anderbookz Short Story Compilation
Fülle von Dingen, von polierten Spiegeln, von Fässern, Kästen und Truhen, von Kissen, toten Tieren und des Wohlgeruchs, vermittelte dieses Zelt den Eindruck von viel Raum. Sein Dach erstreckte sich straff und hoch, an ihm hingen drei goldene Räder mit Öllampen in kleinen goldenen Booten. Die Räder drehten sich träge einmal hierhin, einmal dorthin, in einem Wind, der aus dem Nichts kam und und im Nichts verschwand, ein Dämonenwind aus einer Wüste. Der Raum wurde durch einen Vorhang geteilt, schwarz und weit wie die Nacht, und auf dem Vorhang war ein großes Pergament befestigt. Es war bedeckt von einem weiteren Gewirr aus Bildern und Figuren, als solle nichts an diesem Ort ausgespart bleiben. Ein Baum wuchs darauf empor, mit zwei Vögeln an den Wurzeln, ein weißer Vogel mit einem rabenschwarzen Kopf und ein rußschwarzer Vogel mit dem Kopf eines Affen. Auch wand sich eine Schlange um den Baum, herum und herum und endete zwischen den unteren Ästen, wo sie auf eine gelbe Frucht blickte. Die Schlange hatte das Gesicht eines Mädchens mit langem, fließendem Haar. Darüber saßen drei Gestalten - die Richter der Toten aus Ägypten, hätte ich wohl gedacht, falls ich über sie nachgedacht hätte, mit einer Waage und Zauberstäben. Über dem Baum standen die Sonne und der Mond.
Ich legte die Hand an das Heft meines Schwertes und wartete. Draco hatte sich auf den Kissen niedergelassen. Ein goldener Krug stand nebst einer Schale bereit. Er streckte den Arm aus, schenkte sich ein und wollte trinken, bevor ich - widerstrebend - nach der Schale schnappte. »Laß mich zuerst. Bist du verrückt?«
Er lehnte sich gleichmütig zurück, als ich für ihn kostete und ihm dann die Schale zurückgab.
Dann teilte sich der Vorhang genau in der Mitte, und das Pergament mit ihm, direkt durch den Schlangen-Baum. Ich hatte den Müller erwartet, was statt dessen hereinkam, war ein schwarzer Hund mit einem goldenen Halsband. Er hatte die Statur eines Wolfes, war aber schlanker, hatte eine gefleckte Schnauze und beschnitten hochstehende, gefleckte Ohren. Seine Augen waren ebenfalls schwarz. Er stand gelassen da, wie ein Kämmerer und musterte uns, dann trat er zur Seite und legte sich, den Kopf immer noch beobachtend erhoben. Und dann kam die Frau herein, nach der Draco verlangte.
Für mich sah sie nach nichts Besonderem aus. Sie war von angenehmem Äußeren, schlank, aber wohlgerundet, ihre bloßen Arme und Füße hatten die Farbe hellen Bernsteins. Ein bis zur Brust reichender Schleier verhüllte wie dunkler Rauch ihr Gesicht und ihre Haare, aber er war durchscheinend genug, schwarze Locken und schwarze Aloeaugen sowie einen vollen, lohfarbenen Mund erkennen zu lassen. An ihr befand sich nur ein Hauch von Gold, eine gedrehte Torques aus weichem Metall, der ihren Hals in der Höhe der Kehle umschloß, und ein Ring an ihrer rechten Hand. Ich wunderte mich, was sie zuvor bei meinem Blick aus dem Augenwinkel hatte schimmern lassen, aber vielleicht hatte sie sich jetzt anders gekleidet, um schlichter zu wirken.
Sie verbeugte sich nach Ostlerart vor Draco, dann vor mir. Dann sprach sie uns in dem reinsten Griechisch an, das ich je gehört hatte:
»Edle Herren, ich muß Euch bitten zu schweigen, während ich arbeite, da Ihr sonst die Strömungen des Werks stören und es so beeinträchtigen würdet. Bitte setzt Euch«, als sei ich nur aus Höflichkeit stehengeblieben. Ihre Augen waren sehr schwarz, schwarz wie die Augen des Schakalhundes, schwarz wie die Nacht. Dann blinzelte sie, und ihre Augen blitzten. Ihre Lider waren golden bemalt. Und ich bemerkte, daß ich mich gesetzt hatte.
Was folgte, hielt ich sofort für ein Wahngebilde, das durch den Weihrauch und andere, weniger wahrnehmbare Mittel hervorgerufen worden war. Man kann nicht sagen, daß ich nicht glaubte, sie sei eine Hexe. Da war etwas Machtvolles in ihr, dem ich nie zuvor begegnet war. Es pulsierte aus ihr heraus wie Hitze oder ein intensiver Duft. Es machte sie nicht schön für mich, aber es ließ mich schweigen, wenngleich ich schwöre, daß ich meine Sinne und mein Schwert stets im Griff behielt.
Zuerst, und das ziemlich rasch, hatte ich den Eindruck, das gesamte Zelt würde nach oben weggeblasen, und wir befänden uns tatsächlich im Freien, unter einem Firmament mit Millionen Sternen, die hell flammten und glitzerten wie Diamanten. Die goldenen Räder allerdings blieben, wo sie waren, im Himmel jetzt, und sie drehten sich immer schneller, bis jedes ein massives
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