Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
und sagte: »Du vermißt Eddie wahrscheinlich sehr, nicht?«
    »Denke schon«, sagte Harry, aber die Wahrheit war, daß Eddie inzwischen nur noch ein Nichts war, ein leerer Fleck. Manchmal fiel eine Tür ins Schloß, und Harry wußte, daß Klein Eddie gerade hereingekommen war; aber wenn er sich umdrehte, sah er nur ins Leere. Als George vor einer Woche diese Frage stellte, hörte er zum letzten Mal jemanden seines Bruders Namen aussprechen.
    In den sieben Tagen seit jenem zauberhaften Nachmittag bei Big John’s und George Beevers’ Abschied mit dem südwärts fahrenden Bus schien alles wieder zu sein wie früher, aber Harry wußte, daß sich eigentlich alles verändert hatte. Sie waren eine zusammenhaltlose, entfremdete fünfköpfige Familie gewesen, zwei Eltern und drei Söhne. Nun schienen sie eine dreiköpfige Familie zu sein, und Harry dachte, daß die tatsächliche Familie auf zwei geschrumpft war, ihn selbst und seine Mutter.
    Edgar Beevers hatte das Haus verlassen - auch er war ein leerer Fleck. Nach zwei Besuchen von Polizisten, die mit ihren Autos direkt vor dem Haus parkten, nachdem er die geflüsterten verächtlichen Bemerkungen seiner Mutter gehört hatte, nach dem Schauspiel seines bleichen, triefäugigen, aber nüchternen und glattrasierten Vaters, der immer wieder versuchte, sich vor dem Badezimmer eine Krawatte zu binden, mußte Harry schließlich akzeptieren, daß sein Vater bei einem Ladendiebstahl erwischt worden war. Sein Vater mußte vor Gericht, und er hatte Angst. Seine Hände zitterten so unkontrolliert, daß er sich nicht selbst rasieren konnte, und am Ende mußte Maryrose seine Krawatte binden - was sie mit einer, zwei, drei ruckartigen Bewegungen tat, so brutal wie das Zustoßen mit einem Messer, ohne dabei die Zigarette aus dem Mund zu nehmen.
    Von Kummer gezeichnetem Mann aus der Gegend wurde Strafe wegen Ladendiebstahls erlassen , lautete die Schlagzeile der kleinen Meldung in der Abendzeitung, welche endlich das Verbrechen seines Vaters erklärte. Edgar Beevers war auf dem Gehweg vor dem Livermoore Avenue National Tea aufgehalten worden, T-Bone-Steaks unter dem Hemd verborgen und eine Flasche Rheingold-Bier in jeder der beiden Taschen. Er hatte zwei Steaks gestohlen! Er hatte sich Bierflaschen in die Taschen gesteckt! Harry fühlte sich, als würde er innerlich schwitzen. Der Richter hatte ihn heimgeschickt, aber er ging nicht heim. Kurze Zeit, dachte Harry, hatte er an der Oldtown Road herumgehangen, dem Armenviertel Palmyras, und mit Pennern und Wermutbrüdern auf Bänken geschlafen. (Dann, sagte man, hatte ihn eine Frau zu sich genommen.)
    Auch Albert war ein dauerndes Rätsel. Es war, als hätte ein Wesen aus dem Weltall ihn übernommen und würde seinen Körper benützen, wie in Invasion der Körperfresser . Albert sah aus, als glaubte er, ständig würde jemand hinter ihm stehen und jede seiner Bewegungen genau verfolgen. Er schleppte, dachte Harry, immer noch diese Zungenspitze mit sich herum, und bald schon würde er sich so sehr daran gewöhnt haben, daß er sie völlig vergessen würde.
    Drei Tage nachdem George Palmyra verlassen hatte, schlich Albert sogar Harry auf dem Weg zu Big John’s nach. Harry drehte sich auf dem Gehweg um und sah Albert in seinen schwarzen Jeans und dem von Wagenschmiere verunstalteten T-Shirt einen halben Block weiter unten, wo er die Hände in die Taschen steckte und konzentriert zu Boden sah. Das war Alberts Methode, so zu tun, als wäre er unsichtbar. Als er sich das nächste Mal umdrehte, knurrte Albert: »Geh weiter.«
    Kaum hatte er Big John’s betreten, machte sich Harry am Flipperautomaten zu schaffen. Albert schlurfte wenige Minuten später herein, ging schnurstracks zur Theke und nahm eine der Speisekarten vom Regal zwischen dem Serviettenspender, und die starrte er an, als habe er noch niemals zuvor eine gesehen.
    »Hey, gestatten, daß ich euch vorstelle, Jungs«, sagte Big John, der sich am anderen Ende auf die Theke aufstützte. Wie Albert trug auch er schwarze Jeans und Motorradstiefel, aber sein dunkles Haar fiel, gewagt für die fünfziger Jahre, bis über die Ohren. Unter der schmutzigen weißen Schürze trug er ein schwarzes Hemd mit einem Muster aus azurnen Palmen. »Ihr beiden seid die Beevers-Jungs, Harry und Bucky. Begrüßt euch, Kameraden.«
    Bucky Beaver war ein langzähniges Nagetier in einem Fernseh-Werbespot von Ipana. Albert errötete, starrte aber immer noch grimmig auf die Speisekarte.
    »Nennen Sie mich

Weitere Kostenlose Bücher