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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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sie durch den Schlamm und betteten sie behutsam auf die Ladefläche eines Geländewagens. Leanne und Claire stiegen zu ihr hinein, und der Konvoi nahm Kurs auf Jarrah.
    »Sie ist so blass«, sagte Leanne zähneklappernd. »Wird sie es schaffen? Warum wacht sie nicht auf?«
    Fröstelnd strich Claire sich das nasse Haar zurück und überprüfte Ellies Lebenszeichen. »Der Puls ist kräftig, aber langsam. Sie hat beim Sturz das Bewusstsein verloren, und die Kälte und die Nässe waren nicht gerade förderlich. Wir müssen sie warm halten. Ihre Temperatur darf nicht weiter sinken.«
    Leanne warf einen Blick auf ihren verdreckten, nassen Mantel. Er würde ihrer Mutter nichts nutzen, und sie hatte nichts anderes. »Wir haben keine Decken mehr«, sagte sie zitternd. Der Schock machte sich bemerkbar; sie war bis auf die Knochen durchgefroren und den Tränen nahe wie nie zuvor. Aber sie wollte verdammt sein, wenn sie Claire zeigte, wie sehr sie sich sorgte.
    »Es ist okay, Lee«, tröstete Claire sie. »Leg dich neben sie, aber sieh zu, dass du sie nicht bewegst. Wir halten sie mit unserer Körperwärme warm.«
    »Mit welcher Körperwärme?« Leanne schmiegte sich an die reglose Gestalt ihrer Mutter. Ihr war so kalt, dass sie nicht aufhören konnte zu zittern, und Claires ruhiges Verhalten machte sie wütend. Es war, als kümmere sie all das gar nicht.
    »Alles ist besser als nichts«, sagte Claire.
    Der Wagen pflügte durch den Schlamm, während der Regen gegen die Fenster peitschte und der Wind hinten an der Plane zerrte. Ellie war immer noch sehr bleich, ihre Haut eiskalt, und ihr Atem ging unregelmäßig. Ihr Mann war vier Tagereisen weit entfernt, und der Fliegende Doktor würde bei diesem Wetter vielleicht nicht landen können. Sie waren in großen Schwierigkeiten.
    Undeutlich nahm Ellie Stimmen wahr, und sie hatte das Gefühl, geschaukelt zu werden und zu frieren. Ein dumpfer Schmerz erfüllte ihren Arm und ihren Kopf, aber sie hatte das Gefühl zuschweben. Sie trieb zufrieden in der Dunkelheit, die sie umgab. Es war warm in der Dunkelheit. So warm, wie es vor all den Jahren gewesen war, als sie der Farm absichtlich fern geblieben war und mit Jacky Jack und den Boys gearbeitet hatte.
    Nichts zu wissen, das war eine Qual für sie und Aurelia gewesen. Die fehlenden Neuigkeiten aus Broome und von der Armee hatten sie in stumme Verzweiflung getrieben. Sie waren umeinander herumgeschlichen, während sie ihren täglichen Pflichten nachgingen, und hatten einander kaum noch in die Augen schauen können. Sogar Kelly hatte sich von ihrer Stimmung anstecken lassen und war ungewöhnlich still geworden.
    Aber hier draußen, in der warmen Sonne, mit dem Rauschen des Windes in den Bäumen und dem Gesang der Glockenvögel, die ihr Gesellschaft leisteten, hier war ihr beinahe friedlich zumute. Denn hier hörte sie sein Lied und wusste, dass Joe bei ihr war.
    Die Dunkelheit verblasste, die Wärme wich, und Ellie fand sich widerwillig damit ab, dass ihre Flucht zu Ende war. Sie wurde aus der Vergangenheit in die kalte Gegenwart zurückgeholt – zurück in eine Dunkelheit von ganz anderer Art, in die Dunkelheit halb ausgesprochener Wahrheiten.
    Aber als sie die Augen aufschlug und sich umschaute, wusste sie, dass sie sich geirrt hatte. Denn das hier war viel schlimmer. Dies war der Ort, wo alles angefangen hatte. Hier hatte der Albtraum begonnen.

ZWÖLF

    F ür Augenblicke wie diesen hatte man die Landebahn in Ordnung gehalten, und als die ersten grauen Streifen den Himmel erhellten, dröhnte das Flugzeug des Arztes über den Himmel und landete gleich darauf. Claire wartete im Wagen. Sie hatte trockene Sachen angezogen, nachdem sie es Ellie auf dem Sofa im Wohnzimmer bequem gemacht hatten, aber die Kälte schien ihr bis in die Knochen gedrungen zu sein, und was sie auch tat, sie konnte sie nicht abschütteln.
    »Ein Glück, dass ich in Ihrer Gegend war«, sagte der Arzt fröhlich, als er und die Krankenschwester ausgestiegen waren. »Ich war in Isa zu einer Entbindung, als Ihr Funkruf kam.« Claire wendete rasch und fuhr mit Hochgeschwindigkeit zurück zum Farmhaus. »Sie fahren wie alle Frauen von Warratah; also schätze ich, demnach müssen Sie Leannes Schwester sein. Ich bin Phil Kominsky, und das ist Sandra, meine Krankenschwester. Freut mich, Sie kennen zu lernen.«
    »Claire. Ich bin froh, dass Sie so schnell kommen konnten.« Sie warf einen Blick zu ihm hinüber. Er war im mittleren Alter und von stämmiger Gestalt – ein

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