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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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bewegte sich unter dem weiten Kleid hin und her, wann immer er den Stoff berührte, schien er erstaunlich groß zu sein; ihr Rücken schien so lang wie der eines Löwen. »Was würden Sie sagen, wenn ich es Ihnen verraten würde?« sagte Harry zu sich selbst.
    Eineinhalb Blocks weiter machte die Frau auf den Absätzen kehrt und ging durch die Tür des A & P-Ladens. Harry lief den Rest des Weges, stieß die gelbe Holztür mit der Aufschrift EINGANG auf und ging in die stickige, feuchte Luft des Lebensmittelladens. Andere A & P-Läden mochten klimatisiert sein, aber nicht der in Oldtown Road.
    Was bedeutete überhaupt ›in Pflege‹? Bekam man Geld, wenn man die eigenen Kinder weggab?
    Die Kinder eines guten Menschen sollten niemals zur Pflege weggegeben werden, dachte Harry. Er sah die Frau in den dritten Gang neben der Registrierkasse gehen. Mit einer Art Schock wurde ihm klar, daß sie größer als sein Vater war. Wenn ich es ihnen sagen würde, würden sie es mir vielleicht nicht glauben. Langsam ging er um die Ecke des Gangs herum. Sie stand etwa fünfzehn Schritte entfernt auf dem hellen Boden und hatte einen Drahtkorb in einer Hand. Er ging einen Schritt nach vorne. Was ich zu sagen habe, könnte ... Er berührte die Hutnadel unter seinem Kragen, damit sie ihm Glück bringen sollte. Sie studierte eine Reihe mit Kartoffelchips in grellen Verpackungen. Harry räusperte sich.
    Die Frau beugte sich hinab, nahm eine große Tüte und legte sie in den Korb.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Harry.
    Sie wandte ihm den Kopf zu. Ihr Gesicht war so lang wie breit, und im weichen Licht der leuchtschwachen Glühbirnen des Supermarkts schien ihre Hand fast hellbraun zu sein. Harry wußte, daß er einen ebenbürtigen Gegner gefunden hatte. Sie sah aus, als könnte sie zaubern, als könnte sie Feuer und Blitze aus ihren stechenden schwarzen Augen versprühen.
    »Ich wette, Sie glauben mir nicht, aber ein Kind kann Menschen ebensogut hypnotisieren wie ein Erwachsener.«
    »Was soll das?«
    Seine einstudierten Worte hörten sich unsinnig an, aber er hielt sich an seinen Text.
    »Ein Kind kann Menschen hypnotisieren. Ich kann Menschen hypnotisieren. Glauben Sie das?«
    »Ich glaube, das ist mir einerlei«, sagte sie und ging weiter den Gang hinunter.
    »Ich wette, Sie denken, ich könnte Sie nicht hypnotisieren«, sagte er.
    »Junge, schwirr ab.«
    Harry wußte plötzlich, wenn er weiter von Hypnose sprach, würde die Frau sich in den nächsten Gang wenden und auf nichts mehr achten, was er sagte, oder sie würde mit sehr lauter Stimme sagen, daß sie den Geschäftsführer holen würde. »Mein Name ist Harry Beevers«, sagte er. »Edgar Beevers ist mein Vater.«
    Sie blieb stehen und drehte sich um und sah ihm ausdruckslos ins Gesicht.
    Harry sah benommen einen Stacheldrahtzaun vor sich, und dahinter eine dunkelgrüne Mauer aus Bäumen am anderen Ende eines kahlen Feldes.
    »Ich frage mich, ob Sie ihn vielleicht Beans nennen«, sagte Harry.
    »Oh, großartig«, sagte sie. »Einfach großartig. Du bist also einer seiner Jungs. Beans will Kartoffelchips. Und was möchtest du?«
    »Ich möchte, daß Sie fallen und den Kopf auf den Boden schlagen und Ihre Zunge schlucken und sterben, damit die Leute Erde auf Sie werfen«, sagte Harry. Die Frau machte den Mund auf. »Dann möchte ich, daß Sie von Gas aufgebläht werden. Ich möchte, daß Sie verfaulen. Ich möchte, daß Sie grün und schwarz werden. Ich möchte, daß sich Ihre Haut von den Knochen schält.«
    »Du bist verrückt!« schrie die Frau ihn ein. »Deine ganze Familie ist verrückt! Meinst du denn, deine Mutter will ihn jetzt noch?«
    »Mein Vater hat uns in den Rücken geschossen«, sagte Harry, der sich plötzlich fühlte, als müßte er sich übergeben, und drehte sich um und stürmte den Gang entlang zur Tür.
    Draußen begann er schnellen Schrittes die verkommene Oldtown Road hinabzugehen. Am Oldtown Way wandte er sich nach links. Als er an Nummer 45 vorbeilief, betrachtete er jedes leere Fenster. Sein Gesicht, seine Hände, sein ganzer Körper fühlten sich heiß und naß an. Bald hatte er Seitenstechen. Harry blinzelte und sah eine dunkle Baumreihe und einen Stacheldrahtzaun vor sich. Am Ende des Oldtown Way bog er in die Palmyra Avenue ein. Von dort lief er ohne Unterbrechung an den mit Brettern vernagelten Fenstern von Allouette’s vorbei, an den alten und neuen Geschäften vorbei, bis zur Ecke Livermore, und von dort, wie er erst jetzt erkannte, zu dem kleinen Haus,

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