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anderbookz Short Story Compilation

anderbookz Short Story Compilation

Titel: anderbookz Short Story Compilation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas M. Disch , Doris Egan , Gardner Dozois , Jack Dann , Michael Swanwick , Tanith Lee , Howard Waldrop , Katherine V. Forrest
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ich das Treiben hier bewußt wahrgenommen hatte. Außerdem hatte ich eben noch in die nächste Holo hineingeschaut, die sie Brian Cornwall sendeten, und ich wollte den Nachgeschmack davon loswerden.
    Ich traf eine Menge alter Bekannter. Sie lächelten mir zu, manche grüßten. Zufrieden stellte ich fest, daß mein Status noch gut war. Ich gönnte mir ein kleines chinesisches Essen bei »Chan und Chin«. Das Lokal war wie gewöhnlich vollbesetzt mit Stürmern. Chan und Chin waren die einzigen Stürmer, von denen ich je gehört hatte, daß sie nach Erwerb ihrer Bürgerschaft in den Hallen geblieben waren. Schon vor Jahren hatten sie ihre vorläufige Lizenz abgelöst und verdienten sich seitdem eine goldene Nase. Ich erkannte einige Lehrer aus dem Trainingsprogramm wieder, und an ihrem Tisch saßen auch einige Stürmer, die offenbar bereits im Ruhestand waren. Das erkannte ich daran, daß sie alle ziemlich fett waren. Man kann sich das gierige Essen nach einer Sturmaktion nur sehr schwer abgewöhnen, und das scheint auch zu gelten, wenn man gar nicht mehr aktiv ist. Sie genossen immer noch einen hohen Status, waren geschätzt und machten sich noch beim Training der jungen Rekruten nützlich. - Aber sie waren keine Bürger und waren auch nicht zellstabilisiert. Ihre Gesichter waren durchfurcht von Altersfalten. Daß das nur nicht dir passiert, Ceece, sagte ich mir; sieh zu, daß du deine Bürgerschaft kriegst und hier herauskommst.
    Das ist leicht gesagt, aber ziemlich hart durchzuführen. Würde es mir gelingen, meinen Status weiter zu erhöhen, könnte man mir die Zellstabilisierung gewähren. Und mit den zusätzlichen Jahren würde ich genug Verdienstpunkte anhäufen können, um die Bürgerschaft zu erwerben. Ein Zeitraum von zwanzig, dreißig Jahren reichte dafür nicht aus. Aber es ist schwer, seinen Status selbst unter Kontrolle zu halten, und ich müßte äußerst vorsichtig sein, ihn um nichts zu riskieren. Ich könnte einen Verlust zwar wieder aufarbeiten, aber die Zeit, die es kosten würde, konnte ich mir nicht leisten. Ich dachte wieder an jene Stürmer dort. Sie waren draußen; sie konnten nicht mehr vollwertige Bürger werden, und ihr Status nützte ihnen auch nichts mehr.
    Es deprimierte mich, und davon hatte ich in den letzten Monaten eigentlich genug gehabt. Ich ging und schlenderte weiter durch die Halle, an der Schule vorbei. Auf dem Hof wurde gerade ein Konzentrationstraining durchgeführt. Ich kannte die Leiterin aus meiner eigenen Rekrutenzeit. Sie war überhaupt nicht gealtert. (Zellstabilisierung - oder doch ihre Natur? Doch halt! Ein Gesetz gab es: niemals danach zu fragen noch darüber zu reden.) Ein schweres goldenes Collier kretischer Herkunft trug sie um ihren straffen Hals. »Laßt euch ganz los«, hörte ich sie mit sanfter Stimme sprechen. Ich war noch dermaßen gut konditioniert, daß ich fast selbst versank. Die etwa zwanzigjährigen Rekruten hatten ihre Gesichter dem Schaltpult in der Mitte des Hofes zugewandt. Die meisten von ihnen wirkten mit ihren geschlossenen Augen völlig ausdruckslos und atmeten in einem Rhythmus, der mit der Vorgabe auf dem Bildschirm absolut übereinstimmte. Etwa ein Drittel jedoch wirkte nervös, irritiert, unsicher in bezug auf das, was sie erwartete. Nun, das würden sie bald begreifen müssen, dachte ich. Ich hatte niemals danach gefragt, was mit den Untauglichen geschah - die Antwort war mir ziemlich klar.
    Ich wählte den kürzesten Tunnel von der Schule zur Haupthalle - und stieß fast mit Dervan zusammen. Dervan hatte meine Träume beschäftigt (ja, jene Art von Träumen), seit man mich rekrutiert hatte. Er hatte mir den Rücken zugewandt, aber ohne hinschauen zu müssen, waren mir sein feingeschnittenes, zartes Gesicht, die geschwungenen Brauen und kobaltblauen Augen, das aquamarinschimmernde Federhaar, das sich über makellosen Öhrchen nach hinten in seinen Nacken schmiegte, zutiefst vertraut. Ich spürte eine innere Anspannung in mir aufsteigen - so war es immer in Dervans Gegenwart. Und ich wußte, ich mußte sehr, sehr auf der Hut sein.
    Es dauerte einige Sekunden, bis ich bemerkte, daß noch jemand im Tunnel war. Ein neunzehn-, zwanzigjähriger Rekrut, noch in Uniform, mit dem Dervan sprach. Er nahm mich überhaupt nicht wahr, ganz eingelullt in Dervans Blick und Stimme - geradeso wie Dervan und seinesgleichen es vermögen, wen auch immer sie wollen in ihren Bann zu ziehen.
    Dieser verdammte Dervan! Junge Leute aus dem Trainingsprogramm waren

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