anderbookz Short Story Compilation II
funkelte mich an. »Es ist vorbei, Junge, begreifen Sie das nicht?« Vor allem das »Junge« störte mich ungemein.
Aber es war nicht vorbei.
Zwei Monate später stellte Mitzi fest, daß sie schwanger war. Dennoch sagte sie mir nichts davon. Ich erfuhr es erst, als zwei Polizeibeamte bei mir auftauchten. Weil Mitzi natürlich noch zu jung war für sexuelle Beziehungen. Es gab sogar einen vagen Hinweis auf Gegenwehr auf ihrer Seite. Ein Hauch von Vergewaltigung statt Verführung. Aber ich denke, das ging nur von der Polizei aus, die hofften, daß ich eine schlimmere Tat gestand, da sich etwas Derartiges in ihren Berichten doch besser ausgemacht hätte.
Natürlich schilderte ich die Ereignisse, die zu diesem unangenehmen Ausgang geführt hatten, und verwies die beiden Beamten an Glenda, Don, Max und die anderen, um sich dort die Bestätigung für meine Geschichte zu holen. Mittlerweile hatte ich von den Traumspeisen nichts mehr übrig und hatte auch die leeren Dosen vernichtet. Aber ich versicherte den Beamten, daß auf der Mülldeponie vor der Stadt sicherlich einige Dosen und Gläser und Flaschen ausgegraben werden könnten. Vielleicht lag einiges davon auch gleich in der obersten Schicht. Ein Suchtrupp müßte doch in der Lage sein ...
»Aha«, meinte Beamter Nummer eins und ging über meinen gutgemeinten Rat hinweg, während er etwas in sein Notizbuch schrieb, »demnach gestehen Sie also, daß Sie mit Mitzi Hayes in Ihrer Wohnung Geschlechtsverkehr ausgeübt haben.«
»Nein, nein. Da oben.« Ich zeigte hoch.
»Auf der Decke? Wie die Fliegen?«
»Darüber.«
»Auf dem Dachboden?«
»Nein, in der Zukunft ... und es hat alles verdorben.«
»Das würde ich aber auch sagen«, pflichtete Nummer zwei mir säuerlich bei.
Dennoch waren Sie sehr formell und höflich, verhafteten mich bloß und versprachen mir, meine Geschichte mit denen der anderen zu vergleichen und sie sich bestätigen zu lassen und natürlich auch mit Mitzi zu reden, die nichts von alledem hatte verlauten lassen, als man sie anfangs verhört hatte. Nun, das war eigentlich durchaus verständlich.
Daher verwies ich sie auf die kleinen Annoncen, die ich vor ein paar Monaten aufgegeben hatte. Warum hätte ich mich derart in Unkosten stürzen sollen, wenn meine Geschichte nicht auf der nackten Wahrheit beruhte? Sie gelobten, auch das zu überprüfen.
Würden Sie es mir glauben, daß keines der früheren Mitglieder der Interessengemeinschaft Traumstörung meine Geschichte auch nur im entferntesten bestätigte? Einige gaben wenigstens zu, mich von weitem zu kennen; die anderen schworen Stein und Bein, daß sie mich in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen hatten.
Während ich auf Kaution meine Freiheit genoß und auf meine Verhandlung wegen Unzucht mit Minderjährigen wartete - aus meinem Job war ich bis zur Urteilssprechung ebenfalls rausgeflogen -, kam eines Abend Jon Rhys Jones heimlich zu mir geschlichen.
»Es tut uns allen schrecklich leid, Junge«, war der Kern dessen, was er mir erzählte. »Sie können sich sicherlich vorstellen, wie wir uns fühlen. Immerhin haben wir ja fast alle Familie und zum Teil auch Familienunternehmen. Denken Sie nur an die Metzgerei. Ich meine, da können wir uns doch nicht mit einer Orgie in Verbindung bringen lassen! Es war schon gut, daß Mitzi sich einem Mann wie Tom anvertraute ...«
Das war es also.
Die wahre Ironie an der Sache war, daß ich wirklich mit ein paar Monaten Gefängnis hätte davonkommen können oder vielleicht sogar mit Bewährung. Aber nicht in Anbetracht dessen, was ich gesagt hatte. Dies trug dazu bei, daß ich mich einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen mußte.
Ich hatte von Fällen wie dem meinen schon früher einmal gehört. Jemand läßt sich etwas Geringfügiges zuschulden kommen, und schon wird der arme Teufel zum Born immerwährender Lebensfreude für einige überarbeitete Psychiater in unserem Gefängnissystem. Da man ihn als verrückt ansieht, ist es möglich, daß er ganze fünf Jahre innerhalb der Mauern verbringt, oder sogar zehn.
Ich schluckte schnell meinen Stolz hinunter und schwor, daß ich gelogen hätte.
Und niemand glaubte mir.
Wegen der Zeitungsannoncen. Was besonders bitter war, da ich die niemals hätte zu erwähnen brauchen.
Außer daß ich es mußte, um zu erklären, wie sich die Interessengemeinschaft Traumstörung zusammengefunden hatte.
Außer daß es dazu niemals gekommen war, wenn man die anderen hörte - deren Namen ich übrigens aus einem
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