Anemonen im Wind - Roman
Autorin war. Aber sie konnte nicht widerstehen und blätterte um. Das Zuschlagen der Fliegentürund das Geräusch eiliger Schritte rissen sie aus dem schwülen Los Angeles zurück ins warme Queensland. Erschrocken schob sie das Buch schuldbewusst hinter die Kissen, als Claire in der Tür erschien.
»Bin wieder da«, erklärte Claire überflüssigerweise und ließ sich in einen Sessel fallen. »Ich hatte einen wundervollen Tag.« Sie lächelte. Ihre Augen waren sehr blau, ihre Wangen gerötet.
»Das sehe ich«, sagte Ellie bewusst sanft. »Was hast du mit ihm gemacht? Oder sollte ich nicht danach fragen?«
»Er musste nach Hause. Muss morgen früh raus«, sagte Claire obenhin und goss sich einen Drink ein. »Ich habe gesagt, du hättest nichts dagegen, wenn er morgen Abend zum Essen nach Warratah kommt.«
»Dann musst du aber kochen«, sagte Ellie. »Mit dem verflixten Arm kann ich nicht viel tun.« Lächelnd schaute sie ihre Tochter an. »Es freut mich, dass ihr beide euch so gut versteht. Er ist ein netter Mann, und es wird Zeit, dass er nach Laura sein Leben wieder in die Hand nimmt.«
Claire reichte ihrer Mutter ein Glas und sank neben ihr auf die Couch. »Er hat mir heute von ihr erzählt. Sie war sehr jung, als sie starb, weißt du. Noch keine dreißig.«
Ihre Miene war traurig, aber Ellie fiel auf, dass das Glück in Claires Augen sich nicht verbergen ließ. »Du verschweigst mir doch was«, sagte sie. »Ich seh’s dir an.«
Claires Blick wanderte von ihrer Mutter zu dem bunten Gegenstand, der hinter dem Kissen hervorlugte. »Du mir auch«, kicherte sie und zog das Buch aus seinem Versteck. »Ich kenne dieses Buch, es ist unanständig. Wirklich, Mum! Was kommt als Nächstes?«
Ellie hob das Kinn und bemühte sich um einen strengen Gesichtsausdruck. »Ich halte mich gern auf dem Laufenden über das, was gerade populär ist. Deshalb dachte ich, ich überflieg’s mal.«
»Ach so!« Claire blätterte in dem Buch, bis sie die Seite fand, an der Ellie eine Ecke umgeknickt hatte. »Wie ich sehe, hast du schon mindestens zwei Drittel überflogen«, neckte sie. »Gefällt dir wohl, wie?«
Ellie merkte, dass sie rot wurde, und fing an zu lachen. »Ich wusste nicht, dass Leute solche Sachen machen«, stammelte sie. »Komme mir ziemlich unzulänglich vor. Gib es um Gottes willen nicht deinem Vater!«
»Daddy hat doch nie Zeit zum Lesen.« Claire nahm einen Schluck von ihrem Drink. »Kann nicht lange genug still sitzen.« Sie stellte ihr Glas hin, zog die Füße unter sich und wandte sich mit ernster Miene Ellie zu. »Ich habe einen neuen Job angeboten bekommen.«
Ellie beobachtete das Gesicht ihrer Tochter, während sie sich von Matts Plänen berichten ließ. Es war eine großartige Idee, und sie wunderte sich, dass bisher noch niemand darauf gekommen war.
»Ich weiß nicht, was ich machen soll, Mum. Matt ist wirklich ein netter Kerl, und sein Konzept ist spannend. Aber der Posten in Sydney ist eine Gelegenheit, die sich nie wieder bieten wird, und ich hatte solches Glück, ihn zu kriegen.«
»Bist du immer noch entschlossen, in die Stadt zurückzukehren?«
Claire nagte an der Unterlippe. »Das dachte ich, ja. Aber jetzt …« Sie zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch mit einem tiefen Seufzer von sich. »Ich muss zugeben, ich fühle mich versucht. Seit ich wieder hier bin, habe ich begriffen, wie sehr ich diesen Ort liebe. Aber ich kenne Matt kaum. Was ist, wenn wir einander am Ende hassen? Und dann gibt es praktische Probleme. Ich würde Geld brauchen, um mich als Partner in die Praxis einzukaufen, außerdem die Geduld und den Mumm, den Pilotenschein zu machen, und schließlich irgendwo einen Standort für meine Arbeit.«
Ellie lächelte. »Du könntest deine Praxis hier einrichten«, sagte sie, ohne nachzudenken. »Jarrah eignet sich vorzüglich als Stützpunkt, um ins Landesinnere zu kommen.«
Claire runzelte die Stirn. »Warum sollte ich hier wohnen wollen?«, fragte sie. »Wenn ich mich dazu entschließen sollte, diese völlig irrwitzige Idee zu verwirklichen, würde ich lieber auf Warratah leben. Leanne und ich sind schließlich nicht gerade die besten Schwestern auf dieser Welt.«
Ellie biss sich auf die Lippe. Sie war einen Moment unachtsam gewesen. Aber bevor sie etwas sagen konnte, meldete sich eine Stimme von der Tür. »Was soll das heißen, dass Claire hier wohnen soll?«
»Mum meinte gerade, Jarrah würde sich vorzüglich als Standort für meine Praxis eignen.«
Leanne
Weitere Kostenlose Bücher