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Andular (Noirils Verrat) (German Edition)

Andular (Noirils Verrat) (German Edition)

Titel: Andular (Noirils Verrat) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rene Fried
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sie Jesta entgegen.
    „Das, mein Freund, ist das Stumme Lied des Wolkenwals. Versuche es einmal zu lesen.“
    Jesta nahm das schwere Buch entgegen und starrte gebannt auf die schnörkeligen Zeichen der beiden Buchseiten.
    „Was ist das für eine Sprache? So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen. Sie ist sehr alt, nicht wahr?“
    „Ja“, antwortete der Zauberer und fuhr sich durch den Bart, „sehr alt sogar. Es ist die älteste aller Sprachen.“
    Jesta starrte weiterhin auf die merkwürdige Anordnung der Zeichen und Symbole, und nach einer Weile musste er seinen Blick von ihnen abwenden, so sehr verwirrten sie ihn und schmerzten in seinen Augen. „Diese Schrift bereitet mir Kopfschmerzen“, sagte er und überreichte das Buch wieder an den Zauberer.
    „So geht es den meisten“, antwortete Candol und nahm es wieder an sich.
    „Was bedeutet sie? Könnt ihr sie übersetzen?“
    Candol nickte und ließ seinen Zeigefinger über die Zeilen gleiten. „In der allgemeinen Sprache heißt es in etwa:

    SO ALT WIE DIE WELT, SO ALT IST AUCH ER.
    WACHT ÜBER DEN WOLKEN UND UNTER DEM MEER.
    DAS WAS ER SIEHT, ER IM GEISTE BEHÄLT.
    SO WAR ES SCHON IMMER, DER WÄCHTER DER WELT.

    NUR UM DAS GLEICHGEWICHT ZU WAHREN,
    KAM ER ZU UNS VOR VIELEN JAHREN.
    OBGLEICH FÜR FREUDE, LEID ODER QUAL,
    DIE WAAGE DER WELT; DER WOLKENWAL.

    GRÖSSER UND STÄRKER ALS JEDES HEER,
    GEBIETER IM HIMMEL UND UNTER DEM MEER.
    WIE KÖNIG UND RICHTER EIN URTEIL ER FÄLLT.
    SO WAR ES SCHON IMMER, DER WÄCHTER DER WELT.

    WER NACH IHM RUFT, SINGT ODER FLEHT,
    DEN WIRD ER NICHT HÖREN NACH DIESEM GEBET.
    DENN NUR IN GEDANKEN KANN DIES GELINGEN.
    GANZ OHNE STIMME, GANZ OHNE SINGEN.

    JENE DIE GLAUBEN, DIE WIRD ER BEEHREN.
    DOCH JENE IN DENEN SICH ZWEIFEL VERMEHREN,
    DIE WIRD ER VERACHTEN, EGAL WAS GESCHIEHT.
    DRUM SINGET DIE ZEILEN ALS STUMMES LIED.“

    Nachdem Candol zu Ende gesprochen hatte, sah ihn Jesta verwirrt an. „Aber wie kann man ein Lied stumm singen?“
    „Indem du es laut und deutlich im Geiste tust. Wie eine gesungene Übertragung deiner Gedanken.“
    Jesta lehnte sich zurück und erinnerte sich an einen der Woggel, dessen Stimme er zu Beginn ihrer Ankunft in seinem Kopf vernommen hatte.
    „Als Renyan und ich den Wald betraten, hörte ich plötzlich eine Stimme in meinem Kopf. Einer der Woggels war es, aber wie er es gemacht hat, kann ich nicht sagen. Aber ihr müsst mir glauben, dass es so war!“
    Da lachte der Zauberer. „Da hat sich Knubber wohl mal wieder einen Spaß erlaubt, was? Aber du hast recht. So wie er es getan hat, müsste man das stumme Lied singen.“
    „Aber wie hat er das gemacht? Wie kann man die Stimme eines anderen wahrnehmen, dessen Mund sich nicht einmal bewegt?“
    „Durch Gedankenübertragung, mein junger Freund!“, antwortete Candol, wobei seine Augen für einen kurzen Moment aufblitzten.
    „Gedankenübertragung?“, fragte Jesta. „Ist das Knubbers Gabe?“ Und kurz nachdem er die Frage gestellt hatte, passierte etwas höchst Erstaunliches.
    „Ja, das ist sie“, antwortete Candol. Doch er sagte es nicht wirklich, obwohl Jesta seine Worte deutlich vernommen hatte. Erschrocken fuhr er zurück und versetzte den Hocker, auf dem er saß, durch die heftige Bewegung um ein gutes Stück nach hinten. „Ihr könnt es auch? Warum habt ihr nichts gesagt?“
    Der Zauberer schmunzelte beim Anblick des erstaunten Durandi und antwortete: „Habe ich dich erschreckt? Nun, das tut mir leid, das war nicht meine Absicht.“
    „Ihr beherrscht diese Gabe also ebenfalls?“
    „Nicht ganz. Im Gegensatz zu Knubber gelingt es mir nur aus näherer Distanz. Ich muss die Person deutlich sehen können, bei der ich es anwende.“
    „Meint ihr, ihr könntet mich diese Fähigkeit lehren?“
    „Leider nein“, antwortete der Zauberer und sah prompt in das enttäuschte Gesicht des Durandi. „Dir fehlen die magischen Voraussetzungen.“
    „Schade“, seufzte Jesta. Doch gleich darauf kam ihm ein äußerst interessanter Gedanke in den Sinn. „Aber ihr könnt es! Ihr könntet den Wolkenwal doch fragen, warum er wieder aufgetaucht ist!“
    „Und wie stellst du dir das vor?“, lachte Candol. „Das ich mich ans Ufer des Jaraansees stelle und darauf warte, dass er auftaucht? Nein junger Durandi, das mitnichten.“
    Jesta starrte nachdenklich an die Decke. „Aber wenn sich wirklich etwas Bedenkliches auf Andular anbahnt, reizt es euch dann nicht es herauszufinden?“
    Sorgenfalten bildeten sich auf des Zauberers Stirn.
    „Das tut

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