Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
Boote, die jeweils mit einer dicken Leine an den schmalen Steg gebunden waren. Aus dunklem Holz waren sie gefertigt und jedes einzelne bot gerade genug Platz, um drei Personen sicher über das Wasser zu tragen. Nachdem er sich von Knubber und den anderen Woggels verabschiedet hatte, stieg er in das vorderste Boot und löste die Leine. Dann ergriff er eines der beiden Paddel, die im Innern des Bootes lagen, und stieß sich mit einem kräftigen Stoß vom Steg ab.
Weit hinten am östlichen Horizont zeichneten sich die spitzen Felsen Asmadars ab. Finster und bedrohlich ragten sie in den Himmel, wie eine Vielzahl scharfer Zähne. Sowohl der Himmel über ihm, als auch die See um ihn herum waren ruhig. Nichts war zu hören außer dem ständigen Eintauchen des Paddels, das Renyan mit kräftigen Zügen durchs Wasser zog. Je näher er an Asmadar herankam, desto dunkler wurde der Wolkenteppich über ihm, und schon bald setzte heftiger Regen ein, durchnässte seine Kleidung und verschleierte seine Sicht. Dann, einem mahnendem Vorboten gleich, der ihn vom Betreten der Insel abhalten wollte, fegte ein eisiger Wind über die See, zerzauste seine langen Haare und ließ das kleine Boot unruhig auf und ab schaukeln. Doch weder der Wind noch der peitschende Regen konnten ihn von seinem Kurs abhalten, und so grub sich die Spitze des Bootes schon bald in den nassen Sand des westlichen Strandes. Erschöpf und mit schmerzenden Schultern stieg er aus dem Boot und zog es einige Meter über den immer steiniger werdenden Strand.
Ihm fröstelte, als ihm der kalte Wind über den durchnässten Körper wehte, aber ohne sich eine Rast zu gönnen, marschierte er weiter die kargen Dünen hinauf, vorbei an dicken Baumstümpfen und kahlen Büschen. Der Regen hatte nun nachgelassen und auch der Wolkenhimmel über ihm erhellte sich je näher er den steilen Felszähnen kam. Sein weiterer Weg führte ihn über einen steinigen Pfad, der sich bald zwischen den ständig anwachsenden Felswänden weiter nach Süden erstreckte. Außer dem Heulen des Windes und der rauschenden Brandung war nichts zu hören, doch er spürte, dass er nicht alleine war und ihn irgendetwas aus der Ferne heraus beobachtete. Unbeirrt dessen folgte er dem Pfad weiter, bis die Felswände sich so nah gegenüberstanden, dass nur noch ein schmaler Spalt zwischen ihnen hindurchführte, gerade mal so breit wie er selbst. Einige Meter weiter, am Ende der Spalte, konnte er eine Weggabelung erkennen, die sowohl in westlicher als auch östlicher Richtung weiter in das Innere der Insel führten. Dies musste er sein, dachte Renyan. Der Eingang des Felsenlabyrinthes, oder wie Candol es nannte, die Wege ohne Wiederkehr.
Noch während er darüber nachdachte, welchen der beiden Wege er folgen sollte, hörte er plötzlich eine krächzende Stimme über sich. Links von ihm, auf einem alten knorrigen Baum, saßen zwei riesige Krähen, mit silbern schimmerndem Gefieder und starrten ihn mit funkelnden Augen an.
„Sie an, sieh an, Bassal!“, sagte die Rechte. „Was haben wir denn da?“
Die andere der beiden Krähen verdrehte den Kopf und schlug hastig mit den Flügeln. „Ja was haben wir denn da, Vallas?“, sagte sie und beugte ihren großen Kopf zu dem Menschen herunter. „Ein Mensch, nicht wahr mein Bester, ein Mensch!“
„Ja!“, antwortete ihr die Andere. „Ein Mensch ist es. Und groß ist er der Mensch, sehr groß!“
„Und lange Haare hat er mein Bester, sehr langes Haar! Und wir mögen keine Menschen, wir mögen niemanden, nicht wahr?“
Vallas nickte ihr zustimmend zu, flog auf, und setzte sich nun rechts neben sie.
„Wer seid ihr und warum seid ihr in der Lage meine Sprache zu sprechen?“, rief Renyan ihnen harsch entgegen und machte einen Schritt auf den Baum zu.
„Er spricht!“, krächzte Bassal höhnisch. „Er spricht die unsrige Sprache!“
„Ja“, antwortete Vallas, „und laut und wütend klingt der Ton, in dem er zu uns spricht, mein Bester! Sehr laut!“
„Sollen wir dem Menschen die Fragen beantworten, die er uns gestellt hat, mein Bester?“, fragte Bassal und blickte scharf zu seinem Nachbarn herüber.
„Das kommt darauf an, ob er es Wert ist, mein Bester, oh ja, darauf kommt es an!“
Renyans Blick verfinsterte sich nach jedem Satz, den die beiden Krähen miteinander wechselten. Mit erhobener Faust rief er ihnen entgegen: „Ich habe keine Zeit für eure Spielchen! Wenn ihr mir die Antworten auf meine Fragen nicht geben wollt, so lasst es! Ich habe
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