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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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anfangen, von Grausamkeit zu schreien, sollten sie alle Fakten kennen. Glücklicherweise hat die Ausgabe der letzten Woche endgültig mit diesem Unsinn Schluß gemacht.
    Außerdem wußte ich bereits zuviel darüber, was ein Todesfall aus Menschen machen kann.
    Ich habe Dir nie gesagt, daß ich einst einen kleinen Bruder hatte, der Edward hieß. Als ich zehn Jahre alt war, ging mein kleiner Bruder auf den Dachboden unseres Hauses, wo er einen fatalen epileptischen Anfall hatte. Dieses Ereignis hat meine Familie buchstäblich zerstört. Es führte direkt dazu, daß mein Vater das Haus verließ. (Im Zweiten Weltkrieg ist er ein Held gewesen, auch das habe ich Dir nie erzählt.) Es veränderte auch meinen Bruder Albert sehr, ich würde sogar sagen, es fügte ihm bleibenden Schaden zu. Er meldete sich 1964 zur Army, aber sie nahmen ihn nicht, weil sie ihn für psychisch untauglich hielten. Auch meine Mutter nahm es eine Zeitlang sehr schwer. Sie ging auf den Dachboden und weinte und wollte nicht mehr herunterkommen. Man kann also sagen, daß meine Familie vernichtet, auseinandergebracht oder ruiniert, wie immer man es nennen möchte, wurde, und das durch einen einzigen Todesfall. Das, und das Weggehen meines Vaters, habe ich auch sehr schwer genommen. So etwas überwindet man nicht leicht.
    Das Kriegsgericht dauerte ganze vier Stunden. Große Sache, was?, wie wir damals in Palmyra zu sagen pflegten. Wir hatten einen Nachbarn namens Peter Petrosian, der solche Sachen zu sagen pflegte und der, bei einer Chance von eins zu einer Million, etwa zwei Wochen nach meinem Bruder denselben Tod starb. Ein Unglück kommt selten allein, sagt man. Ich glaube, es ist albern, jetzt an ihn zu denken, doch der Krieg macht einen mit dem Tod vertraut. Wie er geschieht, was er den Menschen antut, was er bedeutet, wie alle Toten im Leben irgendwie vereint sind, Teil Deiner ewigen Familie. Das ist ein ehrfurchtgebietendes Gefühl, Pat, und kein aufgeblasenes mißratenes Kriegsgericht kann es einem nehmen. Und selbst wenn unschuldige Kinder in dieser Höhle waren, dann gehören sie nun ewig meiner Familie an, wie Klein Edward und Peter Petrosian, und der Rest meines Lebens ist ein Gedicht an sie. Aber die Army sagt, es waren keine dabei, und ich sage das auch.
    Ich liebe Dich, ich liebe Dich, ich liebe Dich. Du kannst jetzt aufhören, Dir Sorgen zu machen, und Du kannst daran denken, mit einem Jurastudenten in Columbia verheiratet zu sein, der die besten Zukunftsaussichten hat. Ich werde Dir nicht mehr Kriegserlebnisse schildern, als Du hören möchtest. Und das ist ein Versprechen, ob die Geschichten nun in Palmyra spielen oder in Nam.
    Immer Dein,
    Harry
    (alias ›Beans‹!)

    © 1990 by Dutton
    Aus ›Houses Without Doors‹
    Übersetzt von Joachim Körber

Louisiana: 1850

    Unruhig warf sich das Mädchen im Schlaf hin und her. Das Heu piekste und stach; es erinnerte sie an die Mutter, die sie manchmal im Spaß zwickte, und sein starker Modergeruch verwandelte sich im Traum in den Duft von Stärkemehl und Hefeteig, der die Mutter so oft einhüllte. Der Körper des Mädchens wälzte sich im Heu, dessen Rascheln im Traum zwiefach Gestalt fand - als Brutzeln von Speck im Kochschuppen hinter dem Herrenhaus der Plantage und als Knistern der Bürste, die die Mutter durch das feste Haar des Mädchens zog, bevor sie es in kniffligen Flechtmustern zu bändigen begann.
    Fünfzehn Stunden, mehr als die ganze Nacht, war das Mädchen unterwegs gewesen, bevor sie eine Verschnaufpause riskierte. Bis zu dem verlassenen Farmhaus, wo sie sich dem angstgestörten Schlaf hingab, hielt ihr Körper durch.
    Das Geräusch von Schritten; durch die frühe Dämmerung schleicht ein Mann auf sie zu. Auch der Traum signalisierte unzweifelhaft die Bedeutung - Gefahr. Ein weißer Mann, in der Kleidung eines Aufsehers. Im Traum umklammerte das Mädchen die große schwarze Hand der Mutter, betete, daß die Schritte nicht näher kämen und daß sie, wie immer, an den Leib der Mutter geschmiegt, aufwachen würde, auf der mit Stroh und Spreu gefüllten Matratze neben dem mächtigen alten Ofen, der über Nacht erkaltet war. Hielt sie dort im Schlaf die Hand der Mutter, so packte sie jetzt den warmen Holzgriff jenes Messers, das sie am Vortag beim Davonlaufen gestohlen hatte. Wie ein lebendiges Wesen pulsierte das Messer an ihrem Herzen, verborgen unter den Falten des groben weiten Baumwollhemdes, das die dünne junge Gestalt einhüllte. Der rotgesichtige Mann, der lachend über

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