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anderbookz Short Story Compilation

anderbookz Short Story Compilation

Titel: anderbookz Short Story Compilation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas M. Disch , Doris Egan , Gardner Dozois , Jack Dann , Michael Swanwick , Tanith Lee , Howard Waldrop , Katherine V. Forrest
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hinüber zum Schaltpult, um die Verbindung herzustellen, ließ sich nur die Sekunde Zeit, um ihre Pillen zu schlucken. Ich wollte, ich könnte sie auch nehmen, aber ich bin allergisch dagegen. Es grenzt an Ironie: Ich bin eine der besten Stürmerinnen, aber mein Körper ist den Wellen hilflos ausgeliefert.
    »Es kann losgehen, wenn ihr so weit seid.« Noch bevor ich den Satz beendet hatte, brauste der Ozean um mich herum auf und riß mich mit sich fort.
    Die Strömung war sehr stark. Ich nahm hier und da Formen und Gestalten in den Nebeln wahr, brauste aber an ihnen vorbei. Ich spürte, wie der Rausch der Geschwindigkeit und der Freiheit vom Körper mich erfaßte und trunken machte. Es war schon zu lange her. Allzu bald ließ die Strömung nach und kam fast zum Stillstand. Ich befand mich vor dem Zeitfenster. Jetzt konnte ich Menschen und Formen schon schärfer sehen, und ich wußte, alles würde noch deutlicher werden, wenn ich vor dem Fenster blieb. Aber ich wollte nicht bleiben, ich wollte noch etwas länger in der Strömung schwimmen. So riß ich mich los, versuchte die stärkeren Wellen zu erreichen, die am Rande der Hauptströmung dahinjagten. Doch da erklang mahnend Bannys Stimme und rief mich zurück in die Wirklichkeit des Laboratoriums. »Die Kontrollen zeigen an, daß du am Zeitfenster bist.« Gute Banny! Sie erinnerte mich an meine Pflicht und an die drohenden Strafen. Ich zwang mich also zum Fenster zurück.
    Im Zentrum des Fensters erschien das Museum. Alle Details waren in absoluter Schärfe zu sehen. Nur Brian Cornwall war nirgends zu entdecken, obwohl es mitten am Tage war, und er doch eigentlich im Dienst sein müßte. Ich erwischte eine Querströmung und schwamm in ihr nach draußen in einen kleinen Park mit einem Springbrunnen. Dort fand ich Brian. Ich hoffte, er zeichne etwas Hübsches, so daß wir eine Aufnahme machen könnten. Aber er war noch zu weit außer Sichtschärfe, um das zu erkennen. Als ich näher herankam, sah ich, daß er nur Tauben fütterte. Ich war enttäuscht, nahm aber die Gelegenheit wahr, ihn in seinem »wirklichen Leben« zu beobachten. Jemand, der kein Stürmer war, würde bei diesem Anblick wohl lachen müssen. Sein Zeitfluß war um 0,7 gegenüber meinem verschoben, und das war für mich, als sehe ich einen Film im Schnellauf. Die Bewegungen seiner Arme waren so plötzlich und zackig, wenn er die Körner auf das Pflaster streute. Mir gelang es natürlich, diesen Effekt außer acht zu lassen und mich auf sein Gesicht zu konzentrieren. Er hatte ein feines, nachdenkliches Gesicht. In seinen Augen aber lag ein gequälter Ausdruck, so als ginge er durchs Leben mit Schuhen, die heftig drückten. Armer Brian. Vielleicht wäre er sogar erleichtert, wenn er wüßte, wie wenig Zeit ihm noch blieb.

    Als ich nach meiner Erkundungsreise wieder im Laboratorium war, nutzte ich meine zweiminütige Gnadenfrist, um mit Banny über unsere Strategie zu beraten.
    »Gibt es eine genau Vorhersage, wann wir volle Synchronie erreichen? Wenn wir das nicht vor seinem Tod schaffen, verschwenden wir nur unsere Zeit.«
    »Sie sind sich nicht sicher. Das sind sie nie, du kennst doch die Leute von der Wettervorhersage. Aber bis zu seinem Tod sind es noch drei Monate, nach seiner Zeit. Es sieht also gut aus.«
    »Für uns ja«, stimmte ich ihr zu. »Aber es ist doch schade. Diese Zeichnung war doch einfach unglaublich.«
    »Er selbst sieht auch nicht schlecht aus«, sagte Banny und ich sah, daß sie sein Foto in der Hand hielt.
    Mir war an seinem Äußeren nichts Besonderes aufgefallen. Nun, zunächst war er blond, und das war schon nicht mein Typ. Darüber hinaus kam er mir recht durchschnittlich vor, abgesehen von seinem nachdenklichen Gesicht. »Jedem das Seine! Ich bevorzuge Leute wie Dervan.«
    »Dervan und seinesgleichen sind wie ein Traum. Für eine Menschliche ist dieser Mann hier gut genug.«
    Ich zuckte die Achseln. Über solche Dinge läßt sich nicht diskutieren. »Ban, hast du etwas von einer Party in der Nordhalle gehört ...« Ich brach den Satz abrupt ab und gab ihr hastig ein Zeichen. Meine zwei Minuten waren vorbei. Banny zog sich zurück und ließ mich allein. Ich beugte mich schnell über den Eimer, der immer neben meinem Stuhl bereitstand. Die nächste halbe Stunde würde mir wie eine Ewigkeit vorkommen. Oh Gott, wäre ich doch nicht allergisch gegen die Pillen!

    Auf dem Weg zu meiner Wohnung beschloß ich, einen Bummel durch die Stürmerhalle zu machen. Es war schon lange her, seit

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