Androidenträume
Schafrancher waren schlau genug, keine Kadaver herumliegen zu lassen. Wölfe waren ein vorübergehendes Problem, das sich leicht lösen ließ. Kojoten hingegen waren wie eine Kreuzung aus Hunden und Ratten. Man konnte sie erschießen, Fallen stellen, sie vergiften, und sie kamen trotzdem immer wieder.
Das war der Grund, warum Ames sich mit der Kojotenalarmanlage in Unkosten gestürzt hatte. Der Aufbau war relativ einfach: mehrere Dutzend Bewegungsmelder, die rund um sein Grundstück angebracht waren und alles registrierten, was sich bewegte. Seine Schafe hatten implantierte Chips, die dem System sagten, dass es sie nicht beachten sollte. Doch alles andere wurde gemeldet. Wenn es groß genug war, schlug es Alarm. Wie groß etwas sein musste, damit der Alarm losging, hatte Vern anfangs kalibrieren müssen. Nach einigen Fehlalarmen am frühen Morgen hatte Amy ihm klargemacht, dass ein weiterer Fehlalarm dazu führen würde, dass Verns Kopf Bekanntschaft mit einer schweren Metallbratpfanne machen würde. Doch nun war alles im grünen Bereich, und abgesehen von einem gelegentlichen Hirsch wurde Ames zuverlässig auf Kojoten und vereinzelte andere große Raubtiere hingewiesen. Einmal hatte das System einen Puma gemeldet, doch Ames hatte ihn mit der Flinte verfehlt.
Er kramte in der Schublade, um nach dem tragbaren Lokator zu suchen, und schlich sich dann zur Hintertür hinaus. Die Fahrt zum Bach dauerte fünf Minuten. Aber es hätte wenig Sinn, sich den Kojoten motorisiert zu nähern, da sie seinen ATV hören würden und schon längst über alle Berge wären, wenn er eintraf. Dann würde er ein weiteres Mal aufstehen und versuchen müssen, sie zu erwischen. Die Kojoten würden ihn auch hören, wenn er zu Fuß kam, aber auf diese Weise hatte er wenigstens die Chance, nahe genug heranzukommen, um sie vielleicht zu treffen, bevor sie die Flucht ergriffen. Ames lief so schnell er konnte zum Bach und fluchte stumm über jeden brechenden Zweig und jede knackende Samenkapsel.
Nicht weit vom Bach entfernt summte Ames’ Lokator in seiner Jackentasche – das Zeichen, dass einer der Kojoten sehr nahe war. Ames hielt an und ging in die Hocke, um den beabsichtigten Empfänger seiner Schrotladung nicht vorzeitig auf sich aufmerksam zu machen. Langsam zog er den Lokator aus der Tasche, um sich den Aufenthaltsort des nächsten Kojoten anzeigen zu lassen. Nach dem Lokator befand er sich hinter ihm. Er bewegte sich in seine Richtung und kam schnell näher. Ames hörte die Schritte und das Geflüster von etwas Großem, das die Büsche streifte. Er drehte sich um, riss die Schrotflinte herum und hatte gerade noch genug Zeit, Das ist kein Kojote! zu denken, bevor sich das Etwas am Lauf der Flinte vorbeischob und seinen Kopf mit einer Hand von der Größe eines Serviertellers packte. Mit der zweiten Hand von ungefähr der gleichen Größe versetzte es ihm einen Schlag und schickte ihn ins Reich der Bewusstlosigkeit.
Nachdem ein unbestimmter Zeitraum vergangen war, spürte Ames, wie er vorsichtig angestoßen wurde. Er stemmte sich mit einem Arm hoch und betastete mit der freien Hand sein Gesicht. Es fühlte sich klebrig an. Ames zog die Hand zurück und schaute sie sich an. Sein Blut sah im Licht des Viertelmondes schwarz aus. Dann trat etwas zwischen ihn und den Mond.
»Wer sind Sie?«, fragte eine Stimme.
»Wer ich bin?«, sagte Ames, und als er die Zunge im Mund bewegte, spürte er die Zähne, die sich durch den Schlag gelockert hatten. »Wer zum Teufel sind Sie? Das ist mein Grundeigentum, und das sind meine Schafe! Sie haben unbefugt mein Land betreten!« Er bemühte sich aufzustehen. Eine Hand – diesmal eine von normaler Größe – drückte ihn wieder zu Boden.
»Bleiben Sie unten«, sagte die Stimme. »Woher wussten Sie, dass wir hier draußen sind?«
»Sie haben meinen Kojotenalarm ausgelöst.«
»Siehst du, Rod?«, meldete sich eine andere Stimme zu Wort. »Ich habe doch gesagt, dass diese Dinger nur so etwas sein können. Jetzt bekommen wir vielleicht Schwierigkeiten mit der Polizei. Dabei sind wir noch lange nicht fertig.«
»Still«, sagte die erste Stimme, die des Mannes namens Rod, der seine Aufmerksamkeit nun wieder Ames zuwandte. »Mr. Ames, Sie müssen wahrheitsgemäß auf meine Frage antworten, denn von Ihrer Antwort hängt es ab, ob Sie den Rest dieser Nacht erleben werden. Wer wird alles informiert, wenn Ihr Kojotenalarm ausgelöst wird? Nur Sie oder auch die hiesigen Polizeibehörden?«
»Ich dachte, Sie
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