anderbookz Short Story Compilation
irrenderweise unternommen habe, Euer rücksichtsvolles Entgegenkommen erwägen.«
»Wir sind immer erfreut über frische Vorräte. Diese Feste ist sich ihrer Isolation durchaus bewußt. Rastet ohne Bedenken.«
»Zu großzügig.« Die Augen des Kornkönigs flammten. Aber höflich fügte er hinzu: »Ich habe von Eurer Stadt gehört. Es gibt hier viel Kultur. Ihr habt eine Bibliothek mit Rollen aus Hellas und dem semitischen Byblos - ich lese viele Zungen und würde Euren Herrn gern um Erlaubnis bitten, seinen Büchern einen Besuch abstatten zu dürfen.«
Ich blickte auf Draco, amüsiert über die Dreistigkeit des Burschen, wenngleich sich natürlich alle Ostler für Gelehrte halten. Aber Draco starrte auf den Wagen. Dann war dort also etwas einen Blick wert, das mir entgangen war.
»Und wir haben exzellente Bäder«, sagte ich zu dem Kornkönig und ließ ihn so umgekehrt wissen, daß die verlorenen Kinder des Imperiums denken, all die gelehrten Ostler seien zudem auch ungewaschen.
Gegen Mittag war die gesamte Karawane durch die Mauern gekommen und hatte sich auf dem Marktplatz in der Nähe des Marstempels eingerichtet. Die Tempelpriester, von denen einige bereits beim Draconis-Regiment Dienst geleistet hatten, alte, alte Männer, waren nicht entzückt von diesem Zustrom. Im Frühling und im Sommer gingen die Händler in der Stadt ein und aus wie die Fliegen, und die Männer der Landbevölkerung kamen, um in Schmieden, Schmelzen und Gerbereien oder mit den Pferden zu arbeiten und bauten ihre lehmigen Strohhütten hinter dem unvollendeten Gesetzeshaus - die von den Winterregen immer wieder weggewaschen wurden, wenn ihre Bewohner gegangen waren. An solche Ereignisse waren die Priester gewohnt. Aber diese neue Darbietung mißfiel ihnen. Das Oberhaupt Salius kam zur Feste hinauf und stritt eine Weile mit Draco. Heiden, sagte der Priester, mit sonderbaren Ritualen und Unsauberkeit würden den Schutzgott der Stadt beleidigen. Draco schien mit anderen Gedanken beschäftigt.
Ich hatte die Jagd abgesagt und blieb jetzt, mit Salius zu reden und ihn in bessere Laune zu versetzen. Es würde sich nur um ein vorübergehendes Ärgernis handeln, erklärte ich ihm, und sicherlich sei die Karawane vom Gott selbst zu uns gelenkt worden, der nicht wollte, daß seine kriegerischen Söhne hungerten. Ich versicherte dem Priester, daß die Fremden, sollten sie ihre eigenen Götter verehren wollen, dabei sehr umsichtig würden vorgehen müssen. Das Dulden jeden religiösen Unfugs war, wie wir wußten, unklug. Sie würden nicht, dachte ich mir, Isua verehren. Es würde keine Greuel geben. Dann gelobte ich, Mars einen Eber zu opfern, falls es mir gelang, einen zu fangen, und der Tattergreis wackelte bleich und grimm von dannen.
Inzwischen kümmerte man sich um das Getreide. Die heidnischen Gottesbeleidiger hatten Säcke und Krüge davon und nebenbei auch fertiges Mehl. Eine ziemlich riskante Ladung für eine weite Reise, wie es schien: Güter, die verderben konnten, wenn es zu Verzögerungen kam oder wenn das Wetter sich gegen sie wandte. Und dann all das klirrende Gold. Das schwer bezahlte Gold. Ich hatte recht gehabt mit meinem zweiten Gedanken über den Zügelschmuck, ja es gab sogar Goldkörner, Glocken und goldene Blumen an den Wagen; und die Ochsen hatten vergoldete Hörner. Was die Männer betraf: Ringe und Schnallen, Bänder und Gürtel, alles strotzte vor Gold. Es war ein Wunder.
Als ich kurz vor Sonnenuntergang zu dem Lager hinüberging, sah ich mich danach um, ob irgend etwas nicht so war, wie es sein sollte. Aber sie hatten ihre Tiere eng genug gepflockt, und die Wagen mit ihrem blendenden Besatz und den klirrenden Bäuchen standen lautlos schimmernd und lange Schatten werfend im Licht der untergehenden Sonne. Säulen würzigen Rauches stiegen auf, aber nur von ihren Kochstellen. Jungen kümmerten sich darum, und Jungen hatten das Wasser aus dem Brunnen geschöpft - weder ich noch meine Männer hatten auch nur eine Frau zu Gesicht bekommen.
Schließlich wurde ich zum Wagen des Kornkönigs geführt. Er empfing mich davor, wo Webteppiche und mit goldenen Scheiben bestickte Kissen auf dem Boden verteilt waren. In der Nähe war ein Zelt in dunklem Purpur errichtet worden. Die goldbetreßten Seiten waren alle heruntergelassen und verwehrten jeden Einblick. Zwei oder drei Scheiben blinkten gelb aus den Falten. Dahinter erhob sich der steinerne Marstempel mit den gepflasterten Kolonaden, gleichermaßen verschlossen und augenlos
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