Andular II (Die Erneuerung des Kreises) (German Edition)
Nachtlager aufzuschlagen.
Bereits am zweiten Tag konnte Jesta keine Äpfel mehr sehen und so versuchte er sich daran eine Angel zu bauen, mit deren Hilfe er an den Ausläufern des Lyrdas nach Fischen angeln wollte.
Schon bald artete dieses Unterfangen zu einem regelrechten Wettstreit zwischen ihm und Plummel aus, der wie eine Libelle über dem Wasser lauerte und blitzschnell zugriff, sobald ein Fisch an ihm vorüberschnellte.
Nach mehreren Stunden geduldigen Wartens brachte es der Woggel schließlich auf stolze sechs Exemplare einer besonders großen Fischart, von denen Jesta allerdings nur zwei erbeutete und auch sonst nichts an Land ziehen konnte, bis auf eine kleine Tasche, die anscheinend jemandem in den Fluss gefallen sein musste. Zwar wurmte es ihn enorm, dass der Woggel das Dreifache von dem erbeutet hatte, wie er selbst, doch als er die Tasche genauer unter die Lupe nahm und feststellte, dass sich die Gegenstände im Innern weitgehend in einem guten Zustand befanden, störte ihn der verlorene Wettkampf kaum noch. Ein zerfledderter Federkiel, sowie ein kleines, verziertes Tintenfass steckten im Inneren der Tasche. Da der Korken fest genug in dem gläsernen Fass steckte, war während der wilden Flussfahrt kein einziger Tropfen entwichen und so war das Fass noch über die Hälfte mit schwarzer Tinte gefüllt. Des Weiteren befand sich in der Tasche noch ein dickes, leicht durchnässtes Tuch, das um ein kleines Buch gewickelt war. Jesta öffnete das in dunkles Leder gebundene Buch und blätterte hastig die Seiten durch. Nur die ersten vier waren feucht, doch trotz einiger dadurch verschmierter Buchstaben konnte er die Notiz auf der ersten Seite noch einigermaßen entziffern:
1 Fass But er
6 Stampfhen en Eier
3 Flaschen Kräute likör und
ein halbes Dutzend vo Hungos abgehangenem Fleisch
Da das Buch bis auf die kurze Einkaufsliste leer war, riss er die ersten vier feuchten Seiten heraus und warf sie zurück in den Fluss, der das Papier sogleich mit sich riss und aus Jestas Blickfeld trug.
Die Tasche sollte ich ebenfalls behalten, sonst wird’s Taykoo wohlmöglich zu eng, dachte er und legte sie neben sich zum Trocknen, während er überlegte, was er mit dem Buch anstellen könnte.
„Ich hab´s!“, rief er plötzlich und rieb sich vergnügt die Hände. „Ich werde ein Tagebuch schreiben! Angefangen an dem Tag, als ich mein Haus verlassen habe, bis an das Ende unserer Reise, sofern die Seiten bis dahin überhaupt ausreichen.“
Zufrieden ließ er sich ein Stück weiter in wildes Gras fallen und dachte über einen möglichst geeigneten Anfang nach. Hier, in aller Ruhe ohne die Gesellschaft der anderen zu liegen, empfand er als ausgesprochen willkommene Abwechslung. Zumal von keinem der Woggels auch nur etwas zu hören war.
Erst als es allmählich dunkler wurde und ihm der Geruch von gebratenem Fisch in die Nase stieg, erhob er sich wieder und trottete mit seiner errungenen Beute zu den anderen zurück.
„Leider zu spät!“, rief ihm Knubber singend entgegen, der gerade die Gräten eines Fischs auf einen kleinen Haufen anderer Fischüberbleibsel warf und sich zufrieden den Bauch rieb. „Vier Woggels und zwei hungrige Zauberer – macht sechs, und genauso viele Fische hat Plummel erbeutet. So wie es aussieht, wirst du wohl leer ausgehen! Apfel?“
„Nein danke!“, antwortete Jesta mit einem völlig übertriebenen Grinsen und holte die beiden Fische hervor, die er geangelt hatte. „Für euch hat es dann jawohl nur für einen Fisch pro Person gereicht, wie? Ich dagegen kann mir zwei genehmigen!“
Knubber verdrehte die Augen und wandte sich von ihm ab. Auch die anderen Woggels mussten sich diesmal geschlagen geben und sahen neidisch zu Jesta hinüber - denn auch wenn sie es nicht zugeben wollten - richtig satt war keiner von ihnen geworden.
„Woher hast du die Tasche?“, fragte Candol und spähte durch die Flammen des Lagerfeuers.
„Geangelt!“, erwiderte Jesta stolz. „War ein Buch, Tinte und ein Federkiel drinnen, und ja, ich werde alles behalten und nicht mehr zurückgeben, denn ich habe mir vorgenommen, ab jetzt Tagebuch über unsere Reise zu führen!“
„Nicht die schlechteste Beschäftigung. Aber wahrscheinlich auch äußerst schwierig ihr während der Fahrt auf dem Meer nachzugehen“, sagte Jindo und begutachtete einen Apfel, der fast ausschließlich mit faulen Stellen übersät war.
„Das ist wohl wahr“, erwiderte Jesta, „aber ich hatte sowieso nur dann vor zu schreiben,
Weitere Kostenlose Bücher