Andular II (Die Erneuerung des Kreises) (German Edition)
von Narlo arbeitet, da sich die kostbaren Blüten der Pflanzen nur des Nachts ernten lassen!“
„Warum nur nachts?“
Candol seufzte. „Du fragst einem wirklich Löcher in den Bauch! Weil die Pflanzen dann schlafen, Jesta. Man könnte sie auch am Tage ernten, aber das wäre viel zu mühselig, da sich die Pflanzen mit allen Mitteln zur Wehr setzen würden. “
„Habt ihr nicht selbst einige dieser Pflanzen in eurem Garten?“, fragte Jesta, dem nun wieder die blauen, glockenförmigen Blumen in den Sinn kamen, die auf so erstaunliche Weise auf ihn und seine Bewegungen reagiert hatten.
„Genau“, antwortete Candol. „Wenn man die Blüten der Pflanze zerkleinert, kann man einen Trank aus ihnen brauen, der nicht nur äußerst wach macht, sondern auch bemerkenswerte Heilkräfte besitzt! Aber natürlich halten auch die sich in Grenzen. Bei Crydeol beispielsweise haben sie damals nichts bewirkt, als er von dem Schläferstecher befallen war.“
„Und euer Freund Narlo ist der Besitzer dieser Felder.“
„So ist es. Aber hatte ich das nicht bereits erwähnt? Na ja, jedenfalls gehört Narlo dieses…Haus?“, antwortete Candol und war sich beim Betrachten der heruntergekommenen Hütte plötzlich selbst nicht mehr sicher, ob diese auch wirklich die Bezeichnung Haus verdiente. Er war eine Ewigkeit nicht mehr in Kumai gewesen, erinnerte sich aber daran, dass Narlos Haus schon bessere Tage gesehen hatte. Sowohl die verschmutzten kleinen Fenster als auch die grob zusammen gezimmerte Eingangstür hingen nur noch halb in ihren Scharnieren, und einige braune Dachpfannen waren zu zwei Türmen übereinandergestapelt worden, bei denen Jesta vermutete, dass diese einst das Dach bedeckt hatten und nun dort fehlten.
Vor der Tür angekommen, war Candol gerade im Begriff mit seinem Stab gegen die Tür zu klopfen, als er die Unsinnigkeit seiner Absicht bemerkte und die Tür mit einer leichten Handbewegung aufstieß. Die Tür ächzte, bewegte sich ein Stück weit nach innen - und fiel sogleich aus ihrem Rahmen.
„Lasst nur, Candol“, sprach Jesta und bückte sich. „Ich hebe sie einfach wieder auf und...stell sie dort gegen die Wand, so!“
Im Inneren des Hauses war es bei Weitem ordentlicher als Jesta vermutet hatte. Von einer kleinen Diele aus gingen sie weiter in einen Raum, der so sauber und gepflegt aussah als wäre er erst vor Kurzem aufgeräumt worden. Lediglich die verschmutzten Fenster ließen noch darauf schließen, dass sie sich immer noch in genau dem Haus befanden, das von außen einen so morschen und heruntergekommenen Eindruck gemacht hatte. Die Schränke und Regale glänzten und waren gänzlich frei von Staub. Ebenso der helle Holzboden, auf dessen fein gewobenen Teppichen nicht ein Flusen auszumachen war.
Von den dicken Holzbalken der Decke hing ein gutes Dutzend Töpfe herab, in denen vielerlei Pflanzen gesund und im satten Grün leuchteten und alle Wände waren in einem strahlenden Weiß gestrichen und verliehen dem Raum somit einen Eindruck von enormer Größe.
Jesta konnte es nicht abstreiten, das Haus war wirklich gemütlich eingerichtet, und etwas, das zwischen zwei aufrechten Balken hing, die die unversehrte Decke stützen, erinnerte ihn sogar an sein eigenes kleines Haus: es war eine fransige Hängematte, und genau in dieser schien jemand zu schlafen.
Die Gestalt war in eine braune Decke gehüllt, unter der nur einige schwarze Haare hervor lugten, sowie ein, von einem dicken Ring durchstochenes, Ohr.
„Dort in der Hängematte!“, flüsterte Jesta dem Zauberer zu, der daraufhin nickte und sich derart leise auf den Schlafenden zu bewegte, dass der Durandi dachte, Candol würde über dem Boden schweben.
Jindo, der die ganze Zeit über schweigend den Raum betrachtet hatte, ließ sich nun müde auf einen reich verzierten Stuhl nieder, der etwas abseits an der linken Wand stand. „Hübsch, hübsch“, murmelte er und betrachtete eine der Pflanzen, deren große Blüte einer kleinen Sonne ähnelte.
„Und euer Freund wird es uns auch bestimmt nicht übel nehmen, dass wir ihn wecken?“, flüsterte Jesta, worauf Candol kaum merklich den Kopf schüttelte.
Plötzlich murmelte der Schlafende etwas Unverständliches und zog einen seiner Arme unters Gesicht, wobei die dünne Decke langsam zu Boden glitt. Nun konnten sie sehen, dass der Oberkörper des Mannes unbekleidet war und etwas, von dem Jesta im ersten Augenblick dachte es wäre Schmutz, kam zum Vorschein. Auf der blassen Haut des Mannes waren
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