »Freund, hör auf meine Worte. Es gibt nur eine Elisabeth, sicher auf ihrem Thron in Westminster. Dies Land ist Indien. Das Jahr ist anno 1591. Laßt uns von diesen Portugiesen ein Schiff stehlen und unseren Weg zurück nach England machen, und so Gott will, kommt Ihr von dort in Euer Amerika.«
»Es gibt kein England.«
»Wie könnt Ihr dies behaupten und nicht dem Wahn verfallen sein?«
»Die Städte und Länder, die wir kannten, gibt es nicht mehr. Diese Menschen leben wie Magier, Francis.« Es hatte nun keinen Zweck mehr, mit irgend etwas hinter dem Berg zu halten, dachte Phillips schweren Herzens. Er wußte, daß er verloren hatte. »Sie erschaffen Orte aus längst vergangenen Zeiten und errichten sie hier und dort zu ihrem Vergnügen. Und wenn sie sie satt haben, zerstören sie sie und beginnen von vorn. Es gibt kein England, Europa ist leer, ohne Gesicht, unbewohnt. Wissen Sie, was es jetzt für Städte gibt? Nur noch fünf auf der ganzen Welt. Da ist Alexandrien in Ägypten, Timbuktu in Afrika, New Chicago in Amerika. Da ist eine große Stadt in China - in Cathay, würden Sie, glaube ich, sagen. Und da ist dieser Ort hier, den sie Mohenjo-daro nennen und der weit älter ist als Griechenland, als Rom oder Babylon.«
Ruhig sagte Willoughby: »Nein, das ist reine Narretei. Ihr sagt, wir sind im fernen Morgen und dann hinwiederum sagt Ihr, wir hausen in einer Stadt aus ferner Vergangenheit. Wie geht das an?«
»Es ist eine Beschwörung«, sagte Phillips verzweifelt. »Etwas, das genauso aussieht wie diese Stadt. Die dieses Volk irgendwie zu seiner Unterhaltung angefertigt hat. Genauso, wie wir hier dazu bestimmt sind, Sie und ich, sie zu unterhalten. Nur um sie zu amüsieren.«
»Ihr redet irr!«
»Dann kommen Sie mit mir. Sprechen Sie mit den Bürgern am großen Becken. Fragen Sie sie, was wir für ein Jahr haben, fragen Sie sie nach England, fragen Sie sie, wie Sie hierhergekommen sind.« Erneut griff er nach Willoughbys Arm. »Wir sollten Verbündete werden. Wenn wir zusammenarbeiten, können wir vielleicht heraufinden, wie wir hier herauskommen und ...«
»Laßt mich gehen, Mann!«
»Bitte ...«
»Laßt ab!« brüllte Willoughby und befreite seinen Arm. Seine Augen waren starr vor Zorn. Er erhob sich in dem Becken und blickte wild um sich, als suche er nach einer Waffe. Die Bürgerfrauen schraken vor ihm zurück, schienen aber gleichzeitig von dem ungestümen Ausbruch des großen Mannes fasziniert zu sein. »Geht ins Narrenhaus! Laßt mich, Rasender! Laßt mich in Frieden!«
Phillips durchstreifte stundenlang allein die staubigen, ungepflasterten Straßen von Mohenjo-daro und hing seinen trüben Gedanken nach. Sein Versagen bei Willoughby hatte ihn niedergedrückt und schwermütig gemacht. Er hatte gehofft, Rücken
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