Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Andere tun es doch auch (German Edition)

Andere tun es doch auch (German Edition)

Titel: Andere tun es doch auch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
Vom Netzwerk:
es beim besten Willen nicht mehr finden. Muss wirklich ein Vollrausch höchster Güteklasse gewesen sein.
    Also, Zusammenfassung: Es geht mir unverdientermaßen gut, und ich habe nicht viel zu tun. Nicht einmal einen Anruf wegen Großonkel Karl habe ich bekommen, obwohl mir die ganze Zeit schwant, dass es zu seiner Beruhigung nicht ausreicht, dass seine Hammondorgel endlich repariert ist. So riecht die Luft, die man nur vor ganz großen Stürmen atmet. Und wenn ich jetzt nicht gleich etwas zu tun kriege, rufe ich am Ende doch noch bei Lara an, und das wäre ein schwerer Fehler.
    Erst 11 Uhr. Ich vertiefe mich in die neue Detail, die teure Architektenzeitschrift, die mal wieder seit Tagen druckfrisch und ungelesen auf meinem Sideboard liegt. Warum eigentlich? Ich bin der Chef, verflixt nochmal. Ich darf die Detail während meiner Arbeitszeit lesen, sogar den Playboy, wenn ich will. Ich muss mich endlich mal daran gewöhnen.
    Eine halbe Stunde später habe ich aber den Hals schon wieder voll von den hochglanzbebilderten Supertoll-Projekten der Architektenkollegen. Dieses Blatt ist doch in Wirklichkeit nur da, um mich neidisch zu machen. Da sehe ich lieber noch einmal den Bauzeitplan durch, obwohl ich den schon fast auswendig kann. Zum Glück ist nach dem Mittagessen erst mal ein Termin mit dem Villeroy-&-Boch-Vertreter, und anschließend gehe ich mit Frank Kaffee trinken.
    L ARA    Ich werde auf jeden Fall gleich sterben. Die Frage ist nur, versuche ich vorher noch nach Hause zu kommen, oder sterbe ich einfach hier in dem letzten Hotelzimmer, das ich gerade für Herrn Rockerer fertiggeputzt habe? Mein Körper ist klar für Letzteres, mein Geist ist allerdings unentschieden. Wenn ich mich noch nach Hause schleppe, gäbe es immerhin die kleine Chance, dass ich Kai auf der Straße treffe, bevor ich sterbe. Und vielleicht tut mir die frische Luft ja auch ganz gut. Ich lege mich zu Hause ein bisschen hin, sterbe nicht und schaffe heute Nachmittag sogar noch einen Kaffee mit Kerstin? Nein, man muss realistisch bleiben. Ich bin heute um halb fünf Uhr morgens mit fürchterlich flauem Magen aufgestanden, habe mich aus Adrians Wohnung geschlichen, bin ins Hotel gefahren, habe Frühstück vorbereitet und danach fünf Zimmer geputzt. Das kann man nicht überleben. Aber gut, ich versuche nach Hause zu kommen. Das ist wenigstens ein halbwegs würdiger Rahmen. Ist ja immerhin mein Tod.
    Nein! Falsche Entscheidung. Herr Rockerer kommt den Flur hoch. Ich wäre doch besser eben im Hotelzimmer gestorben. Oder, noch besser, bevor ich überhaupt angefangen habe zu putzen. Ich bin so blöd.
    »Ja, die Lari! Du, die Jenny hat gsagt, dass ihr gestern abends noch a Party ghabt habt. Hättst wos gsogt, hätt i a anders Madl bschtellt für heit Morgen.«
    Haha, das glaubt der doch wohl selber nicht. Gestern wäre die Ansage »Geht net anders, Lari, sonst kenna mir zuamacha« gewesen. Für wie blöd hält der mich eigentlich?
    »Aber dofür host jetzt des ganze Wochenend frei. Da kannst heit Abend gmütlich a paar Cocktails saufa geh, haha!«
    Allein sein Anblick verursacht mir schon Brechreiz wie fünf Apomorphintabletten. Warum muss er jetzt auch noch das Wort Cocktails in den Mund nehmen? Zum Glück ist mein Körper schlau genug, um sich zurückzuhalten. Er weiß genau, dass er die Sauerei selbst wieder wegputzen müsste.
    K AI    Ich mag Herrn Bielewitz, den Villeroy-&-Boch-Vertreter. Nicht nur, dass er hervorragend gepflegte, rahmengenähte Schuhe trägt, er ist auch sonst durch und durch Gentleman und keiner von den üblichen widerlichen Vertriebsheinzen. Gerade für ihn ist Toilettenschüsseln-Anpreisen natürlich ein harter Job. Seine Haltung verbietet es ihm, bei diesem Thema Standard-Vertretersätze wie »Die habe ich selbst ausgiebig getestet« zu benutzen. Seine Lösung: Er listet stattdessen Promis auf, die angeblich alle darauf kacken. Und ich stelle mir das während seiner Erzählungen gerne 1:1 vor. In meiner Phantasie sitzen dann alle von Boris Becker bis Rolf Zacher in einer langen Reihe auf ihren Töpfen und wetteifern darum, wer zuerst … Heute gewann Otto Waalkes knapp vor Marietta Slomka. Die besten Dinge im Leben sind eben doch frei.
    Fast hätten wir uns verplaudert, aber zum Glück hat Frank angerufen, dass er ein paar Minuten später kommt, so dass ich so tun konnte, als hätte ich den ganzen Tag nichts anderes als unsere Verabredung im Kopf gehabt. Ich stehe auf, streife mir mein Jackett über und winke im

Weitere Kostenlose Bücher