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Anemonen im Wind - Roman

Anemonen im Wind - Roman

Titel: Anemonen im Wind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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zerstörte auch Charlies Wesen, er beeinträchtigte sein Empfinden für Recht und Unrecht, verstärkte die dunkle Seite seiner Persönlichkeit.« Jack holte tief Luft, als er sich endlich umdrehte und sie anschaute. »Ich erwarte nicht, dass du ihm verzeihst. Aber du musst versuchen zu verstehen, warum er getan hat, was er getan hat.«
    Ellie schlang die Arme um ihren Körper und wiegte sich vor und zurück, die Augen geschlossen, die Gedanken in Aufruhr. Das Schicksal hatte beschlossen, dass sie sich vor all den Jahren auf der langen, einsamen Straße nach Cloncurry begegnen sollten – aber was für einen schrecklichen Preis hatten sie alle dafür zahlen müssen.
    Die Operation war insofern erfolgreich gewesen, als die Hirnblutung gestoppt worden war, und der Bruch des Schädelknochens begann zu verheilen. Aber Joe lag immer noch bleich und still auf dem makellosen Krankenhauskissen, und der schneeweiße Verband betonte die Schatten unter seinen Augen und die Zartheit der hell geäderten Lider.
    »Du musst nach Hause kommen und dich ausruhen«, drängte Aurelia. »Es geht jetzt fast drei Monate so, und du machst dich noch krank.«
    Ellie gähnte und legte die Zeitschrift beiseite, die sie schon mindestens ein Dutzend mal gelesen haben musste. »Ich gehe nicht, bevor er aufwacht«, erklärte sie entschlossen. »Ich will die Erste sein, die er sieht.«
    »Und was ist mit dem Baby?« Aurelia verschränkte die Arme unter dem Busen und beäugte sie streng durch ihr Monokel. »Es kann nicht gut für das kleine Ding sein, wenn du ständig im Haus herumhockst. Du isst nicht richtig, und du bekommst nicht genug Bewegung an der frischen Luft. Die Entbindung wird schwer werden.«
    Ellie warf einen Blick auf Joe. Der Arzt hatte gesagt, er könne vielleicht hören, was sie sagten, und er hatte sie ermuntert, mit ihm zu sprechen. Aber er hatte keine Reaktion gezeigt, als sie ihm aus seinen Lieblingsbüchern und Gedichten vorgelesen hatte. Kein Erkennen, keine Erwiderung, als sie ihn auf die Wange geküsst und ihm gesagt hatte, dass sie ihn liebte. Trotzdem wollte sie nicht riskieren, dass er dieses Gespräch hörte; sie wollte nichts tun, was seine Genesung beeinträchtigt hätte. »Lass uns hinausgehen«, sagte sie leise. »Wir können uns draußen unterhalten.«
    Ein paar Augenblicke später ließ Aurelia sich in einen Verandasessel fallen. »Was ist denn los?« Ihre grauen Augen blickten besorgt, und ihr Ton war nüchtern und sachlich.
    Ellie verschränkte die Finger vor der Rundung ihres anschwellenden Bauches und betrachtete den vorüberziehenden Verkehr. Sie wollte nicht aussprechen, dass sie befürchtete, Joe könne sie nicht mehr haben wollen, weil sie das Kind eines anderen im Leibe trug. »Dr. O’Neil sagt, mir geht es gut. Ich könntevielleicht ein bisschen zunehmen, und er hat mir Eisentabletten verschrieben.« Seufzend blinzelte sie in die Sonne. »Ein bisschen Bewegung an frischer Luft könnte ich sicher gebrauchen; es gefällt mir nicht, hier eingesperrt zu sein. Aber bis Joe aufwacht, muss ich hier bleiben.«
    »Und wenn er nicht aufwacht? Was dann?«
    »Er wird aufwachen«, sagte sie trotzig. »Er hat versprochen, wieder nach Hause zu kommen, und das hat er getan. Er wird aufwachen, wenn er so weit ist.«
    »Manche Patienten erwachen aber nie aus dem Koma«, sagte Aurelia warnend. »Er könnte jahrelang so liegen bleiben, bis seine Organe den Dienst verweigern und das Herz stillsteht. Du musst der Realität ins Auge sehen, Ellie. Du kannst so nicht weitermachen.«
    Ellie wand sich aus dem Sessel hoch. Sie bekam allmählich Rückenschmerzen vom vielen Herumsitzen, und sie wollte keine grausigen Details hören. »Defätistisches Gerede höre ich mir nicht an, weder von dir noch von sonst jemandem«, sagte sie unverblümt. »Die Lage ist mir nur zu gut bekannt, aber solange Hoffnung besteht, werde ich bleiben.«
    »Und was ist, wenn das Baby kommt? Willst du hier in Darwin in diesem Hotel bleiben und dich allein damit abplagen? Oder kommst du nach Hause, wo wir für dich sorgen können?«
    »Darüber reden wir, wenn es so weit ist«, antwortete sie bockig.
    Sie diskutierten noch eine halbe Stunde, und dann hatte Ellie genug. Sie hatte Jacky zu lange allein gelassen; dieses Gespräch führte zu nichts. Als sie die Fliegentür öffnete, stieß sie mit dem eiligen Dr. O’Neil zusammen. »Da sind Sie ja!« Sein runzliges Gesicht erstrahlte in einem warmen Lächeln. »Kommen Sie. Er ist wach!«
    Ellie starrte ihn

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