Andular II (Die Erneuerung des Kreises) (German Edition)
beizuwohnen und ich mich für die Dauer um sie kümmern werde.“
„Ich danke euch für eure Botschaft, aber die Kinder werden mich begleiten“, erwiderte Crydeol beiläufig und schritt an ihr vorbei.
„Aber General. Es ist nicht so als wäre es eine Bitte, sondern ein Befehl. Lord Maliv hat ausdrücklich verlangt, dass diese beiden Kinder der Anhörung fernbleiben.“ Aber Crydeol ging weiter, ohne die Wache noch einmal anzusehen oder ihr eine Antwort zu geben.
„Warum dürfen wir nicht mit hinein?“, fragte Cale und blickte zu Renyan, der nun sehr nervös wirkte, als sie die Stufen der breiten Treppe hinunter gingen.
„Weil nur die höchsten Generäle, die Gelehrten und die sieben Ratsmitglieder dem Rat beiwohnen dürfen“, antwortete Crydeol und gab der Torwache vor dem Ratssaal das Zeichen zum Öffnen des Tores. „Kinder haben bei diesen wichtigen Unterredungen nichts zu suchen, aber dieses Mal ist es notwendig, denn es könnte sein, dass du dem Großen Rat deine Fähigkeit unter Beweis stellen
musst!“
Sie durchquerten das Tor. Alle sieben Mitglieder des Rates saßen an dem großen Tisch und blickten mit ernsten Gesichtern zu ihnen hinüber, als sie über den Teppich schritten.
„Was hat das zu bedeuten, General Crydeol?“, rief Maliv ihm harsch entgegen. „Warum ist der Gefangene nicht gefesselt und was machen diese beiden Kinder bei euch?“
„Renyan ist nicht gefesselt, weil er kein Gefangener ist und diese Kinder sind für die Aufklärung von Jaldors Tod unentbehrlich, jedenfalls der Junge!“
„Und wo ist der Durandi? Die Wachen haben mir bereits mitgeteilt, dass er nicht mit euch in die Stadt zurückgekehrt ist.“
Und da begann Crydeol alles von Anfang an zu erzählen. Von seiner Reise nach Talint, der Jagd auf Renyan in das Molgebirge, wie er in Candols Behausung sein Bewusstsein wiedererlangte und die darauf folgende Reise nach Brahn. Zwei kleine Tische und vier Stühle wurden währenddessen in den Saal gebracht, auf denen sie Platz nahmen und noch lange Zeit über die vergangenen Tage sprachen, bis Crydeol schließlich von Cales Berührung mit Noirils Pfeil berichtete.
„Was sagt euch, General“, sprach Lord Maliv schließlich, „dass die Visionen des Jungen der Wirklichkeit entsprechen? Könnt ihr mit seinen Augen sehen?“
„Was, wenn er nur ein verzogener Bengel ist, der sich wichtig machen will?“, rief ein Mann zu Malivs linken.
„Ich verstehe die Zweifel und bitte daher um eure Einwilligung, um dem Rat die Gabe des Jungen zu demonstrieren“, sagte Crydeol fordernd und sah sie alle der Reihe nach an. „Wählt irgendeinen beliebigen Gegenstand, irgendetwas, womit dieser Junge noch nie zuvor in Berührung gekommen ist und worüber er nichts wissen kann.“
„Nun gut“, rief der Mann zu Malivs linken und kramte in einer seiner Taschen. „Dann soll er diesen Federkiel begutachten!“
Der Federkiel wurde von einer Hand an die nächste weitergereicht, bis er schließlich bei Crydeol angelangt war.
„Wärest du so freundlich, Cale?“, fragte er den Jungen, doch der hatte sich bereits den Handschuh ausgezogen, nahm nun den Federkiel in seine rechte Hand und stand auf. Zusammen mit Crydeol schritt er einige Meter über den Teppich und nahm den Federkiel anschließend in seine linke Hand.
„Und?“, fragte der Besitzer des Federkiels nach einigen Sekunden ungeduldig. „Was ist nun?“
Cale öffnete die Augen, starrte für einen Moment den Mann an und bat Crydeol schließlich leise, dass er sich zu ihm hinunter beugen solle, damit er ihm etwas ins Ohr flüstern könne.
Crydeol kam seiner Bitte nach und lauschte seinen Worten, dann nickte er kurz und sah wieder zum Besitzer des Federkiels.
„Seid ihr euch sicher, Lord Arlin, dass der Junge frei über euren Federkiel sprechen sollte? Ihr könnt ihm auch etwas anderes geben, wenn ihr wollt.“
„Wieso?“, fragte Arlin höhnisch. „Hat der Junge etwa versagt? Reicht seine Gabe etwa nicht für einen gewöhnlichen Federkiel?“
„Sag es ihnen, Cale“, sagte Crydeol lächelnd und verschränkte zufrieden die Arme.
Cale räusperte sich, übergab Crydeol den Federkiel und rief:
„Oh liebste Liria!
Wie sehr entzückt mich Euer Antlitz,
jedes Mal wenn ich Euch seh´.
Als Blumenfrau seid Ihr bekannt,
mein Herz schon lang´ in Eurer Hand,
auch wenn ich´s nicht versteh´.
Gern hätt´ ich Euch als meine Frau,
doch als ein Lord des Großen Rates,
wird untersagt mir jede Schau,
nach Häuslichkeit und
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