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Androidenträume

Titel: Androidenträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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es nicht machen musst. Insgesamt besitzen wir mehr Computerkapazität als alle menschlichen Gehirne in Massachusetts zusammengenommen. Allerdings kommt meine Ex von dort, so dass man mit einer solchen Schätzung vielleicht etwas vorsichtig sein sollte.«
    »Benutzt ihr im Moment sämtliche Kapazitäten? Ich hätte hier nämlich ein kleines Projekt, für das ich etwas zusätzliche Rechenleistung brauchen könnte.«
    »Wie viel?«, fragte Bill.
    »Wie viel habt ihr übrig?«, fragte Creek zurück.
    »Ach, so ein Projekt meinst du«, sagte Bill. »Weißt du, als ich dir das letzte Mal Rechenzeit überlassen habe, wurden mir anschließend die Leviten gelesen. Mein damaliger Chef wollte mich schon feuern, bis ich erwähnte, dass deine Arbeit zwar nicht direkt im Zusammenhang mit der Wetterbeobachtung und -vorhersage steht, dass das aber noch viel weniger für seinen lesbischen Pornosimulator gilt. Danach einigten wir uns darauf, die Sache auf sich beruhen zu lassen.«
    »Ich wollte nicht, dass du meinetwegen Schwierigkeiten bekommst«, sagte Creek.
    »Mach dir deswegen keine Sorgen«, sagte Bill. »Kurze Zeit später ist er sowieso gegangen. Jetzt ist er Dozent für Technologie am Smith College. Erinnere mich in etwa zwölf Jahren daran, dass ich meine Tochter nicht dorthin schicken soll.«
    »Abgemacht.«
    »Super«, sagte Bill. »Jetzt wollen wir mal sehen. Die Hurrikansaison hat begonnen, was bedeutet, dass wir derzeit ziemlich gut ausgelastet sind. Also kann ich für dich keine Rechenzeit an den großen Kisten abzwacken. Aber ich hätte da etwas, das vielleicht passt, eine IBM-Box, die momentan nichts zu tun hat, weil sie demnächst ausgewechselt werden soll. Sie hat schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und ist demnach nicht mehr ganz in Topform, aber du hättest sie ganz allein für dich. Und es würde bedeuten, dass sich niemand beschwert, falls dein kleines Projekt plötzlich sämtliche Rechenleistung beansprucht. Es wird überhaupt niemand etwas bemerken, und damit kann ich wunderbar leben.«
    »Bill, das klingt perfekt«, sagte Creek. »Jetzt bin ich dir einen Gefallen schuldig.«
    »Nein«, widersprach Bill. »Ohne dich wäre ich gar nicht mehr am Leben. Abgesehen von Geld oder Sex gäbe es kaum etwas, worum du mich bitten könntest und was ich dir nicht geben würde.«
    »Das ist schon sehr lange her«, sagte Creek. »Ich finde, dass wir allmählich den Zustand des karmischen Gleichgewichts erreicht haben.«
    »Sagst du«, entgegnete Bill. »Eigentlich hätten wir alle auf Pajmhi draufgehen müssen. Jeder Tag, den ich erlebe, ist ein Bonustag für mich. Obwohl man in der Gleichung den Faktor berücksichtigen muss, dass ich lange genug am Leben war, um heiraten zu können, und das bedeutet, dass du indirekt für meine Scheidung verantwortlich bist.«
    »Das tut mir leid.«
    »Vergiss es«, sagte Bill. »Es hätte schlimmer kommen können. Diese Episode hat mir ein wunderbares Kind beschert.«
    »Das du nicht aufs Smith College schicken solltest«, sagte Creek.
    »Danke für die Erinnerung. Hier ist die Adresse für den IBM.« Bill rasselte sie herunter. »Gib mir eine Minute, um ein Benutzerkonto für dich einzurichten. Unter dem Namen ›Creek‹ und mit dem gleichen Passwort. Ändere beides, sobald du drin bist, und schließ die Tür hinter dir ab, falls du verstehst, was ich meine. Der IBM ist immer noch ans Netzwerk angeschlossen, und das Letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, wäre irgendein Teenager, der sich einklinkt und mit unseren Wetterdaten Schindluder treibt. So etwas lässt sich nicht mehr so einfach durch Erpressung meines Chefs aus der Welt schaffen.«
    »Verstanden«, sagte Creek. »Nochmals vielen Dank, Bill.«
    »De nada. Ich muss jetzt wieder an die Arbeit. Die Hurrikandaten wollen gepflegt werden.« Bill unterbrach die Verbindung.
    Creek starrte eine Weile auf seinen Kommunikator, und vielleicht zum millionsten Mal in seinem Leben grübelte er über die Schlacht von Pajmhi nach, wer sie überlebt hatte, wer nicht, und wie sich alles auf sein weiteres Leben ausgewirkt hatte. In diesem speziellen Moment arbeitete es zu seinen Gunsten. Das war immerhin ein kleiner Ausgleich für die tausend Dinge, die schiefgelaufen waren. Wie auch immer, jedenfalls konnte er diesen Pluspunkt gut gebrauchen.
    Creek meldete sich als Benutzer der IBM-Maschine an und ließ eine Systemdiagnose laufen. Zu seiner großen Freude stellte er fest, dass sowohl der Speicher als auch die Rechenleistung genügend

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