Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
sattsehen an diesem Ort. „Diese Luft!“, schwärmte er und atmete tief durch. “Einfach wunderbar!“
„Wir sollten jetzt weitergehen“, erwiderte Knubber mit ungewohnter Ernsthaftigkeit und machte sich an den Abstieg.
Zusammen setzten sie ihren Weg über den moosbesetzten Boden fort, und als sie die Bäume hinter sich gelassen hatten, fanden sie sich sogleich am Ufer des Sees wieder.
Ein Stück weit rechts von ihnen erblickte Knubber einen Fels, der langsam anstieg und zu einer hohen Klippe anwuchs, die weit über den See ragte.
„Dort sollten wir hinauf“, sagte er und deutete zu der Klippe hinüber.
Oben angekommen nahm Jesta das Buch aus seiner Tasche und suchte die richtigen Seiten.
Regungslos, wie gefrorenes Wasser lag der See unter ihnen und ein seltsames Leuchten waberte wie goldener Nebel über der Wasseroberfläche. Die Stille, die sie umgab, war unheimlich, als würde sie nur darauf warten durch irgendetwas unterbrochen zu werden, um diesen Ort aus seinem tiefen Schlaf zu reißen.
„Das sind die Seiten“, sagte Jesta und hielt Knubber das Buch entgegen. Der nahm es, überflog die Zeilen und kniete auf den harten Boden nieder.
„Ich darf nun um absolute Ruhe bitten!“, sagte er und schloss seine Augen. Dann atmete er noch einmal tief durch und verfiel kurz darauf in einen tiefen Zustand der Konzentration. Die Atmung des Woggels wurde nun zunehmend flacher.
Jesta sah, wie sich Knubbers Lippen bewegten, doch konnte er die Worte, die sie formten, nicht hören. Gebannt starrte er auf die kleine Gestalt, die nun vor und wieder zurück wippte, bis der Woggel schließlich seine Arme nach vorn streckte, vornüberfiel und regungslos liegen blieb.
Jesta beugte sich vorsichtig zu Knubber hinunter, der nun allmählich wieder zu sich kam und seine Augen öffnete.
„Geht es dir gut?“, fragte Jesta und half ihm behutsam auf die kurzen Beine.
„Es geht schon wieder“, antwortete Knubber und überreichte Jesta das Buch, der es sogleich wieder zurück in die Tasche steckte.
„Denkst du, er hat dich erhört?“, fragte er, aber der Woggel zuckte nur ahnungslos mit den Schultern.
So sahen sie beide auf den See herab und warteten. Lange Zeit geschah nichts, doch dann bemerkte Jesta kleine Blasen, die sich auf dem Wasser bildeten. Zuerst waren es nur wenige, doch nach und nach wurden es immer mehr. Bald entstand inmitten des Sees ein riesiger Strudel und vom Rande der Klippe konnten sie einen dunklen Schatten unter der Oberfläche erkennen. Dann verstummten die Vögel. Selbst das Rauschen in den Wipfeln der Bäume hatte aufgehört. Die Zeit schien geradezu stillzustehen.
Und mit einem Mal durchbrach etwas Riesiges die Wasseroberfläche. Das verdrängte Wasser, das durch das Auftauchen der Kreatur hoch in die Luft
geschleudert wurde, ergoss sich wie ein kalter Regenschauer über die Spitze der Klippe. Das riesige Wesen sank nun wieder ein Stück weit in das Wasser hinein, sodass nur noch sein vorderer Teil aus dem See ragte. Die riesigen dunklen Augen, die im Vergleich zum Rest dennoch winzig wirkten, bewegten sich langsam und suchend über das Ufer. Dann erblickten sie die zwei kleinen Gestalten auf der Klippe.
Jesta kam sich wie ein winziger Käfer vor, der gerade von einem Vogel erblickt wurde. Noch nie hatte er etwas so Großes gesehen.
„Wer ruft mich?“ Die Stimme sprach langsam und ihr Klang war tief und schläfrig.
Jesta starrte gebannt auf den weißen, nass schimmernden Körper. Die Haut des Wals wirkte wie raues Leder, und an einigen Stellen sah er tiefe Dellen, wie große Krater, in denen sich Schmutz abgelagert hatte. Und dann dieses riesige Maul. Nur ein kurzes Schnappen würde ausreichen, um ihn und den Woggel zu verschlingen.
„Ich bin Jesta, ein Durandi aus den Hügellanden und das ist Knubber, einer der Woggel aus dem Rotschleier Wald“, rief er dem riesigen Geschöpf zu. „Wir sind gekommen um euch einige Fragen zu stellen, da ihr das einzige Geschöpf auf Andular seid, das sie beantworten kann.“
„Fragen? Welche Fragen kann ein Durandi schon haben?“, erwiderte der Wolkenwal langsam.
„Fragen über euer plötzliches Erscheinen. Ihr wart für lange Zeit nicht mehr an der Oberfläche, doch ich habe die Vermutung euch vor einigen Tagen in der Nähe Panjans gesehen zu haben. Warum seid ihr wieder aufgetaucht? Ist Andular in Gefahr?“
Die riesige Kreatur antwortete nicht gleich. Lange Zeit starrte sie auf den kleinen Durandi herab, der den Blick des Wals
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