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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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flog mit solchem Krachen auf, dass er zusammenfuhr. »Da sind Sie ja!«, dröhnte Aurelia. »Sie kommen spät.«
    Matt kam sich vor wie ein ungezogener Schuljunge, der im Fahrradschuppen beim Rauchen ertappt wurde. »Eine Kuh hatte Probleme beim Kalben«, sagte er und trat auf die ausgetretenen Verandastufen zu, bemüht, in der Dunkelheit hinter der Tür etwas zu erspähen. »Ist Claire schon fertig?«, fragte er hoffnungsvoll.
    »Sie ist nicht da«, sagte Aurelia.
    Matt schluckte. Die Enttäuschung war überwältigend, und es war, als wäre die Sonne hinter einer schwarzen Wolke verschwunden. »Oh« war alles, was er herausbrachte.
    Aurelia lachte laut. »Kein Grund, so niedergeschlagen zu gucken«, sagte sie mit ihrer vollen Altstimme. »Sie musste nach Jarrah. Man erwartet Sie dort.«
    Seine Stimmung besserte sich sofort, und am liebsten hätte er die alte Dame geküsst. Aber die funkelte ihn streng durch ihr Monokel an, und er hätte es niemals gewagt. »Danke«, stotterte er nur.
    »Dann ab mit Ihnen!«, dröhnte sie. »Die Zeit verfliegt.« Sie riss die Fliegentür auf und verschwand im Haus.
    Mit federnden Schritten lief Matt zu seinem Flugzeug. Es sah gut aus. Der Tag versprach doch noch schön zu werden.
    Ellie hatte sich einen Plastikbeutel um den Gipsarm gebunden, und auch wenn es ein wenig Mühe gemacht hatte, sich das Haar zu schamponieren, hatte sie die Dusche genossen. Sie fühlte sich viel besser. In ein Badelaken gewickelt, trödelte sie herum, als sie ein kleines Flugzeug kommen hörte. Sie lief eilig in die Küche. Claire war beim Abwaschen. »Lass das jetzt. Du bekommst Besuch.«
    Claire musterte sie argwöhnisch. »Was habt ihr da ausgekocht, du und Aurelia?«
    Ellie lächelte. »Du hast doch nicht wirklich erwartet, dass deine Tante Matt einfach wieder wegschickt, oder? Das ist nicht ihre Art.«
    Claire warf das Spültuch ins Becken und wandte den Tellern den Rücken zu. »Ich bin ein furchtbarer Anblick«, stöhnte sie. »Ich habe in meinen Kleidern geschlafen, und meine Haare sehen aus wie ein Vogelnest.«
    »Dann geh und ändere das, während ich mich anziehe. Ich werde ihn unterhalten, bis du so weit bist.« Sie lächelte, und Claire lief eilig hinaus. »So gern willst du den Tag also mit mir verbringen«, murmelte Ellie entzückt.
    Das Flugzeug rollte aus, während sie ins Schlafzimmer stürzte. Sie zog eine Reithose und ein Hemd an, und es fröstelte sie. Dies war das Zimmer, in dem Charlie geschlafen hatte. Das Zimmer, in dem seine Albträume sie wach gehalten hatten. Wie fern diese Zeiten waren, und doch – wie klar in ihrer Erinnerung! Mit leisem Aufschluchzen ging sie hinaus. Die Geister rückten wieder näher.
    Als es im Haus wieder still war, trat sie hinaus auf die Veranda. Sie lehnte sich an das Geländer und lächelte. Was für ein Kommen und Gehen, dachte sie. Wer hätte damit gerechnet, dass die nüchterne Leanne plötzlich einen hinreißenden, sexy Argentinier heiraten würde, den sie erst seit zwei Monaten kannte? Und Claire – so fröhlich, als Matt auftauchte, dasssie fast zur Tür hinausgetanzt wäre. Ellie lachte leise. Sie hatte gewusst, dass Aurelia ihn herüberschicken würde – dem alten Mädchen entging nicht viel, trotz ihrer Jahre.
    Ellie zog die Schlinge zurecht, sodass sie am Hals bequemer lag, und schaute zum Horizont. Es war schön, die Töchter wieder in der Nähe zu haben; sie hatte die beiden schrecklich vermisst, auch wenn sie sich zankten wie die Besenbinder. Aber sie wusste, dass dies nur ein kurzes Intermezzo sein würde, denn die beiden waren längst mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, und sie selbst würde da zurückstehen müssen. Das Leeres-Nest-Syndrom, dachte sie betrübt und ging in den Hof hinunter. Wenigstens habe ich meistens genug zu tun, um mich abzulenken.
    Gelangweilt beschloss sie, sich mit Jarrah neu vertraut zu machen, und so spazierte sie durch die Stallungen, den Duft von frischem Heu und nass geschrubbtem Kopfsteinpflaster atmend. Die Sattelkammer war voll gestopft mit Leder, Zaumzeug und teuren Sätteln. Die Schlafbaracke war sauber geputzt; die eisernen Betten waren mit sauberen Laken und Bezügen versehen, aber der derbe Geruch von Fußschweiß und Männern vertrieb sie bald wieder.
    Ellie lief quer über den Hof zum Kochhaus und blieb mitten in dem riesigen Raum mit der hohen, kathedralenartig gewölbten Decke stehen. Der Geruch von tausend Mahlzeiten hing in der Luft. Die Sonne schien durch die Fenster, und Stäubchen tanzten

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