Andular III (Das Erbe der Schicksalsweber) (German Edition)
Abend über die Turmspitze und mit ihm der erste Sternenhimmel seit Langem.
Die Schlacht um Andular
Die Nachricht vom gefallenen Schattenwall verbreitete sich innerhalb Kasgarans wie ein Lauffeuer. Im Morgengrauen versammelte Crydeol alle anwesenden Vertreter der verbündeten Völker in einem großen Raum, den sie nach der Eroberung zu ihrem Beratungszimmer ernannt hatten.
Kurze Zeit später saßen zwanzig Personen um einen langen, schwarzen Tisch herum sowie dreißig andere, die hinter ihnen standen und zu Jindo hinüber sahen, der am Kopf des Tisches Platz genommen hatte.
Alenyon und seine Pfeiljäger standen ihm gegenüber, daneben einige Panjaner und Narva mit seinen Freunden, die leise miteinander tuschelten. Rechts von dem Pfeiljäger Calyan stand eine Gruppe vaskaanischer Soldaten, denen Narlo gegenübersaß, dessen magisches Gesicht unentwegt zu einem jener Soldaten blickte, mit denen er im Hafentor aneinandergeraten war, kurz nachdem er von Narvas Reise nach Lorsing erfahren hatte. Einige Meter neben Narlo, genau zwischen Pelrin und dem Vanyanar, standen zwei breitschultrige Kerle, die sich mit grimmigen Blicken und verschränkten Armen neben dem Stuhl eines hageren Mannes platziert hatten, als wäre er ein König, den es zu bewachen galt.
Fast allen Anwesenden war er unbekannt, nur Jindo, Crydeol und Pelrin kannten den Fremden, der erst am Abend zuvor mit einem Schiff aus Brahn eingetroffen war. Er hieß Sentin Tars und war der königliche Berater der Schneestadt und König Braskars Stellvertreter. Mit unergründlicher Miene sah er in die Runde der Anwesenden, während er sich mit einer seiner kräftigen Hände über seinen sauber gestutzten Vollbart strich, der ebenso schwarz war wie seine langen, gelockten Haare. Tars Alter war ihm nicht im Geringsten anzusehen. Obwohl er nur unwesentlich älter als Crydeol war, der zusammen mit Nomys neben Pelrin saß, glich sein kantiges Gesicht mit den eingefallenen Wangen eher einem Mann um die fünfzig. Seine stahlblauen Augen hafteten nun auf Zirons Horn, der hinter Leeni und einigen anderen Talani auf den Boden lag und erwartungsvoll auf die Kette um Jindos Hals blickte.
„Es ist soweit“, rief Jindo in die Runde und das allgemeine Gemurmel verstummte schlagartig. Er erhob sich und legte seine Kette vor sich auf den Tisch. „Wie ein jeder von uns mittlerweile weiß, ist der Schattenwall um Namagant verschwunden.“
„War es Salagors Wille, oder haben Renyan und Cale den Schattenwallsplitter an sich gebracht?“, fragte Alenyon und ein jeder erwartete gespannt die Antwort des Vanyanar.
„Unsere Freunde haben ihn gefunden und an sich gebracht!“, sagte Jindo, worauf umgehend lauter Jubel ausbrach.
„Seid ihr euch sicher?“, fragte Tars, dessen Euphorie sich in Grenzen hielt.
„Das bin ich“, antwortete Jindo, nachdem sich der Jubel wieder gelegt hatte. „Der weiße Rabe ist kurz nach dem Fall der Barriere unruhig geworden und bereits zu unseren Freunden unterwegs. Renyan hat ihn mit der weißen Feder zu sich gerufen, ganz so, wie ich es mit ihm besprochen hatte. Ich kann jedoch nicht genau sagen, ob sie immer noch wohlauf sind, und deshalb sollten wir jetzt einen Blick auf die beiden werfen.“
Er schloss die Augen, murmelte Renyans Namen und streckte die Hand von sich, sodass jeder am Tisch das neblige Kugelgebilde sehen konnte, das sich nun über dem Bruchstück bildete. Und dann tauchten sie aus den goldenen Nebelschwaden auf. Renyan und Cale lehnten erschöpft an der Mauer des Turmes und sahen in den Morgenhimmel hinauf, durch den gerade die ersten Sonnenstrahlen fielen und den Turm in rotes Licht tauchten.
Ein zufriedenes Lächeln huschte über Jindos Gesicht, der seine Augen nun für einen Moment von dem Kugelgebilde löste und zu Ziron hinüberblickte. Auch er war sichtlich erleichtert, dass sein Sohn unversehrt und wohl auf war.
„Uns sollte klar sein“, sagte Jindo und griff in das Kugelgebilde hinein, worauf es sich sogleich auflöste, „dass Salagor mittlerweile von der Beseitigung seines Schutzwalls weiß. Sicherlich wird er überrascht darüber sein, aber den Grund dafür schneller herausfinden als uns lieb ist. Ich hoffe jedoch, dass er seine Streitmacht noch nicht auf die bevorstehende Schlacht vorbereitet hat, was uns einen geringen Vorteil verschaffen würde.“
„Dann ziehen wir mit den Schiffen gen Namagant?“, fragte einer der vaskaanischen Soldaten und sah abwartend zu Crydeol hinüber, als ob nur er ihm eine
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