Anemonen im Wind - Roman
seinem Stuhl hin und her. Seine Miene war grimmig, sein Blick voller Unbehagen. »Wovon redest du? Was für eine Alternative?«
»Ich habe mein Testament geändert«, sagte sie ruhig.
Sein raues Lachen tat ihr weh. »Du alberne alte Schachtel«, höhnte er schließlich. »Glaubst du, ich weiß nicht, dass du für Ellie sorgen wirst? Was willst du denn machen – Warratah der Wohlfahrt vererben und Ellie wieder auf die Wanderschaft schicken?« Er schüttelte den Kopf und beugte sich zu ihr hinüber. »Du machst mir nichts vor«, sagte er leise. »Ellie und ich werden heiraten, und wir werden hier mit unserem Kind wohnen – und du kannst nichts dagegen tun.«
Aurelia blätterte die betreffende Seite ihres Testaments auf. »Ich hinterlasse Warratah meinem Ehemann Jack Withers«, las sie vor. »Bei seinem Tode soll es auf meine Schwester Alicia übergehen.« Sie hob den Kopf. Sie brauchte es nicht zu lesen; sie kannte die Worte auswendig. »Beim Tode Alicias soll Warratah durch meine Anwälte treuhänderisch für Ellies Kinder verwaltet werden.«
Lange war es still zwischen ihnen. Charlie rauchte eine zweite Zigarette, und Aurelia zündete sich ihre Pfeife an. Es war eine Pattsituation, aber Aurelia hatte nicht die Absicht, diese besondere Schachpartie zu verlieren. Sie würde abwarten. Nichts half so gut wie Stille, wenn man sich konzentrieren wollte.
»Ich werde Ellie erzählen, was du mir soeben vorgeschlagen hast«, sagte er schließlich. »Sie wird nicht gerade beeindruckt von dir sein.«
»Wie du willst«, antwortete sie ungerührt. »Ellie ist ein vernünftiges Mädchen; sie weiß, dass mir ihr Interesse am Herzenliegt.« Sie beugte sich über den Tisch und schaute ihm fest in die Augen. »Ich weiß, dass sie diese Heirat nicht will, auch wenn sie das Gegenteil beteuert. Sie tut es nur, um das Kind in ihrem Leib zu schützen. Und beleidige meine Intelligenz nicht, indem du behauptest, sie zu lieben. Ich weiß es besser – und dein erbärmlicher Versuch, mich zu erpressen, hat diese Tatsache nur unterstrichen.«
Charlies Blick folgte ihrer Hand, als sie den Scheck aufnahm. Aurelia sah, dass er hin und her gerissen war zwischen Habgier und der Unfähigkeit, zu glauben, dass sie ihre Nichte enterben würde. Aber sie war zu jedem Opfer bereit, wenn sie Ellie damit schützen konnte, und wenn alles so liefe, wie sie es geplant hatte, würde sie dieses neue Testament zerreißen können. »Abgemacht?«, murmelte sie.
Das Dröhnen eines kleinen Flugzeugs durchbrach die Stille, und Aurelia holte verärgert Luft. Sie war so nah daran gewesen, zu bekommen, was sie wollte. Jetzt war der Augenblick vorbei, und sie würde wieder von vorn anfangen müssen. Aber Zeit war kostbar, denn bis zur Hochzeit waren es nur noch ein paar Tage.
Charlie stand auf. »Ich überleg’s mir.« Er packte seinen Hut und schaute auf sie herab. »Du machst dir ein ganz falsches Bild, weißt du«, sagte er mit Nachdruck. »Ich liebe Ellie wirklich. Warratah war nur ein Bonus.«
»Den du niemals bekommen wirst«, antwortete sie. »Ich trau dir nicht, Charlie. Ich hab’s noch nie getan und werde es auch nie tun.«
Da lachte er, und das geheimnisvolle Glänzen trat wieder in seine Augen, als er sich das Haar glatt strich und den Hut aufsetzte. »Das wirst du bereuen«, sagte er zischend wie eine Schlange. »Eines Tages, sehr bald schon, wirst du erkennen, wie sehr ich dich hasse, und du wirst nichts dagegen tun können.« Glucksend wandte er sich ab, und seine Stiefelabsätze donnertenüber den Holzboden, als er die Fliegentür hinter sich zuschlug und über die Veranda auf die Stufen zuging.
Aurelia zitterte. Sie hatte eine Kälte bei Charlie gespürt, die ihr Angst einjagte, und seine Drohungen hatten einen beinahe teuflischen Schimmer von Bösartigkeit gehabt. Sie raffte die Papiere zusammen und fragte sich, was er da vor ihr geheim hielt. Dann reckte sie die Schultern und kam zu dem Schluss, dass es leere Drohungen waren – denn was konnte Charlie ihr schon Schlimmes antun, außer ihre geliebte Nichte zu heiraten? Sie drückte sich das Monokel ins Auge und stapfte mit einem Grunzen der Enttäuschung hinaus, um Jack zu begrüßen.
Sie wartete, bis er aus dem Flugzeug geklettert war. »Wo zum Teufel hast du gesteckt?«, wollte sie wissen.
Er nahm sie in die Arme und küsste sie. Als sie beide nach Luft schnappten, hielt er sie auf Armlänge von sich und grinste. »Schön zu wissen, dass man mich vermisst hat«, sagte er. »Aber
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