Andere tun es doch auch (German Edition)
Entsetzen groß wie Wagenräder wurden, als er dieses Ding in echt gesehen hat, in dem …
Nicht abschweifen, ich muss jetzt endlich Frau Klapphorst absagen. Ich nehme mein Handy und … Nein, ich mache es doch lieber im Büro.
…
Seltsam, wie schnell man auf einmal wieder im Büro ist, wenn man einen Anruf vor sich hat, den man nicht machen will. Komisch still ist es hier gerade. Ob die anderen spüren, was ich hier gerade Gefährliches vorhabe? Mein Schreibtisch steht weit genug von ihnen weg, dass sie nicht mithören können, wenn ich in normaler Lautstärke telefoniere. Glaube ich zumindest. Was, wenn doch? Egal. Wenn wir den Auftrag verlieren, werde ich für den Rest meines Lebens meine Wohnung mit meinem schlechten Mitarbeitergewissen heizen können, egal, ob sie mitgehört haben oder nicht.
Aber es wird nicht so weit kommen. Ich meine, hallo, ein geschäftliches Abendessen verschieben, das geschieht doch dauernd. Genau in diesem Moment werden weltweit gerade Dutzende von geschäftlichen Abendessen verschoben, Hunderte, Tausende vielleicht. Es ist überhaupt nichts dabei. Nimm jetzt den Hörer! Wenn nur meine Hände nicht so zittern würden.
L ARA »Also, du findest auch, dass ich Adrian nicht wirklich angelogen habe?«
»Nein, Lara. Also, nicht wirklich gelogen.«
»Ich bin Cutterin. Im Prinzip ist es doch jedes Mal, wenn ich einen Film gucke, eine Fortbildungsveranstaltung für mich, oder, Kerstin?«
»Im Prinzip, ja.«
»Und ich will ja auch gar nichts von ihm, das ist doch das Entscheidende.«
»Klar. Wenn du was von ihm wollen würdest, dann wäre das was ganz anderes.«
»Genau. Also brauche ich kein schlechtes Gewissen zu haben.«
»Höchstens ein bisschen.«
»Höchstens.«
»Ja.«
»Eben.«
»So siehts aus.«
…
»Okay. Kannst du das jetzt bitte mal meinem schlechten Gewissen sagen? Es scheint das Wort bisschen nicht zu kennen.«
»Oje.«
»Mist.«
»Aber ändern kannst du es jetzt auch nicht mehr.«
»Kann ich nicht, oder?«
»Nein, glaub nicht.«
Plimplam! Plimplam!
»Oh, tschuldigung, ich muss mal um die Ecke.«
»Laraschatz, vor mir brauchst du dich nicht verstecken. Ich weiß, dass du eine mobile Hotelrezeption bist.«
»Tschuldigung, ist schon ein Reflex geworden.«
»Ich verstehe ja immer noch nicht, warum dir das so peinlich ist.«
»Pst … Hotel Royal, guten Tag, was kann ich für Sie tun?«
M ITTWOCH
K AI Seltsames Gefühl, wenn man sich absolut sicher ist, dass man den größten Fehler seines Lebens gemacht hat. So einen Mist kann wirklich nur einer verzapfen, der absolut nicht weiß, was er will. Selbst als ich Sonntagnacht von Lara in der Damentoilette ertappt wurde, habe ich mich wohler gefühlt als jetzt. Aber die Würfel sind gefallen, ich kann nichts mehr rückgängig machen.
Frau Klapphorst hat gerade Trüffelsuppe als Vorspeise und Kloßvariationen an Kürbis, Rotkraut und Korinthen als Hauptgang bestellt und nimmt nun den nächsten Schluck aus ihrem Aperitifglas.
»Ich bin schon gespannt auf Ihre neuen Büroräume, Herr Findling.«
»Hm? Oh, ja, ja, ich bin sicher, sie werden Ihnen wohlgefallfühlen, ich meine, wohl fühlen werden Sie sich, weil sie Ihnen gefallen … werden.«
Und beim letzten Wort verschlucke ich mich auch noch an einem Weißbrotkrümel und muss fürchterlich husten.
»Nehmen Sie einen Schluck Wasser, Herr Findling.«
»Köff … danke … köffköff.«
»Man könnte ja fast meinen, irgendwas stimmt nicht mit Ihren neuen Büroräumen.«
Ich nehme einen zweiten Schluck, sie wirft ihre glänzenden, nackenlangen braunen Haare nach hinten, und ich muss sofort wieder husten, weil es mich an Lara erinnert. Frau Klapphorsts Blicke wandern amüsiert auf mir herum.
»Nein, Frau Klapphorst, es ist alles in Ordnung mit dem neuen Büro. Viel großzügiger als das letzte. Und wunderbares Licht.«
»Trotzdem waren Sie eben bewundernswert kreativ in Ihrem Satzbau. Prost.«
»Prost. Frau Klapphorst, ein Vorschlag: Wollen wir versuchen, das Geschäftliche vor dem Essen zu besprechen? Dann können wir es richtig genießen.«
»Gute Idee. So viel ist es ja gar nicht.«
Natürlich ist es viel. Für mich jedenfalls. Wenn man allerdings, wie Frau Klapphorst, gestern mit dem Hochbau-Generalübernehmer für die neue Kopenhagener Staatsbibliothek getafelt hat, ist es natürlich nur ein Klacks. Und das merkt man ihr an. Sie rasselt die Punkte nur so herunter. Alles, was mir wichtig ist, wird sofort abgenickt. Eigentlich
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