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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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hoch und gingen schnurstracks zu der Frau, die die Kleiderabteilung unter sich hatte. ›Geben Sie meinem kleinen Mädchen das Beste‹, sagte er. Der Preis spielte keine Rolle. Nur auf die Qualität kam es ihm an. ›Geben Sie meinem kleinen Mädchen das Beste.‹ Hörst du mir überhaupt zu, Edgar? «

    Albert schnarchte mit dem Gesicht nach unten in sein Kissen; Klein Eddie wälzte sich herum und schniefte. Harry lag so lange wach, er dachte schon, er würde nie einschlafen. Er sah das Gesicht von Klein Eddie vor sich, schlaff und ausdruckslos in Hypnose - Klein Eddies Gesicht machte ihn heiß und unbehaglich. Nun, da Harry im Bett lag, schien es ihm, als wäre alles, seit er von Big John’s zurückkam, in Wahrheit von jemand anderem getan worden, oder in einem Traum. Dann merkte er, daß er ins Badezimmer mußte.
    Harry sprang aus dem Bett, durchquerte lautlos das Zimmer, trat hinaus in den dunklen Flur und ertastete sich den Weg die Treppe hinab ins Bad.
    Als er herauskam, sah er im Licht aus dem Badezimmer die flache schwarze Form des Telefons auf dem Telefonbuch von Palmyra. Harry ging zu dem kleinen Telefontisch neben der Treppe. Harry nahm das Telefon vom Telefonbuch und öffnete das Buch, das die Ausmaße eines Big-5-Tabletts hatte, mit der anderen Hand. Wie in so vielen anderen Nächten, wenn seine Blase ihn gezwungen hatte, herunterzukommen, beugte Harry sich über die Seite und suchte sich eine Nummer aus. Er behielt die Nummer im Kopf, während er das Telefonbuch zuklappte und das Telefon wieder daraufstellte. Er wählte. Es klingelte so oft, daß Harry nicht mehr mitzählte. Schließlich meldete sich eine heisere Stimme: Harry sagte: »Ich beobachte dich, du bist ein toter Mann.« Dann legte er leise den Hörer wieder auf die Gabel.

    7

    Am nächsten Nachmittag holte Harry seinen Vater ein, als Edgar Beevers begonnen hatte, die South Sixth Street zur Kreuzung Livermoore hochzugehen. Sein Vater trug das übliche Kostüm aus verbeulten grauen Hosen, weit über der Taille von einem Gürtel mit doppelter Schnalle gehalten, einem rot-weiß karierten Hemd sowie einem braunen Filzhut, den er dicht über die Augen gezogen hatte. Seine lange, fleischige Nase schwamm vor ihm, vom Schatten der Hutkrempe in zwei Hälften geschnitten.
    »Paps!«
    Sein Vater sah ihn ungläubig an, dann schob er die Hände wieder in die Taschen. Er wandte sich zur Seite und ging weiter die Straße hinab, wenn auch vielleicht eine Spur langsamer. »Was ist denn, Junge? Keine Schule?«
    »Es ist Sommer, da ist keine Schule. Ich dachte mir, ich komme ein Stück mit dir.«
    »Nun, ich habe nicht viel vor. Deine Mutter hat mich gebeten, ein paar Hamburger aus der Livermoore zu holen, und ich dachte mir, ich gehe auf einen raschen Schluck in die ›Mußestunde‹. Du wirst mich doch nicht verraten, nicht?«
    »Nein.«
    »Bist ein guter Junge, Harry. Deine Mutter hat eine Menge Sorgen. Manchmal mache ich mir auch ein wenig wegen Klein Eddie Sorgen.«
    »Klar.«
    »Was ist mit den Büchern? Liest du beim Spazierengehen?«
    »Ich habe sie mir nur so angesehen«, sagte Harry.
    Sein Vater fuhr mit der Hand unter Harrys angewinkelten Ellbogen und zog zwei Taschenbücher mit grellen Umschlagbildern hervor. Sie trugen die Titel Mord GmbH und Hitlers Todeslager . Harry hatte sich bereits in beide Bücher verliebt. Harrys Vater grunzte und gab ihm Mord GmbH zurück. Das andere Buch hielt er sich bis fast an die Nasenspitze und studierte das Umschlagbild, das eine nackte Frau zeigte, die sich gegen einen Stacheldrahtzaun preßte, während ein uniformierter Nazi mit einem Gewehr auf ihren Rücken zielte.
    Als er zu seinem Vater aufsah, erkannte Harry, daß unter der scharfen Schattenlinie, welche der Hutrand hervorrief, seines Vaters Schnurrbart in verschiedenen Farben und Mustern wuchs. Schwarz und braun, rot und orange, so erstreckten sich die schimmernden Stacheln über die Wangen seines Vaters.
    »Ich habe dieses Buch gekauft, aber so hat es nicht ausgesehen«, sagte sein Vater und gab ihm das Buch zurück.
    »Was?«
    »Dieser Ort. Dachau. Das Todeslager.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich war da, oder etwa nicht. Du warst noch nicht einmal auf der Welt. Es sah überhaupt nicht aus wie das Bild auf dem Buch. Ich fand, es sah einfach wie ein Stück Scheiße aus, wie fast alle Orte, die ich in meiner Zeit in der Army gesehen habe.«
    Harry hörte eben zum erstenmal, daß sein Vater bei den Streitkräften gewesen war.
    »Du meinst, du warst im

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