anderbookz Short Story Compilation
Weihnachtsmann und seinen Rentieren zu schmücken, und aus dem Lincoln Memorial wurde vorübergehend eine Gedenkstätte für den Weihnachtsmann. Der Geistliche Billy Graham verkündete, ein persönlicher Freund des Weihnachtsmannes und seiner Frau zu sein und schon des öfteren Gebetstreffen in dessen Workshop am Nordpol organisiert zu haben. Aber nichts half, um das öffentliche Vertrauen wiederherzustellen. Am 18. Dezember, eine Woche vor Weihnachten, stürzte der Dow-Jones-Index tiefer denn je zuvor.
In Antwort auf landesweite Bittgesuche seitens der Geschäftsleute wurde der nationale Notstand ausgerufen und Weihnachten um einen Monat auf den 25. Januar verschoben, zu welchem Zeitpunkt das Fest nunmehr gefeiert wird. Die Nationale Vereinigung der Fabrikanten unternahm intensive Anstrengungen, um den in Verruf gekommenen Weihnachtsmann gegen ihre Symbolfigur, die Großmutter Amerikas, einzutauschen. Großmutter Amerika hat gegenüber ihrem Vorgänger den klaren Vorteil, daß sie unsichtbar ist und durch Wände gehen kann. Jenes alte Problem, wie denn Kinder in kaminlosen Häusern an ihre Geschenke kommen, fällt damit flach. Die Hoffnung schien berechtigt, daß diese Kampagne Erfolg haben würde; doch dann regten sich plötzlich konkurrierende Interessensgruppen, die am Geschäft der Großmutter Amerikas keinen Anteil hatten und statt dessen Aloysius, den zaubernden Schneemann, ins Spiel brachten. Die Disney Corporation bereicherte das Fernsehprogramm um eine neue, allabendliche Serie unter dem Titel: Onkel Quetsch und der Geist der Weihnachtsgeschenke . Diese sich widerstreitenden und von verschiedenen Lobbyisten eingebrachten Ausgrenzungsversuche führten, wie vorauszusehen war, zu noch größerem Zweifel auf Seiten der Kinder und der Erwachsenen. »Früher war ich eine überzeugte Anhängerin des Weihnachtsmannes«, erklärte Bobbys Mutter in einem Exklusivinterview mit ihrem Sohn, »aber jetzt, bei dem ganzen Firlefanz um Großmutter Amerika und all den anderen Typen, weiß ich nicht mehr, woran ich glauben soll. Mir kommt das Ganze irgendwie schäbig vor. Und was Weihnachten angeht, so glaube ich, daß wir das Fest in diesem Jahr einfach ausfallen lassen.«
»Bobby und ich fanden das einfach schrecklich «, erinnerte sich während der diesjährigen Feierlichkeiten zur Verleihung des Pulitzer-Preises die hübsche, kleine (120 cm) Michelle Ginsberg an jene dunklen Novembertage. »Wir berichteten nach bestem Wissen und Gewissen über das, was wir als Tatsachen in Erfahrung bringen konnten. Nie hätten wir es für möglich gehalten, daß dies zur Rezession oder zu all den anderen Schwierigkeiten führen würde. Ich weiß noch, wie ich am Morgen des 25. Dezembers, der früher einmal als erster Weihnachtstag gefeiert wurde, vor meiner Strumpfhose gesessen habe, die schlaff und leer vorm Kamin hing, und Rotz und Wasser heulte. Das war wohl der schmerzhafteste Augenblick in meinem Leben.«
Dann, am 21. Januar, erhielt die Redaktion von Our Own Times einen Anruf vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, der die beiden Reporter Bobby und Michelle einlud, mit ihm im Präsidentenjet, der Spirit of ’76 , zu einer speziellen Überraschungsreise zum Nordpol zu fliegen.
Was sie dort sahen und wen sie trafen, erfuhr die Nation am Abend des 24. Januar, dem neuen Weihnachtsabend, während einer vom Präsidenten einberufenen Pressekonferenz. Bobby zeigte einen Polaroid-Schnappschuß von den Elfen, die in ihrer Werkstatt bei der Arbeit sind, und ein Foto von sich, wie er dem Weihnachtsmann die Hand schüttelt, der neben ihm im Schlitten sitzt, und eins, wo alle - Bobby, Michelle, der Weihnachtsmann, der Präsident und die First Lady - vor einem großen, gebratenen Truthahn am Tisch zusammensitzen. Anschließend las Michelle eine Liste der Geschenke vor, die sie und Bobby erhalten hatten. Geschätzter Gesamtwert: $ 18.599,95. Frank und frei kommentierte Michelle: »Soviel Knete kriegt mein Paps einfach nicht zusammen.«
»Michelle«, fragte der Präsident und zwinkerte mit den Augen, »glaubst du denn jetzt an den Weihnachtsmann?«
»Oh, natürlich. Keine Frage.«
»Und du, Bobby?«
Bobby schaute lächelnd auf die Spitzen seiner neuen Cowboy-Stiefel. »Na klar. Und nicht nur, weil er mir die tollen Geschenke gemacht hat. Sein Bart, zum Beispiel. Ich hab’ mal kurz daran gezogen und schwöre, daß er echt ist.«
Der Präsident legte die Arme um die beiden Kinder und drückte sie herzlich. Dann wurde er plötzlich ganz
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