anderbookz Short Story Compilation
zerstören. War dies alles Teil einer ausgeklügelten Strategie, die damals beim großen Knall festgelegt wurde? Oder veränderte ich gar die Geschichte, erleichterte ich die Voraussetzungen für den Sieg der D’drendt? War es vielleicht genau dies, was sie in der Schule mit dem »rückwirkenden Recht des Siegers« meinten?
Das Problem war also eigentlich weniger, daß ich gefährliche Dinge tun , sondern daß ich sie wissen wollte.
Angelo schüttelte den Kopf. »Ich halte mich lieber ganz aus der Politik raus, Schätzchen. Wir Neapolitaner neigen mehr zu den emotionalen und musischen Seiten des Lebens.«
Neapolitaner! Angelo stammte aus Jersey City, 1964. Ich fragte etwas spitz: »Hast du auf diesen Gebieten denn Fortschritte gemacht?«
»Ich mache mir weniger Sorgen um meine Fortschritte als um deine. Ich habe den Eindruck, daß du, seit du hier bist, mit niemandem geschlafen hast.«
»Was soll ich dazu sagen? Ich bin von Natur aus schüchtern.«
»Von Natur aus schüchtern! Erzähl mir doch nichts! Schließlich waren wir im Trainingsprogramm in der gleichen Klasse, und als du mit den Sturmaktionen anfingst, mußtest du praktisch täglich zur Behandlung herkommen. Und es dauerte zwei Jahre, bis du auch nur ein Wort mit mir sprachst außer ›Muß ich meinen Ärmel aufkrempeln?‹«
Ich grinste etwas blöde. »Ich war damals ziemlich mit mir selbst beschäftigt. Ehrlich, Angelo, ich hatte nie etwas gegen dich. Ich hatte anfangs eine ziemlich harte Kur bei Psych durchzustehen. Ich erinnere mich immer noch nicht besonders gut an meine Vergangenheit, vor der Rekrutierung meine ich. Aber seitdem bin ich doch entschieden mehr aus mir herausgegangen, oder?«
Er verdrehte die Augen. »Wann bist du das letzte Mal auf einer Party bei den Bürgern gewesen?«
»Ach, Angy, die sind doch tödlich langweilig.«
»Heute abend gibt’s eine in der Nordhalle. Eine Ex-Freundin von mir wird auch dort sein. Komm doch mit mir, dann kann ich sie damit beeindrucken, daß ich die Star-Stürmerin Ceece, den kalten Fisch, der mit niemandem was hat, herumgekriegt habe, mich zu einer Party zu begleiten.«
»Denken wirklich alle so über mich?«
»Keine Angst, meine Liebe, es erhöht nur deinen Status. Aber riskier doch mal einen kleinen Verlust, mir zuliebe!«
»Meinetwegen. Es wird mich schon nicht umbringen. Ich fände es ganz lustig, mal wieder zu sehen, welchen Verrücktheiten die Bürger im Augenblick frönen.«
Er küßte mich auf die Wange, reichlich keusch für einen angeblichen Neapolitaner. Schade, daß es keine echte erotische Spannung zwischen uns gab! Ich bewunderte Angelo sehr. Er kam offensichtlich gut zurecht in dieser Gesellschaft, in der wir uns nun einmal befanden. Das erinnerte mich an ...
»Angy, hast du irgend etwas über meinen neuen Auftrag von Mark gehört?«
Sein Gesicht wurde ausdruckslos. »Was sollte ich gehört haben?«
Das war störend. Und es war ganz Angelo. Er hatte ein Verhältnis zu Informationen wie manche Leute zu ihrem alten Krempel auf dem Dachboden: Er mag jetzt zwar nutzlos sein, aber warum ihn weggeben, wenn ihn eines Tages vielleicht jemand kaufen will?
Ich seufzte. »Also dann bis heute abend!«
Banny und die Mannschaft hielten den Zeitort bereits unter Beobachtung. Das paßte mir nicht. Ich war nicht daran gewöhnt, in einen bereits laufenden Vorgang hineinzuplatzen. Ich zog sie beiseite. »Was geht hier vor, Ban? Weißt du bereits, worum es geht? Oder muß ich erst die Anweisungen durchgehen, bevor ich frage?«
Sie wirkte etwas gequält. »Ich weiß nichts. Wir haben nur auf Marks Instruktionen hin angefangen. Niemand hat uns etwas in die Hand gegeben.«
»Mark hat dich selbst instruiert?«
»Manchmal schickt er Narses. Aber ... ja.«
Mark trieb also seine eigenen Zeitgeschäfte unter dem Ladentisch. Ich ahnte es doch, als er davon sprach, daß er selbst versucht hatte, die genaue Herkunft und Entstehungszeit der Möwe in Erfahrung zu bringen. Um solche Details kümmerte er sich nur dann, wenn er tatsächlich plante, das Stück selbst zu verkaufen. Es gab Anzeichen dafür, daß er heimliche Geschäfte mit den D’drendt tätigte. Gewiß verfügte er über weit mehr Geld und Macht, als sein Rang allein erklären konnte. Letztlich war er nur ein Sektionschef, einer von vieren, und zudem ein Mensch.
Ich wußte nicht genau, was er vorhatte. Banny aber war meine Sekundantin und mußte informiert werden. »Komm, wir setzen uns ein paar Minuten zusammen, bevor es losgeht, und
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