Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
Haus.
„Dann wollen wir mal, was?“, seufzte Jesta und blickte auf seinen Begleiter herab, der ihn breit angrinste und sogleich an seine kleine pelzige Hand nahm.
„Was soll das denn werden?“, fragte Jesta und zog seine Hand wieder zurück.
„Ich bin kein kleiner Junge, den man neben sich her an der Hand führen muss!“
Knubber aber ergriff sofort wieder die Hand des Durandi und blinzelte ihm mit seinen kleinen Augen unschuldig zu, worauf sich Jesta erneut aus seinem Griff löste und kopfschüttelnd an ihm vorbei auf den rechten Weg zusteuerte, der von der Lichtung fortführte.
„Links!“, rief ihm der Woggel hinterher. „Es ist der linke Weg!“
Jesta blieb stehen und warf Knubber einen zornigen Blick zu, worauf sich der Woggel umgehend in Bewegung setzte und in die andere Richtung eilte.
„Na, das kann ja heiter werden“, murmelte Jesta und folgte dem Woggel.
Vorbei an einigen Sträuchern und tief hängenden Ästen führte Knubber ihn schließlich auf einen schmalen und durch das dichte Gewächs kaum sichtbaren Pfad, der alsbald zu einem alten Holzsteg führte. Und dort, sanft im Wasser schaukelnd, war ein kleines Boot angebunden.
„Wozu braucht Candol eigentlich zwei Boote?“, fragte sich Jesta und stieg, recht unbeholfen, in das Boot ein, das nun stark zu wanken begann und sich ein Stück weit vom Steg entfernte, sodass er große Mühe hatte, sein Gleichgewicht zu halten, um nicht in das kalte Wasser zu plumpsen. Erleichtert atmete er auf, als er endlich trocken im Inneren des Bootes saß.
Der Woggel hatte ihn bei diesem äußerst ungeschickten Unterfangen zum Glück nicht beobachtet, hatte er doch nur Augen für das hohe Schilf, das überall um den Steg herum aus dem Wasser ragte. Schließlich hatte er sich für einen der langen Halme entschieden, rupfte ihn heraus, stutzte ihn ein gutes Stück und steckte ihn sich an seine Kapuze.
„Macht einen schmalen Fuß, findest du nicht auch?“, rief er dem Durandi zu und präsentierte stolz sein neustes Accessoire.
„Ungemein“, erwiderte Jesta und starrte gelangweilt auf den Schilfhalm, der vom Wind leicht hin und her geweht wurde. „Könnten wir nun endlich ablegen?“
Der Woggel nickte fröhlich und landete mit einem schnellen Hopser im Boot. Dann band er es los und überreichte Jesta das Paddel. „Bitte sehr! Das ist wohl eher deine Aufgabe!“
„Das war ja klar“, erwiderte Jesta schroff und riss ihm das Paddel aus der Hand.
Die Insel war nicht weit entfernt und schon nach einem kurzen Stück konnte Jesta ihre Umrisse in der Ferne erblicken. Sein Begleiter hatte es sich inzwischen recht gemütlich gemacht und lehnte sich zurück, die kurzen Arme über den Rand des Bootes baumelnd, und genoss die Überfahrt ohne das Schnaufen seines Gegenübers weiter zu beachten.
Der Wind fuhr ihnen sanft durch die Haare und die warmen Strahlen der Mittagssonne legten sich auf ihre Gesichter. Der blaue Himmel leuchtete wolkenlos über dem kleinen Boot und hin und wieder segelten Vögel über ihnen hinweg, schnell und lautlos. Eine angenehm friedliche Ruhe umgab sie und begleitete sie fortwährend, bis sie schließlich den westlichen Inselrand erreicht hatten. Dort zog Jesta das Boot über den golden schimmernden Sand und verstaute das Paddel wieder im Inneren. Nachdem er Knubber hinaus geholfen hatte, atmete er tief durch und betrachtete ihre Umgebung.
Ein Stück weiter vor ihnen stieg der Boden leicht an und ging alsbald in eine grüne Wiesenlandschaft über, deren Blumenvielfalt wie ein bunter Teppich die Hügelketten hinauf kroch. Es war still. Die einzigen Geräusche, die sie wahrnahmen, waren jene ihrer Schritte, die sich nun knirschend in den feinen Sand gruben.
Als Jesta die Spitze des Hügels erklommen hatte, verschlug es ihm fast den Atem. Vor ihm eröffnete sich ein weiter Kessel, umringt von dichten grünen Bäumen, und dort unten, genau in der Mitte, lag der Jaraansee. Ruhig und schimmernd unter der hellen Sonne. Wie eine große Fläche aus silbernem Glas erstreckte er sich vor Jestas Augen und das satte Grün der Baumkronen spiegelte sich auf seiner Oberfläche wieder.
„Überwältigend!“, kam es Jesta über die Lippen. „Welch ein friedlicher und wunderschöner Ort.“
Knubber hatte nun ebenfalls den Hügel erklommen und blieb schnaufend neben dem Durandi stehen.
„Ist das nicht ein unglaublicher Anblick?“, fragte Jesta den kleinen Kerl neben sich und stemmte seine Arme in die Hüften. Er konnte sich gar nicht
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