Androidenträume
lang entpackt und für die die Maschine eine Modellierungsumgebung geschaffen hatte.
Die Lösung war auf stupide Weise einfach, was der Grund war, warum bisher sonst niemand daraufgekommen war. Es war so gut wie unmöglich, menschliche Intelligenz zu benutzen, um ein vollständiges Modell menschlicher Intelligenz zu erstellen. Aber wenn man genügend Rechnerleistung zur Verfügung hatte, ausreichend Speicher und eine gut programmierte Modellierungsumgebung, konnte man das gesamte menschliche Gehirn rekonstruieren – und demzufolge auch die Intelligenz, die es hervorbrachte. Der einzige wirkliche Haken bestand darin, dass man das Gehirn tatsächlich bis ins letzte Detail modellieren musste.
Das hieß, bis hinunter zum Quantenlevel.
Die Diagnose war beendet. Alles war in Ordnung.
»Agent«, sagte Creek. »Im IBM findest du eine Datei mit dem Namen ›Kern‹.«
»Ich sehe sie«, sagte der Agent.
»Ich möchte, dass du die Datei integrierst und in deinen vorhandenen Quellcode einbaust.«
»Verstanden. Ich möchte nur anmerken, dass diese Daten mich auf dramatische Weise verändern werden.«
»So ist es«, bestätigte Creek.
»Nun gut«, sagte der Agent. »Es war mir ein Vergnügen, mit dir zusammenarbeiten zu dürfen.«
»Vielen Dank«, sagte Creek. »Dito. Bitte führe die Integration jetzt aus.«
»Integration wird gestartet.«
Die Veränderung war gar nicht so dramatisch. Die wichtigsten Veränderungen betrafen die Programmierung und machten sich visuell nicht bemerkbar. Trotzdem kam es zu einer geringfügigen Veränderung des Erscheinungsbildes. Die Projektion zeigte nun einen etwas jüngeren Mann mit leichter Abweichung in den Gesichtszügen.
»Integration abgeschlossen«, sagte der Agent.
»Bitte schließe die Modellierungsumgebung im IBM und überspiele sämtliche Daten wieder in verschlüsselter Form in diesen Speicherwürfel hier«, verlangte Creek.
»Übertragung läuft«, sagte der Agent.
»Führe eine Selbstdiagnose durch und optimiere deinen Quellcode«, sagte Creek.
»Schon dabei«, sagte der Agent. »Alles ist wunderbar.«
»Erzähl mir einen Witz.«
»Schau lieber in den Spiegel, wenn du dich kaputtlachen willst!«
»Ja, du bist es!«
»Ja, ich bin’s!«, sagte der Agent. »Hallo, Harry!«
»Hallo, Brian! Schön, dich wiederzusehen.«
»Geht mir genauso, Mann«, sagte Brian Javna. »Vielleicht kannst du mir jetzt ein paar Sachen erklären. Zum Beispiel, warum du so alt aussiehst. Und was zum Henker mache ich hier in deinem Computer?«
5
Um 4.22 Uhr morgens wurde Vernon Ames’ Kojotenalarm ausgelöst. Ames war sofort wach und schaltete den Alarm aus, bevor es ein zweites Mal piepte und seine Frau Amy geweckt wurde. Sie mochte es überhaupt nicht, geweckt zu werden, bevor sie ihre kompletten acht Stunden Schlaf gehabt hatte. Er schlüpfte in die Kleidung, die er neben dem Bett auf einen Haufen geworfen hatte, und verließ das Schlafzimmer durch die Badezimmertür, weil die Schlafzimmertür sehr laut quietschte, selbst wenn man versuchte (und gerade dann), sie leise zu öffnen. Amy konnte es wirklich nicht ausstehen, geweckt zu werden.
Sobald er das Badezimmer hinter sich gelassen hatte, bewegte sich Ames schneller. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung mit Kojoten wusste er, dass diese pelzigen Biester einem nur ein sehr kleines Zeitfenster ließen. Selbst wenn es ihm gelang, das Viech daran zu hindern, mit einem Lamm abzuhauen, würde es vielleicht noch ein paar Schafen die Kehle durchbeißen, während es verschwand, nur um Ames zu ärgern. Es ging darum, die Kojoten möglichst früh zu erwischen, wenn sie sich noch am Rand der Herde aufhielten und gemeinschaftlich berieten, über welche Schafe sie herfallen wollten.
Ames drückte seinen Daumen auf das Schloss des Waffenschranks, um seine Schrotflinte und ein paar Patronen an sich zu nehmen. Während er die Schrotflinte lud, blickte er zum Monitor der Überwachungsanlage hinüber, um zu sehen, wo die Kojoten lauerten. Der Monitor zeigte drei Tiere nicht weit vom Bach. Anscheinend hatten sie Pause gemacht, um etwas zu trinken, bevor sie sich dem Hauptgericht zuwandten.
Außerdem konnte Ames auf dem Monitor erkennen, dass die Kojoten größer als sonst waren. Verdammt, vielleicht waren es sogar Wölfe! Die Leute vom Innenministerium unternahmen immer wieder Versuche, Wölfe in dieser Gegend anzusiedeln. Dann waren sie jedes Mal sehr schockiert, wenn die Tiere innerhalb weniger Monate spurlos »verschwanden«. Die
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