Andular (Noirils Verrat) (German Edition)
die dem Phänomen auf den Grund gehen wollten. Das Verschwinden der großen Baumriesen machte ihnen große Sorgen, doch wie alle anderen Völker Andulars auch, so vermochten auch sie nicht den Wall zu durchbrechen.“
Jesta stand auf und schritt mit nachdenklicher Miene durch den Raum. „Dann verhalten sich die Vanyanar also recht neutral allen anderen Völkern gegenüber?“
„So könnte man es ausdrücken“, antwortete Candol.
„War Jindo der einzige Vanyanar im Kreis der Fünf?“, fragte Leeni.
„Ja, Jindo war der einzige Vanyanar unter ihnen. Doch trotz der Tatsache, dass er der jüngste der Fünf war, so sagte man, dass der Wolkenwal ihm am meisten zugeneigt war. Wahrscheinlich weil Jindo so naturverbunden war und das schien dem alten Urca zu gefallen. Soviel ich weiß, hat er den Wolkenwal auch weit häufiger aufgesucht als die anderen vier.“
„Na wunderbar!“, rief Jesta zufrieden. „Jetzt brauchen wir nur noch herausfinden, wo dieser Jindo sich auf Brahn aufhält und ihn anschließend davon zu überzeugen mit uns zum Jaraansee aufzubrechen. Wenn er der Liebling von den Fünf Mitgliedern war, dann wird der Wolkenwal ihm sicher Gehör schenken!“
„Vielleicht wird er das“, erwiderte Candol, „aber wie bereits erwähnt, werden wir nichts unternehmen, ehe Renyan wieder zurück ist.“
Jesta nickte seufzend und setzte sich an das Kopfende des Bettes.
Crydeols Gesicht war fahl und leblos. Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet und nur das schwache Heben seines Brustkorbs gab Anzeichen darüber, dass er noch am Leben war.
Jesta wollte gerade nach dem Tuch greifen, um Crydeols Stirn abzutupfen, als mit einem Mal ein gellender Schrei durch eines der Fenster drang. Sofort liefen sie alle hinaus und blickten zum Himmel empor - und da war der weiße Rabe, der sogleich zur Landung auf Candols Schulter ansetzte. „Avakas!“, rief der Zauberer und tätschelte seinen Kopf. „Du bist wieder zurück! Wo ist Renyan, war seine Reise erfolgreich?“
Der Rabe krächzte kurz und blickte über die Lichtung. Und da sahen sie Renyan, der ihnen erleichtert zunickte.
Am liebsten wäre Jesta zu ihm geeilt und hätte ihn freudig umarmt, doch beim Anblick des riesigen Wolfes, der neben Renyan stand und sie mit seinen gelben Augen musterte, zog er es vor an Candols Seite zu warten, doch da setzte sich der Zauberer auch schon in Bewegung und schritt auf die beiden zu.
Leeni und Jesta blieben weiterhin vor dem Haus stehen und betrachteten fasziniert Renyans Begleitung und das weiße Horn, das auf der Stirn des Wolfes saß.
„So sehen wir uns also wieder, Ziron“, sprach Candol und der Wolf verneigte sich vor ihm und antwortete: „Und das freut mich sehr, Candol Krähenbändiger! Viele Jahre sind vergangen, seit wir uns das letzte Mal begegnet sind. Es freut mich zu sehen, dass ihr immer noch bei bester Gesundheit seid.“
Bei den anderen angekommen, begrüßte Renyan Leeni und warf Jesta einen erleichternden Blick zu, als dieser ihn aufmunternd auf die Schulter klopfte.
Candol öffnete nun die Tür des Baumhauses und bat die anderen hinein. „Lasst uns hineingehen. Die Abenddämmerung legt sich bereits über die Lichtung und die Zeit drängt!“
So schritten Renyan, Jesta und Ziron hinter dem Zauberer ins Innere. Leeni zog es vor draußen zu bleiben, da der Wolf durch seine Größe zu viel Platz beanspruchte und so gesellte sie sich zu ihrem Molbar und beobachtete das weitere Geschehen durch eines der Fenster.
Der Rest versammelte sich nun vor Candols Bett und wartete gespannt darauf was der Wolf wohl unternehmen würde. Lange Zeit betrachtete Ziron den Mann, der vor ihm lag und keiner der anderen sprach auch nur ein Wort.
Schließlich beugte sich der Wolf zu Crydeol hinunter, berührte ihn für einen kurzen Moment mit seinem Horn und sprach: „Zieht ihm die Beinkleider aus!“
Noch ehe Jesta fragen konnte, was Ziron im Sinn hatte, löste Candol auch schon Crydeols Gürtel und zog vorsichtig an dem dunklen Stoff der Hose.
„Rollt ihn auf den Rücken und betrachtet seine Kniekehlen“, sagte der Wolf und bat um etwas Kerzenschein, da der Abend nun endgültig sein schwarzes Tuch über die Lichtung geworfen hatte.
Als der Zauberer wieder mit dem erleuchteten Kerzenständer zum Bett zurückkehrte, sah Jesta aufmerksam auf Crydeols rechte Kniekehle.
„Was ist das?“, fragte er leise und zeigte auf ein seltsames schwarzes Ding, das einer kleinen Kugel ähnelnd in Crydeols Haut steckte.
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