Anemonen im Wind - Roman
und schloss die Augen. Sie konnte nicht glauben, dass ihre Eltern sie so verraten hatten. Konnte nicht glauben, dass alles, was sie geleistet hatte, nun ihrer Schwester zugute kommen sollte. »Das ist nicht fair«, zischte sie unter Tränen. Claire hat alles – Schönheit und Verstand und die Fähigkeit, mehr zu verdienen, als ich es je könnte. Und nun bekommt sie auch noch Jarrah. Mein Jarrah!
Leanne stieß sich von der Tür ab und suchte die Rolle mit ihren Plänen hervor. Sie warf sie aufs Bett, und die Tränen liefen ihr heiß über das Gesicht. Enttäuschung und Kränkung waren so übermächtig, dass sie glaubte, sterben zu müssen. All die harte Arbeit, die schlaflosen Nächte und zermürbenden Tage – alles umsonst. Ihre ganze Zukunft war nutzloses, verdammtes Papier.
Nach einer Weile raffte sie die Pläne zusammen und marschierte zurück ins Wohnzimmer. Tränen würden ihr nicht helfen. Sie musste sich wehren, musste kämpfen um das, was sie wollte. Es war an der Zeit, Mum zur Vernunft zu bringen. Zeit, die Sache ein für alle Mal zu klären.
Claire war allein mit ihrem Kummer; sie schlang die Arme um sich und starrte aus dem Fenster. Eine einzelne Träne rann ihr übers Gesicht, aber sie merkte es kaum. Wie war es möglich, dassLeanne sie so sehr hasste? Wie kam Leanne nur auf den Gedanken, sie, Claire, habe ihr Jarrah absichtlich gestohlen, obwohl sie doch keine Ahnung von Mums Plänen gehabt hatte? Was zum Teufel hatten Mum und Dad sich dabei gedacht? Sie drehte sich um, als sie die Stimme ihrer Schwester hörte.
»Ich will dir etwas zeigen.« Leanne legte die Pläne auf den Couchtisch.
»Ich will Jarrah nicht haben«, fing Claire an. »Ich habe es nie haben wollen.«
»Das ändert nichts an der Tatsache, dass es dir gehört«, fuhr Leanne sie an. »Aber warum sollte ich überrascht sein? Du warst immer schon Dads Goldkind.«
Das war eine bösartige Bemerkung, die eine Reaktion herausforderte. »Das ist nicht fair«, sagte Claire. »Mum und Dad haben uns immer gleich behandelt. Ich bin genauso fassungslos wie du.« Sie ging auf Leanne zu und streckte zögernd eine Hand zur Versöhnung aus. »Bitte lass uns nicht streiten.«
Leanne schlug ihre Hand beiseite. »Ich werde nicht dastehen und zulassen, dass du alles an dich reißt«, sagte sie. »Wir mögen Schwestern sein, aber du weißt herzlich wenig über mich, wenn du glaubst, dass ich dich damit davonkommen ließe.«
»Hört auf, alle beide!«, befahl Ellie. »Claire hat nichts davon gewusst, Leanne. Und ich schäme mich für dein unerhörtes Benehmen.«
Leanne verschränkte die Arme. »Und was sollte ich tun, Mum?«, kläffte sie. »Beiseite gehen und ihr Jarrah überlassen?« Sie atmete zischend ein. »Ich habe ein Recht auf die Farm. Ich verlange, dass ihr zurücknehmt, was immer ihr getan habt, und sie mir überlasst.«
»Das kann ich nicht«, sagte Ellie düster.
»Warum nicht?«, wollte Leanne wissen. »Beide Farmen gehören euch.«
Ellie schüttelte den Kopf. »Uns gehört Warratah, aber Jarrahhaben wir treuhänderisch für Claire verwaltet, seit sie auf der Welt ist«, flüsterte sie.
Claire starrte ihre Mutter an und bemühte sich zu begreifen, was sie da gehört hatte. »Ich will Jarrah nicht«, sagte sie in die lastende Stille hinein. »Ich habe Jarrah nie gewollt. Behalte es, Leanne. Nimm es, tu damit, was du willst, aber lass uns bitte nicht mehr streiten.«
Leannes Blick ging von ihrer Schwester zu Angel und weiter zu ihrer Mutter. »Seht ihr, wie leicht sie es aufgeben kann?«, fauchte sie. »Sie hat Jarrah nicht verdient. Sonst würde sie darum kämpfen.«
Ellie ließ sich auf die Sessellehne fallen. »So einfach ist das nicht.« Ihre Stimme war brüchig vor innerer Bewegung.
Leanne schlug mit der Faust auf den Tisch. »Doch, das ist es«, explodierte sie. »Sieh dir die Pläne an, die ich für Jarrah gemacht habe, und dann sag mir, dass ich hier nichts zu suchen habe.«
Claire und Ellie bewegten sich wie Schlafwandlerinnen zum Tisch. »Was ist das alles?« Ellie wendete die Blätter um, und Claire und Angel schauten ihr über die Schulter.
»Das sind Pläne für Gäste-Cottages«, sagte Leanne kalt. »Jarrah wird eine Rinderfarm bleiben, aber es wird auch für Gäste offen sein. Ich habe … hatte … den Plan, es zu einer Ferienranch zu machen.«
»Eine glänzende Idee!«, hauchte Claire. »Mit der Piste zum Highway hat Jarrah die ideale Lage dafür. Gut gemacht, Leanne.«
Leannes frostiger Blick ließ sie
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