anderbookz Short Story Compilation II
irgendwo eine Glocke in dem Hain anschlug. Etwa hundert Yards entfernt begann die Luft zu leuchten, und der reinste Aladinspalast - ein Bauwerk irgendwo zwischen dem Taj Mahal und einer chinesischen Pagode - entstand aus dem Nichts ähnlich einem Polaroidbild, das nach der Belichtung schnell Konturen gewinnt. Eine Gruppe von Leuten in fließenden Gewändern kam heraus, barfuß, und eilte auf unsere Rotunde mit der Festtafel zu. Als sie uns bemerkten, blieben sie abrupt stehen.
Nur ein Mann und eine junge Frau setzten ihren Weg fort. Sie glich der jungen Brigitte Bardot, während er aussah wie Cary Grant in den mittleren Jahren.
Und was die anderen anging: Omar Sharif, Greta Garbo, Sophia Loren, alle hatten ihr bestes Aussehen ... Ich gab es auf.
»Donnerwetter!« rief Mitzi. Sie war von uns die einzige, die so gekleidet war wie die Fremden. Deshalb hat die Bardot sie wohl zuerst angesprochen.
»Wie hierher?«
»Wir sind auf der Leiter in Mr. Pecks Wohnung heraufgestiegen ...«, begann Mitzi.
»Wohnung?«
»Zu großen Haufen aufgestapelte Heimstätten«, mischte Cary Grant sich ein. »Zwanzigstes bis einundzwanzigstes Jahrhundert. Bevorzugte Wohngegend. Muß schon lange zurückliegen. Merkwürdigst.«
»An der Decke war ein Leuchten. Und hier ist es auch.« Mitzi wies auf die Rotunde.
Die Bardot stieg die Treppe hinauf. Währenddessen begann ich, Cary Grant von unseren Träumen von Kallopies und Koozels zu erzählen, doch die Bardot kam schon zurück, ehe ich damit fertig war.
»Stimmt. Hab runtergeschaut. Überraschung für zwei darunter.«
»Müßt Ihr eigentlich immer in dieser Kreuzwortsprache reden?« grollte Don Thwaite.
»Kreuzwort?« Die Bardot schaute leicht verwirrt. »Nein, kein Ärger. Psychophysische Schwachstelle entdeckt. Vielleicht exzessive Realitätsveränderung?«
Cary Grant knuffte sie in die Seite. »Zeitreisende, angelockt von Traumspeisen. Tolle Sache.«
»Ich weiß nicht, ob ich träume oder wache«, machte Mitzi sich bemerkbar.
Cary Grant legte ihr die Handfläche auf die Stirn, als wollte er feststellen, ob sie Fieber hatte.
»Frustrationsgrad sieben«, teilte er der Bardot mit. »Verlangensgrad zwölf! Phantasiegrad zehn. Paßt!«
»Ein Loch in der Zeit«, meinte die Bardot. »Problemhaft.«
»Unsinn. Harmlos. Stell dir vor, wir holen Menschen aus Prä-Traum-Ära. Aus Zeitalter von Schlaf und harter Wirklichkeit. Spearshaker zum Beispiel. ›Phantasie Gebilde von unbekannten Dingen ausgebiert, formt ihnen Gestalt, schafft dem luftgen Nichts einen festen Wohnsitz‹, was? Anschließend Erinnerung auslöschen. Sicher.«
»Vergiß nicht: Unterbewußte Erinnerung nicht löschbar. Außerdem, so kommen eher Schwarz- als Weißträumer zusammen. Zauberer, Hexen, Schamanen. Denk an Zahl dreizehn.«
»Was hat denn die Nummer dreizehn nun mit all dem zu tun?« unterbrach ich ihr Gespräch.
»Immer langsam«, winkte die Bardot ab. »Hier drin dreizehn Resonanzkristalle implantiert.« Sie berührte ihre eigene Stirn. »Damit zapfen wir Energie an. Des Wirklichkeitsflusses. Energie in Materie; Materie in Energie. Gesamtes Universum oszilliert ständig zwischen Wirklichkeit und Unwirklichkeit hin und her, als wäre alles nur ein Traum in dem kosmischen Gehirn. Daher schnapp’s dir, wenn’s vorbeifliegt; verändere Teile, wie du willst. Ändere Selbstform. Bereite dir Traumessen, wie du sonst niemals könntest. Natürlich ganze Sache überaus kommerziell ausgerichtet. Großes Comp-Gehirn koordiniert alle Geister mittels Kristallen. Traummuster patentiert und lizenziert. Sonst Anarchie.«
»Wollen Sie behaupten, Sie können die Realität willkürlich verändern? Daß Sie Eingebildetes real werden lassen?«
Die Bardot nickte. »Welt nichts als ein Traum. Daher Wissenschaft ...«
Und sie erklärte es ausführlich, aber ich verstand kein Wort davon. Sie wandte sich gerade der ökonomischen Seite des ganzen Komplexes zu - mentaler Marktdruck, psychophysisches Angebot und Nachfrage -, als Cary Grant Mitleid mit mir bekam. Er schlug mir auf die Schulter.
»Eßt, trinkt, vergnügt euch.« Er winkte dem Rest der Leute zu, die sich in Filmstars unserer Zeit verwandelt hatten.
»Moment mal«, ließ Max Edmunds sich vernehmen, »wenn dies eine Welt aus Träumen ist, die zur Realität gemacht wurde, dann möchte ich wissen, wie diese Welt wirklich aussieht.«
»Darunter? Unter den Schichten von Träumen? Zusammendrückt wie geologische Ablagerungen?« Cary Grant zuckte die Achseln. »Wer
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