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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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sie nicht. An Willoughby gewandt, sagte er: »Haben Sie irgendeine Vorstellung, wo Sie sich hier befinden?«
    Der Engländer hatte ganz richtig vermutet, daß er in Indien war: »Ich glaube, daß dieses kleine Mohrenvolk vom Stamme der Hindu ist«, sagte er. Aber das war alles, was er über sein Schicksal zu erfassen vermochte.
    Es war ihm nicht aufgegangen, daß er nicht länger im 16. Jahrhundert lebte. Und selbstverständlich kam er nicht auf die Idee, daß diese fremde und düstere Backsteinstadt, in der er sich wiedergefunden hatte, ein Wanderer aus einer Zeit war, die weiter zurücklag als seine eigene. Gab es einen Weg, überlegte Phillips, ihm das klar zu machen?
    Er war erst seit drei Tagen hier. Er glaubte, daß es Teufel gewesen waren, die ihn davongetragen hatten. »Während ich schlief, holten sie mich - Gott allein weiß, warum - und warfen mich im nächsten Augenblick hinein in dies verdorrte Reich, fern von England, wo ich geruht bei Freund und Familie und Drake und sein Schiff erwartete. Ihr kennt Drake, den ruhmreichen Francis? Bei Gott, da habt Ihr einen Seemann! Das off’ne Meer war wieder unser Ziel, jedoch nun bin ich hier, an diesem fremden Ort.« Willoughby beugte sich zu ihm und fragte: »Ich bitt’ Euch, Wahrsager, wie geht es an, daß ein Mann sich in Plymouth zur Ruh’ begibt, jedoch erwacht in Indien? Das ist höchst befremdlich, denkt Ihr nicht auch?«
    »Das ist es«, bestätigte Phillips.
    »Doch wer einmal auf dem Tanzboden steht, der muß mittanzen, auch wenn er nur zu hüpfen vermag, was? Das glaub’ ich gewiß.« Er deutete auf die beiden Bürgerfrauen. »Und dafür, um mich zu trösten in diesem Heidenland, hab’ ich mir unter diesen kleinen Portugiesenweibern nun diese als Gespielinnen mir erwählt.«
    »Portugal?« sagte Phillips irritiert.
    »Was anders wohl als Portugiesen mögen sie sein? Sind sie es nicht, die die Küsten von Indien beherrschen? Seht, die Menschen hier sind von zweierlei Gestalt, die Mohren und die hellhäutigen, die Herren und Meister, die hier in diesen Bädern sich vergnügen. Wenn sie keine Hindus sind, so denk’ ich, müssen sie wohl Portugiesen sein.« Er lachte, zog die Frauen an sich und drückte ihre Brüste, als wären sie Früchte an einem Weinstock. »Ist nicht das, was ihr seid, ihr kleinen schamlosen, nackten Papistenweiber - ein portugiesisch’ Paar?«
    Sie kicherten, gaben aber keine Antwort.
    »Nein«, sagte Phillips. »Dies ist zwar Indien, aber nicht das Indien, das Sie zu kennen glauben. Und diese Frauen sind keine Portugiesen.«
    »Nicht portugiesisch?« wiederholte Willoughby erstaunt.
    »Nicht mehr als Sie. Ganz sicher.«
    Willoughby strich über seinen Bart. »Fand ich diese Portugiesen doch auch recht befremdlich, ich gesteh’s. Nicht eine Silbe ihrer Sprache vernahm ich auf ihren Lippen. Auch ist es wundersam, daß sie hier in diesen Bädern nackt umherrennen, wie Adam und Eva, und mir gestatten, mich frei mit ihren Weibern zu vergnügen, was sonst daheim nicht der Portugiesen Art ist, bei Gott. Doch dacht’ ich mir, sie hätten fern von zu Haus anders zu leben sich erwählt.«
    »Nein«, sagte Phillips. »Ich sage Ihnen, das sind weder Portugiesen noch irgendein anderes europäisches Volk, das Ihnen bekannt ist.«
    »Ich bitt’ Euch, was sind sie dann?«
    Sei jetzt vorsichtig, warnte Phillips sich selbst, ganz behutsam.
    Laut sagte er: »Es ist nicht ganz verkehrt, sie sich als eine Art Geister vorzustellen - oder sogar Dämonen. Oder Magier, die uns aus unserer rechtmäßigen Welt herausgezaubert haben.« Er schwieg, suchte nach einem Weg, auf dem er dieses Geheimnis, das sie beide betraf, mit Willoughby auf eine ihm verständliche Art teilen konnte. Er holte tief Atem. »Sie haben uns nicht, nur über das Meer geholt, sondern auch über die Jahre. Wir sind beide weit in die Zeit, die noch kommt, hineingeworfen worden.«
    Willoughby sah ihn völlig verständnislos an.
    »Zeit, die noch kommt? - Tage, die noch ungeboren sind, meint Ihr? Fürwahr, ich begreife nichts von alledem!«
    »Versuchen Sie es zu verstehen! Wir sind beide Ausgestoßene im selben Boot, Mann! Aber wir können uns nicht gegenseitig helfen, wenn ich Ihnen das nicht begreiflich machen kann.«
    Kopfschüttelnd murmelte Willoughby: »Im Vertrauen, guter Freund, Eure Worte gelten mir höchste Meuterei. Heute ist heut, und morgen ist morgen, und bevor das Heute nicht zum Morgen wird, wie sollte da ein Mann von einem ins andere springen?«
    »Ich habe keine

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