Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
Vom Netzwerk:
Seite und wusste ganz gegen ihre sonstige Art nicht, was sie sagen sollte; also ging sie schweigend neben ihm her. Nach ein paar Schritten spürte sie seine Hand auf ihrem Arm, und widerstrebend blieb sie stehen. Mitten auf dem Hof ließ sie zu, dass er ihr Kinn mit den Fingern zu sich hob, sodass er ihr ins Gesicht sehen konnte. Von seinem durchdringenden Blick gefangen, konnte sie nirgendwo anders hinschauen, und plötzlich hatte sie Angst, er könnte ihre Gedanken lesen.
    »Verdirb diese letzten Augenblicke nicht dadurch, dass du Angst hast, das Falsche zu sagen, Alicia«, sagte er leise. »Ich möchte dein Lächeln in Erinnerung behalten und die Art, wie du in deinem komischen englischen Akzent plapperst und all diese langen Wörter benutzt, bei denen ich so tun muss, als ob ich sie verstehe. Ich könnte es nicht ertragen, wenn meine letzte Erinnerung an dich aus einem traurigen Gesicht und verlegenem Schweigen bestände.«
    Sie versuchte sich zu entspannen. »Ich möchte ja nichts verderben«, sagte sie. »Aber es ist nicht fair gegen uns beide, wenn wir zu viel voneinander erwarten. Nicht, wenn du so unerwartet fortgehst.«
    Er lächelte, und seine große Gestalt warf einen langen Schatten über sie. »Wirst du mich vermissen?«
    »Selbstverständlich«, sagte sie wahrheitsgemäß. Sie sah das Licht der Hoffnung in seinen Augen und fügte hinzu: »Aber als Freund. Als einen sehr lieben Freund.«
    Er schob ihren Arm unter seinen, und langsam gingen sie auf die Landebahn zu. »Damit werde ich mich zufrieden geben«, sagte er. »Vorläufig.«
    Unter normalen Umständen hätte Alicia ihm den Kopf zurechtgerückt. Aber dies waren keine normalen Zeiten, und wenn er schließlich doch aus dem Krieg zurückkehren sollte, wäre sielängst fort. Also war es besser, zu schweigen und ihn jetzt mit guten Gedanken gehen zu lassen. »Mach dir keine Sorgen um Jarrah«, sagte sie, als sie beim Flugzeug waren. »Ich werde mich darum kümmern, bis ihr zurückkommt, du und Seamus.«
    Stumm drückte er sie an sich und küsste sie auf den Scheitel, und dann war er fort. Die Propeller drehten sich, die Motoren dröhnten, und das kleine Flugzeug jagte über die Startbahn und stieg dann in den Himmel.
    Alicia sah der zerbrechlichen Maschine nach, die im wabernden Schwarz aufziehender Gewitterwolken verschwand, und fragte sich, ob dies ein Zeichen für die Zukunft war. Denn sie hatte plötzlich den Verdacht, dass ihr Urteil sie auf fatale Weise getäuscht hatte.
    Angenehm satt stieß Leanne die Fliegentür auf und streifte den Mantel ab. Es war wieder ein langer Tag gewesen, und sie war erledigt. Sie schleuderte die Stiefel von den Füßen und ließ sie liegen, wo sie hinfielen. Dann ging sie durch die Diele. Angel hatte festgestellt, dass es ihm im Kochhaus doch gefiel, und er war dort geblieben, um mit den anderen Männern zu rauchen und zu plaudern. Es ist schön, ein paar Augenblicke für sich allein zu haben, dachte sie, als sie an dem kleinen Tisch vorbeikam. Sie konnte duschen und sich auf Angels Rückkehr vorbereiten. Ihr Blick fiel auf das Telefon, und sie schaute auf die Uhr. »Ich sollte auf Warratah anrufen und Mutter sagen, dass wir den Transporter gut auf den Weg gebracht haben«, murmelte sie. Beim ersten Klingeln nahm jemand ab. »Wie geht’s, Claire?«
    »Gut. Ist Mum da?«
    Ihre Schwester klang erregt, und Leanne erstarrte. »Ich dachte, sie hätte es sich überlegt und kommt nicht?«
    »O mein Gott«, murmelte Claire am anderen Ende der Leitung. »Das bedeutet, sie ist allein irgendwo da draußen.«
    »Wann ist sie abgefahren?« Leanne gab sich Mühe, Ruhe zu bewahren.
    »Ziemlich früh. Leanne, wir müssen sie finden, und zwar schnell! Die Temperatur sinkt, und sie könnte an Unterkühlung sterben, wenn sie einen Unfall hatte.«
    »Moment mal, Claire. Sie hat doch ein Funkgerät. Wenn mit dem Wagen etwas passiert wäre, hätte sie sich gemeldet.«
    »Aber das hat sie nicht getan, oder?«, schrie Claire. »Deshalb rufst du mich doch an, und wir verschwenden Zeit. Ich komme rüber.« Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen.
    Leanne raffte ihren Mantel an sich und zog die Stiefel an. Wenn sie nur eher angerufen hätte! Wenn sie nur nicht bis nach dem Essen gewartet hätte! Der Gedanke an ihre Mutter da draußen in der kalten, nassen Nacht trieb sie an, und sie rannte aus dem Haus und quer über den Hof. Sie riss die Fliegentür auf und stürmte ins Kochhaus. Ein Dutzend erschrockene Augenpaare starrten ihr entgegen. Es

Weitere Kostenlose Bücher