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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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Moment stehen, verwirrt, und rief sich den kurzen, irritierenden Anblick in sein Gedächtnis zurück. Etwas stimmte nicht daran. Diese Frauen, da war er sich ziemlich sicher, gehörten zu den Bürgern; kleine, schlanke, elfengleiche Wesen, dunkelhaarig und mädchenhaft - das Standardmodell. Aber der Mann? Diese dichte Fülle von krausem, rotem Haar? Das war kein Bürger. Bürger mochten keine langen Haare. Und dann auch noch rot. Er hatte auch noch nie einen Bürger gesehen, der so vierschrötig, so muskelbepackt war. Oder einen mit einem Bart. Aber ein Temporäre konnte das auch nicht sein. Phillips konnte sich keinen Grund denken, warum ein derartig angelsächsisch aussehender Temporäre in Mohenjo-daro sein sollte, und es wäre auch undenkbar für einen Temporären, sich Bürgern gegenüber so ausgelassen zu verhalten.
    »Charles?«
    Er sah auf. Belilala stand am Ende des Durchgangs in einem Kranz von strahlendem Sonnenlicht. »Charles«, sagte sie erneut. »Hast du dich verlaufen?«
    »Ich bin direkt hinter dir«, antwortete er. »Ich komme schon.«
    »Wen hast du da drinnen getroffen?«
    »Einen Mann mit einem Bart.«
    »Mit was?«
    »Mit einem Bart«, wiederholte er. »Rotes Haar, das aus seinem Gesicht wächst. Ich möchte wissen, wer er ist.«
    »Niemand, den ich kenne«, meinte Belilala. »Der einzige mit Haaren im Gesicht, den ich kenne, bist du. Und deine sind schwarz, und du rasierst sie jeden Tag ab.« Sie lachte. »Komm jetzt mit! Ich sehe gerade einige Freunde am Pool.«
    Er holte sie ein, und sie gingen Hand in Hand hinaus auf den Hof. Augenblicklich kam ein Diener auf sie zu, ein serviler kleiner Temporäre, der ein Tablett voller Getränke trug. Phillips bedeutete ihm zu gehen und steuerte das Becken an. Er fühlte sich entsetzlich ausgeliefert, er bildete sich ein, daß die Bürger, die sich hier amüsierten, ihn scharf musterten und seinen haarigen, primitiven Körper betrachteten, so als sei er ein mythisches Wesen, ein Minotaurus oder ein Werwolf, der eigens zu ihrem Vergnügen herbestellt war. Belilala entfernte sich, um mit jemandem zu sprechen, und er glitt ins Wasser, dankbar für die Deckung, die es ihm bot. Es war tief, warm, tröstlich. Mit raschen, kraftvollen Arm- und Beinstößen durchschwamm er das Becken von einem Ende zum anderen.
    Ein Bürger, der anmutig am Rand des Beckens saß, lächelte ihm zu. »Ah, du bist also doch noch gekommen, Charles!« Char-les. Zwei Silben. Einer von Gioias Gruppe: Stengard, Hawk, Aramayne? Er konnte sich nicht erinnern, welcher. Sie waren sich alle so ähnlich.
    Phillips erwiderte das Lächeln des Mannes halbherzig und zögernd. Er suchte nach einem Gesprächsthema und fragte schließlich: »Bist du schon lange hier?«
    »Wochen. Vielleicht auch Monate. Was für ein Wunderwerk diese Stadt ist, nicht, Charles? Diese völlige Einheit der Atmosphäre, diese totale Verwirklichung einer völlig einseitig ausgeprägten Ästhetik ...«
    »Ja. Einseitig ist das richtige Wort«, bemerkte Phillips trocken.
    »Es ist eigentlich Gioias Wort. Gioias Ausdruck. Ich habe ihn nur zitiert.«
    Gioia. Er fühlte einen Stich.
    »Hast du kürzlich mit Gioia gesprochen?« fragte er.
    »Nein, nicht direkt, Hekna hat sie getroffen. Du erinnerst dich an Hekna, nicht wahr?« Er deutete auf zwei nackte Frauen, die auf der Ziegelumrandung des Beckens standen, schwatzten und an Fleischstückchen knabberten. Sie hätten Zwillinge sein können. »Dort steht sie, neben deiner Belilala.« Hekna, ja. Dann mußte dies Hawk sein, dachte Phillips, es sei denn, es hatte kürzlich ein Wechsel der Paare stattgefunden. »Wie süß sie ist, deine Belilala«, sagte Hawk. »Gioia hat sehr gut gewählt, als sie sie für dich aussuchte.«
    Wieder ein Stich, diesmal tiefer. »Stimmt das?« fragte er. »Gioia hat Belilala für mich ausgewählt?«
    »Aber natürlich!« Hawk schien erstaunt. Es verstand sich doch von selbst! »Was hast du gedacht? Daß Gioia einfach verschwinden und dich dir selbst überlassen würde?«
    »Kaum, nicht Gioia.«
    »Sie ist sehr zärtlich, sehr freundlich, nicht wahr?«
    »Du meinst Belilala? Oh, ja, sehr«, sagte Phillips vorsichtig. »Sie ist eine wunderbare Frau, sehr lieb. Aber ich hoffe trotzdem, bald wieder mit Gioia zusammen zu sein.« Er schwieg. »Ich habe gehört, daß sie seit der Eröffnung in Mohenjo-daro sein soll.«
    »Ja, sie war hier.«
    »War?«
    »Du kennst doch Gioia«, sagte Hawk leichthin. »Sie ist mittlerweile natürlich weitergezogen.«
    Phillips

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