Anemonen im Wind - Roman
kam herein, gefolgt von Angel. Sie schenkte sich und ihm einen Drink ein und blieb am Kamin stehen. »Ich habe keine Ahnung, wovon zum Teufel ihr redet; also erklärt’s mir lieber.« Ihr Ton war ausdruckslos, ihr Blick kalt.
Ellie rutschte unbehaglich hin und her, während Claire noch einmal Matts Pläne für einen Service der Fliegenden Tierärzte darlegte. Sie merkte wohl, dass Leannes Anspannung wuchs, und sie wusste, dass ein erbitterter Streit zwischen ihren beiden Töchtern bevorstand. Sie griff nach ihrem Glas, aber ihre Hand zitterte so sehr, dass etwas auf den Tisch schwappte.
»Ich habe nie gesagt, dass ich vorhabe, hier zu wohnen«, protestierte Claire. »Das war Mums Idee.«
»Gut«, sagte Leanne frostig. »Ich habe nämlich meine Pläne für dieses Haus, und da ich nun verheiratet bin, wärst du dabei im Weg.«
»Pläne?« Ellie merkte sofort, dass sie in scharfem und zu lautem Ton gesprochen hatte. Sie wurde rot, als die Mädchen sie anschauten. »Was für Pläne, Leanne?«, fragte sie ruhiger, als ihr zumute war.
Leanne schob eine Hand in die Tasche und legte die andere auf das Kaminsims. »Wenn Jarrah erst auf meinen Namen überschrieben ist, werde ich es dir erzählen«, sagte sie geheimnisvoll. »Aber bis dahin wirst du abwarten müssen.« Sie warf ihrer Schwester einen hinterhältigen Blick zu. »Ich garantiere dir, du wirst staunen.«
Ellie hatte einen Kloß im Hals, an dem sie zu ersticken drohte. »Ich wünschte, du hättest schon eher etwas davon gesagt, Leanne.«
»Dann wäre die Überraschung dahin gewesen«, antwortete Leanne. »Außerdem habe ich so lange gebraucht, um die Pläne wasserdicht hinzubekommen. Wir haben schließlich nicht alle den Vorteil einer Universitätsausbildung und Freunde an höherer Stelle.«
»Das ist unfair!«, stieß Claire hervor. »Sei nicht so ein Biest, Leanne! Was hab ich dir eigentlich getan, dass du mich so hasst?«
»Der Tag hat nicht genug Stunden, um damit auch nur anzufangen«, fauchte Leanne.
Ellie war wie betäubt – so sehr schmerzte es sie, mit anzusehen, dass ihre Töchter so hasserfüllt miteinander sprachen. Sie musste diese Angelegenheit klären, bevor sie außer Kontrolle geriet. »Dein Dad und ich haben dir niemals irgendwelche Versprechungen gemacht, Leanne.« Ihre Stimme klang, als gehöre sie einer Fremden.
Leanne erstarrte. Verwirrt und zornig schaute sie auf ihre Mutter herunter. »Aber ihr habt gesagt, ich soll lernen, einen Betrieb zu führen. Ihr wisst, wie gern ich hier bin, und auch wenn ihr mir vielleicht nie ausdrücklich versprochen habt, dass Jarrah eines Tages mir gehören wird, so habt ihr es doch immer angedeutet.« Ihr Ton war eisig.
Ellie verschränkte die Hände im Schoß. Sie konnte ihrer Tochter kaum in die Augen schauen, aber Leanne zwang sie dazu. »Es wird Zeit, dass wir uns ausführlich unterhalten«,sagte sie schließlich. »Es gibt Dinge, die ich und euer Vater euch beiden schon längst hätten erklären sollen. Dinge, von denen Aurelia wusste, dass sie ans Licht gebracht werden müssen. Aus diesem Grund ist Claire hier.«
»Weißt du, wovon sie redet?« Leanne fuhr herum und starrte ihre Schwester bleich vor Wut an.
Claire funkelte zurück. »Nein«, sagte sie mit Entschiedenheit. »Mir hat man nur gesagt, ich soll nach Hause kommen, damit wir die Atmosphäre bereinigen können.« Sie bemerkte die Kälte in Leannes Blick und die Ratlosigkeit und Verblüffung bei dem schweigenden, wachsamen Angel. »Mum, was ist los? Du erzählst mir die Geschichte von Warratah und Jarrah, aber da gibt es noch mehr, nicht wahr? Was verheimlichst du?«
»Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll«, antwortete Ellie zögernd.
»Versuch’s mit dem Anfang«, fauchte Leanne.
Ellie konnte nicht länger still sitzen. Sie stand auf und fing an, hin und her zu wandern. »Ich habe mit der Frage gerungen, wie ich es euch beiden sagen soll, aber jetzt ist es so weit, dass ich kaum noch weiß, wie ich mich ausdrücken soll. Es verfolgt mich Tag und Nacht, seit Claire zu Hause ist.« Sie hob eine Hand und brachte den Protest ihrer Tochter zum Schweigen. »Das ist nicht deine Schuld, Claire. Es ist meine. Meine und Charlies, Joes und Mickeys.« Sie holte tief und bebend Luft. »Wenn ich die Uhr zurückdrehen könnte, würde ich es tun. Ich würde alles dafür geben, wenn ich etwas ändern könnte. Aber das kann ich nicht. Und wir alle müssen mit den Konsequenzen leben.«
Leanne stürzte ihren Drink hinunter und zündete sich eine
Weitere Kostenlose Bücher