Andular II (Die Erneuerung des Kreises) (German Edition)
sie gleich ganz weggelassen, so sieht’s furchteinflößender aus, nicht wahr?“
Jesta lachte und sah auf die feinen Linien, die immer wieder ihre Form veränderten und wie kleine Nebelschwaden über die Haut des Mannes huschten. Das ganze Gesicht war ständig in Bewegung, erzeugte alle erdenklichen Mimiken und feine Schattierungen, die das Gesicht noch lebhafter machten. Immer wieder bewegten sich die Linien voneinander weg oder schmolzen zusammen, zauberten mal ein Lächeln dann wieder zwei nachdenklich dreinblickende Augen, die die drei Ankömmlinge aufmerksam betrachteten.
„Das sind übrigens meine Freunde, Narlo“, sagte Candol und stellte sie vor. „Wir erwarten jedoch in Kürze noch weitere Gefährten. Sie werden mit einem Schiff nach Kumai kommen. Vieles ist passiert in letzter Zeit und vieles wird noch geschehen. Es werden Dinge auf uns zukommen, von denen ich nicht abschätzen kann, wie sie ausgehen werden, aber um das Schlimmste zu verhindern, werden wir hier eine Versammlung abhalten, in der wir uns über die weiteren Schritte beraten werden. Würdest du uns dafür freundlicherweise den Laresius Raum zur Verfügung stellen?“
„Du sprichst, wie schon früher, in Rätseln, mein alter Freund! Aber auch wenn ich deine Worte nicht verstehe, so werde ich dir den Gefallen dennoch tun, ist doch Ehrensache!“
„Ich möchte dich des Weiteren auch darum bitten, ebenfalls an der Versammlung teilzunehmen. Es könnte sein, dass wir noch einen Kapitän brauchen werden und da wärst du genau der Richtige.“
„Was ist der Laresius Raum?“, unterbrach Jesta die beiden.
„Laresius ist der Heiltrank, der aus den Schimmerblüten gewonnen wird“, antwortete der Zauberer. „Narlos Arbeiter stellen ihn im Laresius Raum her und füllen ihn dort in Flaschen, oder stellen eine Salbe aus der Ernte her. Dort werden wir genügend Platz vorfinden und ebenso die nötige Ruhe um uns zu beraten.“
Sie nahmen an einem großen Tisch Platz und Narlo brachte ihnen Tee, während Candol seinem alten Freund von den vergangenen Tagen berichtete. Der Zauberer war gerade dabei, Narlo von ihrer Flucht nach Fyrilon zu erzählen, als er plötzlich verstummte und seine Augen schloss.
„Sie sind da!“, sagte er schließlich und erhob sich rasch von seinem Stuhl. „Die Eiswind ist gerade an der Pier angelangt, also los!“
Zusammen eilten sie aus dem Haus. Narlo, der gleich hinter dem Zauberer herlief, schien gar nicht zu bemerken, dass seine Türe nicht mehr an der Stelle war, an der er sie das letzte Mal gesehen hatte. Er lief geradewegs an ihr vorbei und folgte Candol in Richtung Pier, an der Jesta schon die Segel der Eiswind erblicken konnte.
„Nevur!“, rief er besorgt, hastete an den anderen vorbei und lief so schnell er konnte dem Schiff entgegen.
Trotz des heiteren Sonnenscheins erschien die Eiswind ganz und gar nicht mehr so prächtig wie einst. Man konnte ihr die lange Reise und den Kampf, der vor Kurzem noch auf ihrem Deck stattgefunden hatte, geradezu ansehen. Und ebenso verwahrlost und müde wie das Schiff schien auch die neue Besatzung zu sein.
Renyan winkte ihnen erleichtert aber dennoch recht mitgenommen zu. Nur die Frau an seiner Seite wirkte so wunderschön und stolz, wie es das Schiff einst selbst gewesen war.
Etwas abseits von Renyan und Inoel stand Pelrin. Und auch er wirkte verändert. All das Mürrische und Niedergeschlagene, das er seit ihrer ersten Begegnung ausgestrahlt hatte, schien nun von ihm gefallen zu sein. Sein Blick war aufrichtig und klar und seine Haltung wie die eines stolzen Seemannes. Mit einem ungewohnt freundlichen Gesichtsausdruck sah er zu Jindo herab, der sowohl seinen Blick als auch sein Lächeln erwiderte.
„Es freut mich sehr, euch alle heil und unversehrt hier anzutreffen!“, sagte Candol und verbeugte sich höflich vor Inoel. „Doch gleichzeitig mache ich mir Sorgen um den Rest unserer Gemeinschaft! Wir konnten durch Jindos Runenauge zwar in Erfahrung bringen, dass euch beiden die Flucht aus Vaskania gelungen ist, jedoch wissen wir nicht das Geringste über Crydeols Schicksal und das von Leeni und Cale!“
„Und uns ergeht es nicht anders“, antwortete Renyan. „Ich wollte bei ihm bleiben, aber er hat es nicht zugelassen. Daher habe ich unterwegs Avakas mit Botschaft nach Vaskania gesandt. Crydeol weiß somit, dass uns die Flucht auf der Eiswind gelungen ist. Alles, was wir jetzt tun können, ist warten und hoffen.“
Der Zauberer nickte stumm. Für einen
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