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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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Zweiten Weltkrieg?«
    »Klar, ich war beim großen Krieg dabei. Sie machten mich zum Obergefreiten. Und einen Spitznamen hatte ich auch. ›Beans‹. ›Beans‹ Beevers. Und als ich eine Infektion bekam, erhielt ich das Verwundetenabzeichen.«
    »Du hast Dachau mit eigenen Augen gesehen?«
    »Verdammt richtig, das habe ich.« Er beugte sich plötzlich herab. »Laß dich aber von deiner Mutter nicht dabei erwischen, wenn du dieses Buch liest.«
    Innerlich erfreut schüttelte Harry den Kopf. Nun waren das Buch und das Todeslager ein Band zwischen ihm und seinem Vater.
    »Hast du jemals jemanden getötet?«
    Sein Vater strich sich mit einer langen Hand über Mund und beide Wangen. Tief im Schatten der Hutkrempe sah Harry ein nachdenkliches Auge.
    »Einmal habe ich einen Mann getötet.«
    Lange Pause.
    »Ich schoß ihn in den Rücken.«
    Sein Vater wischte sich wieder über den Mund, dann nickte er mit dem Kopf. Er mußte innerhalb eines sorgfältig ausgeklügelten Zeitplans in die Kneipe, zum Metzger und wieder zurück. »Möchtest du das wirklich hören?«
    Harry nickte. Er schluckte.
    »Ja, das kann ich mir denken. Okay - wir wurden in dieses Lager geschickt, Dachau, das war gegen Ende des Krieges, um die Freilassung der Gefangenen zu überwachen und die Wachen und den Lagerkommandanten festzunehmen. Alles war bestens vorbereitet. Ein paar Lamettaträger von der Division wollten zur Inspektion vorbeikommen, daher mußten wir ein paar Tage dort warten. Weißt du, wir ließen die Wachen in einer Reihe antreten, und diese knochigen alten Wracks konnten daherkommen und ihnen die Hölle bereiten. Wir durften sie allerdings nicht zu nahe kommen lassen.«
    Sie kamen an Mr. Petrosians kleinem Teerpappe-Haus vorbei, und Harry war erleichtert, daß Mr. Petrosian nicht auf seiner kleinen Veranda saß und seinen Kasten Bier wegtrank. Die ›Mußestunde‹ war nur noch wenige Schritte entfernt.
    »Wie dem auch sei, plötzlich beschließt einer der Wachen, einer der Schlimmsten, es auf einen Fluchtversuch ankommen zu lassen. Er springt auf und läuft wie verrückt auf den Wald zu. Was soll ich tun? frage ich mich. Keiner weiß, was er tun soll. Erschießt ihn, sagt jemand. Also schieße ich ihn in den Rücken. Und das war alles.«
    Nun hatten sie die Flügeltür erreicht, die in die ›Mußestunde‹ hineinführte, und der Geruch von Malz und Hopfen erfüllte die Luft. »Wir sehen uns im Haus«, sagte sein Vater und verschwand wie ein Zauberer durch die Flügeltür.

    8

    Nachdem Harry hundert Seiten von Mord GmbH gelesen hatte, waren seine Lieblingsmörder Louis ›Lepke‹ Buchalter und Abe ›Kid Twist‹ Reles. Sie waren verläßliche Profis. Eine Art Schwarzlicht umgab sie und ließ sie strahlen. Lepke Buchalter und Abe Reles betrachteten die Welt aus dem Schatten unter ihren Hutkrempen hervor. Sie lebten in schattigen Zimmern und spähten durch die Vorhänge hinaus. Sie tauchten an einer dunklen Ecke vor ihrem entsetzten Opfer auf, erledigten ihre Arbeit und gingen wieder weg, wobei sie die Mantelkragen hochschlugen.
    Angenommen, man hätte einen Job, der einen durch das ganze Land führen würde, etwa ein Vertreter, dachte Harry, während er nachmittags auf der Hollywood-Schaukel lag und las; angenommen, man hätte einen Job, der einen von einer Stadt zur nächsten führen würde. Angenommen, man ermordete in jeder dieser Städte jemanden leise und sorgfältig und versteckte die Leichen, damit es lange dauerte, bis sie gefunden wurden. Die Arbeit würde einem nie ausgehen.

    9

    »Blaue Rose«, sagte Harry.
    Klein Eddie sackte mit offenem Mund gegen die Stuhllehne, die Hände lagen entspannt in seinem Schoß.
    Es hatte funktioniert. Harry sah sich um, als erwartete er Applaus, und ihm war, als würden alle Gegenstände auf dem Dachboden mit gütiger Zustimmung zu ihm aufschauen. Es war einundzwanzig Uhr dreißig; er und Eddie waren allein im Haus und damit auf dem Dachboden in bester Sicherheit. Harry wollte wissen, ob er auch andere Menschen beeinflussen und sie Dinge tun lassen konnte, aber für heute war er zufrieden, mit Eddie zu experimentieren.
    »Du schläfst tiefer und tiefer, Eddie, tiefer und tiefer, und du hörst auf jedes Wort, das ich dir sage. Du sinkst immer tiefer und hörst meine Stimme zu dir durchdringen, und mit jedem Wort sinkst du tiefer und tiefer, und nun schläfst du wirklich ganz tief und bist bereit anzufangen.«
    Klein Eddie saß auf Maryroses Korbstuhl, sein Kinn berührte die Brust, der

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