Andere tun es doch auch (German Edition)
arbeitslos?«
»Nein, nein, er sitzt im Büro. Und wenn der Arme nur halb so einen Schädel hat wie ich, tut er mir echt leid.«
»Und? Wann seht ihr euch wieder?«
»Weiß noch nicht. Aber ich halte es nicht mehr lange aus. Ich ruf ihn nachher gleich an.«
»Wie bitte? Ausgerechnet du wirst ihn anrufen?«
»Auf jeden Fall.«
»Hey! Darf ich dich daran erinnern, was du sonst immer sagst? Er hat deine Nummer, er muss dich anrufen .«
»Jaja.«
»Und: Wenn ein Mann nicht anruft, steht er einfach nicht auf dich. So sind die heiligen, ewigen Mann-Frau-Regeln .«
»Ich halts aber einfach nicht mehr aus, Punkt. Dann kann ich ihn doch anrufen, oder?«
»Was fragst du mich auf einmal?«
»Oh Mann, jetzt mach mich nicht unsicher!«
»Na gut, du kannst ihn anrufen, Kerstin.«
»Danke, Lara. Weißt du, ich würde sonst einfach platzen. Hm, und da gibt es allerdings noch was, was du wissen solltest.«
»Sag schon, hat Kai mit einer anderen angebandelt? Das ist mir so was von scheißegal.«
Warum schnappt ausgerechnet jetzt meine Stimme über? Es ist mir wirklich völlig megasuperscheißegal, echt. Ich bringe ihn einfach heute noch um, und der Fall ist erledigt.
»Moha arbeitet in Kais Büro.«
Plimplam! Plimplam!
»Hier ist der automatische Anrufbeantworter des Hotel Royal, ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass im Moment alle Leitungen belegt sind! Wehe, Sie rufen nochmal an! … ER ARBEITET FÜR KAI ?«
»Tja, ich weiß schon, irgendwie komisch, die Konstellation.«
»Ach was, komisch. Wir lassen einfach nicht zu, dass der arme Kerl weiter für den Gummistiefeldepp arbeitet. Wir suchen ihm einen neuen Job, und zwar einen, in dem er mindestens doppelt so gut verdient. UND DANN KANN KAI MAL SEHEN, WAS ER FÜR EIN ARMSELIGER … ARMSELIGER … «
»Jetzt beruhig dich mal, Lara.«
» ICH BIN RUHIG … Bin ich. Total ruhig.«
»Vielleicht finden wir ja wirklich einen neuen Job für ihn. Ich kenne ein paar Architekten. Richtig gute sogar.«
»Besser heute als morgen. Telefonier gleich mal rum.«
»Andererseits, irgendwie ist Moha auch ein bisschen mit Kai befreundet.«
»Dann erst recht!«
»Na gut, ich behalte es im Hinterkopf. Aber jetzt rufe ich ihn erst mal an. Oh Gott, bin ich aufgeregt! … Und du meinst wirklich, es ist kein Fehler, ihn anzurufen?«
»Nein, nein, auf keinen Fall.«
Was bin ich für ein Arsch. Ich sage das doch nur, weil ich im Moment nicht die Nerven dafür habe, dass Kerstin mich ab jetzt im Zehn-Minuten-Takt mit »Er hat immer noch nicht angerufen«-Meldungen traktiert. Natürlich ist es ein Fehler, oder? Ihn anrufen, das macht man einfach nicht. Aber jetzt noch zurückrudern, dafür habe ich erst recht nicht die Nerven.
»Okay, dann tu ich es jetzt.«
»Mach das.«
»Oh, ich zittere! Halt mir die Daumen!«
»Mach ich. Alles wird gut.«
Ich lege das Handy zur Seite und gucke auf die Straße. Irgendwie hasse ich mich gerade ein klein wenig. Dafür, dass ich mich aufgeregt habe. Dafür, dass ich Kerstin keine Stütze beim Nicht-Anrufen sein kann. Und am meisten, am allermeisten, am allerallerallermeisten aber dafür, dass ich erleichtert bin, dass Kerstin keine Knallfrösche in Kais Heschung-Captoesonstwas-Krokofantenleder-Schuhe gesteckt hat.
K AI Ich bin wirklich kein Montagsjammerer, aber was zu viel ist, ist zu viel. Zum einen ist da mein Kopf, in dem ein gigantisches Monster aus Müdigkeit, Schwindel und Schmerz tobt und das man wohl nicht mal mit einem Drink von Angelina besiegen könnte. Zum anderen ist da das Telefon, das im Zehn-Minuten-Takt klingelt und mein Kopfmonster jedes Mal zum Aufheulen bringt. Zum Dritten hat Joan sich krankgemeldet. Zum Vierten sind die anderen zwar alle da, aber ich sehe keinen von ihnen in der Verfassung, die eingehenden Anrufe entgegenzunehmen. Jeffrey ist in einer anderen Welt und muss drei Mal angesprochen werden, bevor er überhaupt »Hm?« macht, Alyssa ist zwar ansprechbar, aber sie grübelt die ganze Zeit darüber nach, was sie gestern alles gesagt und getan hat, und welche Rolle meine Badewanne dabei gespielt hat, und Moha grinst dermaßen von einem Ohr zum anderen, dass er vorübergehend den Verstand verloren haben muss.
Es bleiben Jochen und ich, und Jochen kann man auch im Normalzustand an keinen Anruf heranlassen, geschweige denn, wenn er kaum geschlafen hat. Wir haben uns also darauf verständigt, dass ich die Anrufe entgegennehme und ihm die gemeldeten Brände von der Löwenstein-Baustelle zum Löschen
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